Pirmasens Mahlwerk in 25 Metern Höhe

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Weiß-rotes Absperrband auf dem Brauereigelände. Im Hof steht seit den frühen Morgenstunden der Schwerlastkran auf Stelzen. Den ganzen Tag über hebt er über hundert Einzelteile hoch in den zweiten Stock oberhalb des Sudhauses. Am Nachmittag wird unter starkem Wind schließlich das große Modul der neuen Mühle mit insgesamt sechs Walzen eingebracht. Dort, in 25 Meter Höhe, wird in den nächsten zwei Wochen alles zusammenmontiert. Insgesamt vier Tonnen wiegt die Maschine, die mit vielen technischen Raffinessen ausgestattet ist. Malz ist ein Naturprodukt, mit unterschiedlichen Getreidekorngrößen. Darauf stellt sich die Walzenmühle mit Konditionierung, wie es im Fachjargon heißt, ab sofort automatisch ein. Ein Trommelsieb mit verschiedenen Schlupfgrößen sortiert, so dass das Mahlwerk, nach der Trennung von Spelzen und Korninnerem, das Malz am Ende in stets verlässlicher Dichte zerkleinert. Das mehrstufig zerriebene Getreide fällt von dort runter in die Sudkessel, wo es gemaischt wird. Die 300.000 Euro teure Maschine wurde horizontal ins Gebäude eingebracht. Durchs Fenster passte sie nur, weil oben und seitlich des Rahmens noch mal je ein halber Meter Mauerwerk rausgenommen wurde. Die neue Mühle kann bis zu 2,5 Tonnen Malz pro Stunde schroten. Wobei sie nicht nonstop laufen wird. Der Produktionsprozess beim Bier verläuft in Chargen. Außerdem putzt die Maschine auch das Malz, via Luftstrom werden Spelzen und Fremdkörper entfernt. Mit der Schrotmühle des fränkischen Herstellers Künzel hat die Bellheimer Brauerei jetzt das Neueste, was der deutsche Maschinenbau für die Branche derzeit zu bieten hat. Pro Jahr verbraucht die Brauerei etwa 3000 Tonnen Malz. Seit 2010 hat die Park & Bellheimer Brauereien GmbH & Co. KG rund 22 Millionen Euro in die Technik der Bellheimer Brauerei investiert. Die Walzenmühle ist nun die vorläufig letzte Maßnahme innerhalb einer vollständigen Modernisierung. Für 450.000 Euro wurde zudem ein neues Prozessleitsystem installiert für die Abteilungen Schroterei, Sudhaus, Gär- und Lagerkeller und Filtration. Etwa 4000 elektronische Mess- und Steuerungspunkte, das heißt jede Menge Fühler, Sensoren, Mengenzähler und mehr verteilt in Rohren, Kesseln und Bottichen, geben dem Brauer via Computertechnologie Auskunft über Temperatur, Alkohol- oder Stammwürzgehalt, Partikeldichte und vieles mehr. „Das neue System unterstützt die Arbeit unserer fünf Braumeister, es ersetzt sie aber nicht“, stellt Brauereichef Roald Pauli klar: „Nach wie vor müssen die Brauer kontrollieren und selber auch fühlen und schmecken.“ Dass die Digitalisierung in der Braukunst den Menschen ersetze, sei schlichtweg Illusion. „Ist auch nicht unser Ziel“, so Pauli. So sollten weder durch das aktuelle Prozessleitsystem noch durch die Schrotmühle Arbeitsplätze eingespart werden. 140 Mitarbeiter sind am Bellheimer Standort beschäftigt, darunter zehn Handwerker der hauseigenen Werkstatt, die bei Ausfall von Maschinen vor Ort sofort reagieren kann, damit Produktion und Timing beim Bierbrauen nicht gestört werden. Das neue Prozessleitsystem wird zur Jahresmitte 2017 in der Südpfalz in Betrieb gehen. Letztes Jahr investierte das Unternehmen 3,3 Millionen Euro in den Bellheimer Standort. Die Brauerei hat zum Beispiel ein komplettes Druckluftsystem, mit dem unter anderem das Getreide aus dem Silo zur Schrotmühle hochgepustet wird. Hierfür wurden unlängst drei Kompressoren erneuert. Knapp 19 Millionen Euro Umsatz machte die Brauerei 2016. Das war zum Vorjahr eine Steigerung um 1,5 Prozent, obwohl die Bedingungen der schlechten Witterung und Ernte für die Getränkeindustrie schlecht waren. „Mit der Entwicklung insgesamt sind wir zufrieden“, sagt Pauli und er setzt die gegenwärtigen Investitionskosten und Umsatzzahlen ins Verhältnis: „Unterm Strich investieren wir rund 15 Prozent unseres Umsatzes. Das ist viel, aber das sieht man auch. Wir sind ein effizienter Betrieb auf Stand der Technik.“ Blitzeblank glänzt noch das Metall der neuen Schrotmühle. Dagegen sieht die Vorgängermühle, die ausgemustert unten im Hof der Brauerei neben dem Kran steht, wahrlich alt aus. Eine Miag Braunschweig, nach über 20 Jahren musste sie jetzt erneuert werden, wobei wirklich kaputt war sie gar nicht. Aber die neue Mühle optimiert und vereinfacht die Arbeit der Brauer.

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