Pirmasens Klassisch ohne Patina

Nur was für Nostalgiker? Ach, Unsinn! Wenn Hendrix, Cream & Co. im „Z1“ dem Affen Zucker geben, dann gibt’s klassische Rockmusik satt ohne jede museale Patina. Einmal im Jahr darf sich der Rockfan freuen, dass es noch Musiker gibt, die Emotion, handwerkliches Können und Hingabe an die Musik allürenfrei über die Rampe bringen können.

Stefan Kahne (Gitarre, Gesang), Armin Rühl (Schlagzeug) und Wolfy Ziegler (Bass) haben im „Z1“ mittlerweile Heimatrecht. Wenn sie dann, wie üblich, noch einen Gast – in diesem Falle den Sänger Achim Degen, der vor 20 Jahren mit „Six was Nine“ ein angesagter Show-Act war – mitbringen, dann hat man schon alles zusammen, was für ein spannungsvolles Rockkonzert nötig ist. Hendrix, Cream & Co. sind die in jeder Beziehung kompromisslose Inkarnation der klassischen Rockmusik, bei der Lautstärke nicht nur unvermeidliches Nebenprodukt, sondern sinntragender Bestandteil der Ästhetik war. Jimi Hendrix, Cream oder Led Zeppelin leise spielen zu wollen, wäre ein rockmusikalischer Kunstfehler. Und warum hat sich denn Dylan so sehr über Jimi Hendrix’ Version von „All Along The Watchtower“ gefreut? Weil der Genius aus dem eher sanften Original in cis-Moll einen durchschlagenden Kracher gemacht hat. Apropos Dylan: Hendrix, Cream & Co. haben am Donnerstag mit Wollust aus dem Repertoire des Meisters geschöpft. Man hat eine krachende Hardrock-Version von „Like A Rolling Stone“ geliefert, natürlich „Watchtower“ à la manière de Jimi Hendrix gespielt und die Byrds mit „Mister Tambourine Man“ alt aussehen lassen, obwohl und gerade weil Stefan Kahne hier auf die zwölfsaitige Elektrische wie in der Vorlage zurückgegriffen hat. Die Unterstellung dürfte zutreffen, dass diese Repertoire-Erweiterung auf das Konto von Achim Degen geht, der sich mit Verve und Wucht in die Songs gestürzt hat. Wenn die Erinnerung nicht trügt, dann waren Hendrix, Cream & Co. dieses Mal noch ein bisschen härter drauf als im März 2014. Damals hatte sich Stefan Kahne da und dort noch wie eine Katze in die Songs hineingeschlichen, am Donnerstag aber war die gesamte Band schon beim ersten Song „Crossroads“ drall im Geschehen. Kein Atemholen bei „Purple Haze“, auch nicht bei Bowies „Rebel, Rebel“, schon gar nicht bei „Sunshine of your Love“ oder „Hush“. Ein bisschen moderater erst nach der Pause mit „Waterloo Sunset“ von den Kinks, Eric Burdons flower-powrigem „San Francisco Nights“, aber dann wieder knallig mit dem ersten Hardrock-Stück der Rockgeschichte „You really got me now“, einem heftigen „Pinball Wizard“ und als Rausschmeißer wie immer „Hey Joe“. Achim Degen gibt bei seinen Gesangsparts den abgebrühten Rock-Shouter, schonungslos ohne Wenn und Aber. Stefan Kahne, das ist typisch für seinen Stil, packt immer alles in seine Gitarrensoli rein, was er auf der Pfanne hat. Bei anderen Gitarristen und in einem anderen Umfeld könnte das zu viel des Guten sein, hier gehört sich das so. Das Gespann Armin Rühl und Wolfy Ziegler ist ohnehin mit Geld nicht zu bezahlen. Ein gnadenloser Rockdrummer, der trotzdem leise kann und mehr Energie freisetzt, als ein großvolumiger V-8-Motor. Wolfy Ziegler, der so wundervoll mit Rühl harmoniert und dessen Finger nie stillstehen. Da ist immer Bewegung, ein nie endender Strom von Tönen, die aber stets klare Kontur haben. Da mulmt und matscht nichts, weil da eben drei Könner zu Werke gehen, die sich klug aus den Frequenzen der anderen heraushalten. Genau so will man das haben.

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