Pirmasens Stichwort: Regionalkrimis im Kino

Unter dem Radar der Filmkritik erblühte in den letzten Jahren auch dank des deutschen Krimibooms ein Filmgenre, das man als Heimatkrimis bezeichnen könnte – das aber weit anarchischer und schwarzhumoriger als bisher gewohnt daherkommt. Für das Fernsehen produziert, sind einige Filme so erfolgreich, dass sie es auch auf die große Leinwand schaffen.

Seit langem wird ja besonders in Romanen in ganz Deutschland gemordet, was das Zeug hält: von den nordfriesischen Inseln bis ins Berchtesgadener Land wird jede hübsche Gegend zum Tatort. Filmisch ist die Betonung der Region nichts Neues; so verteilen sich „Tatort“-Krimis über die ganze Republik. Ein Dauerbrenner war die „Pfarrer Braun“-Serie (2003-2014). Wie einst Kaiser Barbarossa, der mit seinen Pfalzen durchs Deutsche Reich tourte, so schlug auch Hobbydetektiv Pfarrer Braun quer durchs Land in landschaftlich reizvollen Kirchengemeinden seine Zelte auf. Denn im Unterschied zu den meist angestrengt düsteren „Tatort“-Krimis à la „Tod im Häcksler“ (1991 gedreht, treibt dieses Machwerk noch heute manchem Pfälzer den Blutdruck in die Höhe), wo die Provinz als Hort brutaler Hinterwäldler erscheint, dient in Heimatkrimis die Mordermittlung als Vorwand für eine humoristisch-touristische Lokalbegehung, oft mit Werbefilmcharakter. Im SWR-Krimi „Frauchen und die Deiwelsmilch“ wird etwa Bad Dürkheim vorgestellt, und Daniela Katzenberger babbelt im Vorderpfälzer Dialekt, bis preußischen Kritikern die Ohren bluten. Gerade Heimatkrimis südlich der Mainlinie sind umso beliebter je unverständlicher die jeweilige Mundart und der daraus entstehende Witz sind. Der Trend zum Dialekt ist so stark (zurzeit läuft etwa der Ulk „Die Glotzböbbel vom Dr. Mabuse“, eine schwäbische Persiflage von „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ an), dass es Mundart-Serien, ob Krimi oder nicht, in lokal begrenztem Rahmen auch auf die große Leinwand schaffen. So hat die schwäbische Serie „Die Kirche bleibt im Dorf“ zwei Kinoableger. Die Miniserie „Laible & Frisch“ wurde mit Hilfe von Spenden 2017 in baden-württembergische Kinos gehievt. Und besonders in Bayern führte der literarische Krimiboom zur Produktion von Fernsehkrimis, deren Eigenwilligkeit ebenso von den Coen-Brüdern wie von Herbert Achternbusch inspiriert scheint. Neben den „Rosenheimcops“ und „Hubert & Staller“ stechen die Niederbayern-TV-Krimis mit der bodenständigen Ermittlerin Gisela Wegmeyer durch speziellen Witz hervor. Die kauzigen „Kluftinger“-Allgäukrimis dagegen wurden nach fünf Folgen leider eingestellt. Doch die, mit „Sauerkrautkoma“, inzwischen fünf BR-Verfilmungen der Franz-Eberhofer-Romane von Rita Falk waren von Anfang an ein Riesenerfolg und landeten auch auf der großen Leinwand. Inzwischen haben die Eberhofer-Filme, die bisher 2,5 Millionen Zuschauer fanden, fast Kultcharakter und laufen auch jenseits des Weißwurstäquators vereinzelt im Kino. Und im Drehort Frontenhausen, dem fiktiven Niederkaltenkirchen, wurde vor kurzem jener Kreisverkehr, in dem Dorfsheriff Eberhofer im uralten Audi 80 zwecks Nachdenkens seine Runden dreht, offiziell zum Franz-Eberhofer-Kreisel ernannt. In der Mitte des Kreisel wurde gar ein metallenes Denkmal von Franz Eberhofer und Kumpel Rudi Birkenberger (Sebastian Bezzel und Simon Schwarz) aufgestellt.

x