Pirmasens „Verkettung unglücklicher Umstände“

Das Amtsgericht Pirmasens verurteilte am Donnerstag einen 21-jährigen Auszubildenden aus Pirmasens wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 15 Euro, also zu 525 Euro.

In die Strafzumessung bezog es eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro aus einer früheren Verurteilung wegen Diebstahls mit ein. Außerdem muss der 21-Jährige die Kosten des Verfahrens tragen, die erheblich höher sind als die Geldstrafe, da das Gericht Gutachten eines Rechtsmediziners und eines Sachverständigen für Unfallrekonstruktion einholen musste. Jugendrichter Mark Edrich sah es als erwiesen an, dass der zur Tatzeit 19-jährige Angeklagte am 16. Oktober 2013 gegen 20.20 Uhr beim Abbiegen von der Volksgartenstraße nach links auf den Parkplatz der Festhalle mit seinem Pkw die Kurve schnitt. Dabei fuhr er einen 73-jährigen Fußgänger an, der infolge der massiven Gewalteinwirkung durch die Kollision wenige Stunden später im Krankenhaus verstarb. Das Gericht bemühte sich, durch eingehende Befragung des Angeklagten, dessen 13-jähriger Schwester, die mit im Auto saß, und der den Unfall aufnehmenden Polizisten aufzuklären, aus welcher Richtung der Fußgänger genau kam, in welchem Winkel er die Straße betrat und wie schnell er sich fortbewegte. Dies konnte letztendlich nicht geklärt werden. Angeklagter und Schwester gaben an, dass sie kurz vor dem Auto einen Schatten gesehen hätten. Offen blieb auch, ob der Fußgänger die Straße etwa unvorsichtig überquert hatte. Er sei jedoch für den Angeklagten erkennbar gewesen, trotz seiner dunklen Kleidung, urteilte Edrich. Dadurch habe er einen „Sorgfaltspflichtverstoß“ begangen. Wenn er ordnungsgemäß einen großen Bogen gefahren wäre, so wäre der Zusammenstoß mit dem Fußgänger vermeidbar gewesen, begründete Richter Edrich sein Urteil. Der Richter hatte vom Kraftfahrzeug-Sachverständigen Sascha Rohrmüller aus Saarbrücken umfangreiche Alternativberechnungen mit verschiedenen Kollisionspunkten und Geschwindigkeiten von Fußgänger und Auto vornehmen lassen. Der Verkehrsverstoß sei gering gewesen, aber die Folge, der Tod eines Menschen, schwerwiegend, betonte der Richter. Ohne die Vorstrafe wäre eine Verwarnung mit Strafvorbehalt angezeigt gewesen. Da aber das alte Urteil einzubeziehen gewesen sei, sei keine Verwarnung mehr möglich gewesen. Er habe kein Fahrverbot verhängt, da der Unfall bereits zwei Jahre zurückliege und zwischenzeitlich nichts mehr vorgefallen sei, erklärte Edrich. Staatsanwalt Horras betonte, es habe eine „Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände“ vorgelegen. Unerfahrener Verkehrsteilnehmer, denkbar schlechte Sichtverhältnisse und dunkle Kleidung des Fußgängers. Das Nichteinhalten der rechten Fahrbahnseite beim Abbiegen sah er als ursächlich für die Kollision und den Tod des Fußgängers an. Der Staatsanwalt forderte eine Gesamtstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro, also 1800 Euro Geldstrafe. Auch Rechtsanwalt Martin Zepp-Linse, der die Ehefrau des Fußgängers als Nebenklägerin vertrat, betonte, der Angeklagte sei kein Verkehrsrowdy und es habe sich um ein Unglück mit schrecklichen Folgen gehandelt. Er stellte die Höhe der Strafe in das Ermessen des Gerichts. Verteidiger Stephan Neuberger wies darauf hin, dass an der Unfallstelle die Mittelmarkierung fehlt und der Abbiegetrichter extrem breit sei. Er meinte, es bestehe kein Gebot, ganz rechts zu fahren. Weiter verwies er darauf, dass es dunkel war, stark regnete und der Fußgänger schwarze Kleidung trug. Auch müsse ein Fußgänger die Straße sehr vorsichtig überqueren und sich vergewissern, dass kein Auto kommt. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. Gegen das Urteil kann noch Rechtsmittel eingelegt werden. (arck)

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