Pirmasens Jugendliche reden über Anne Frank

Die Geschichte des jüdischen Mädchens Anne Frank ist vieltausendfach erzählt worden. Doch die ab 11. April in der Alten Post zu sehende Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ will einen ganz anderen Ansatz der Vermittlung gehen. Nach dem Motto „Jugendliche begleiten Jugendliche“ werden Jugendliche als so genannte Peer Guides ausgebildet, die dann Gleichaltrige durch die Ausstellung führen.

Initiiert hat die Ausstellung der Bezirksverband Pfalz. Dessen Vorsitzender Theo Wieder hatte in Bonn ein Flugblatt der Wanderausstellung in die Hand bekommen und sich daraufhin bemüht, die Ausstellung in die Pfalz zu holen. Die Alte Post bot sich dafür bestens an. Dieses Ausstellungskonzept passe wunderbar nach Pirmasens, meinte auch Oberbürgermeister Bernhard Matheis. So wie Schüler vom zentralen Mahnmal für Opfer am Bahnhof ausgehen und Einzelschicksale recherchieren, rücke nun Anne Frank in den Mittelpunkt, so Matheis. Die Ausstellung selbst ist durchaus klassisch konzipiert mit großen Bildwänden, die Anne Franks Geschichte in Frankfurt, ihre Flucht und die Zeit in Amsterdam beschreiben. Von der glücklichen Kindheit bis zur schweren Zeit im Versteck. Viele private Fotos erlauben intime Einblicke in das Leben der Familie Frank. Ergänzt wird die Familiengeschichte durch den historischen Kontext mit Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Judenverfolgung und Holocaust. Neben der Perspektive der Verfolgten und ihrer Helfer soll auch die Perspektive von Mitläufern und Tätern dargestellt werden. Kernstück der Ausstellung soll ein Gedankenraum mit Audiozitaten sein, der sich der Zeit im Versteck widmen will. Der besondere pädagogische Ansatz der „Peer Education“ besteht darin, dass Jugendliche, die mindestens 15 Jahre alt sind, gleichaltrige Besucher durch die Ausstellung führen und sie auf Augenhöhe zu einer aktiven Beschäftigung mit dem Thema ermutigen sollen. „Wir arbeiten nicht rückblickend am Gedenken, es geht um Gegenwart und Zukunft“, erklärte Wieder. Es gehe darum, dass Jugendliche sich mit der Vergangenheit der NS-Zeit beschäftigen und einen persönlichen Blickwinkel entwickeln, ihre eigene Identität beleuchten und sich fragen: Was kann ich tun? Denn eines Tages gebe es keine Zeitzeugen mehr, warnte Wieder. Bereits über 20 Jugendliche aus Pirmasenser Schulen haben sich laut OB Matheis inzwischen gemeldet, um an dem Projekt als Peer Guide teilzunehmen. Zehn weitere werden noch gesucht. Ein besonderer Anreiz dürfte sein, dass die Jugendlichen vom Anne-Frank-Zentrum nach Berlin eingeladen werden, um sie in einem viertägigen Seminar zu Anne-Frank-Botschaftern auszubilden. Darüber hinaus lädt der Bezirkstag Schüler, die zu Peer Guides ausgebildet wurden, für vier Tage nach Amsterdam ein. Dort können sie auf den Spuren von Anne Frank wandeln, um ihre Projekt voranzutreiben. Denn das ist das Ziel: dass nach der Ausstellung die Recherchearbeit weitergeht. Die Wanderausstellung tourt seit 2012 durch Deutschland. Obwohl die Ausstellung immer dieselbe ist, seien die Ergebnisse in jeder Stadt ganz unterschiedlich, erzählte Alexandra Riha vom Anne-Frank-Zentrum in Berlin. Dies sei dem pädagogischen Konzept der Peer Education zu verdanken, bei dem Jugendliche individuell über Menschen und Verhältnisse recherchieren, die ihre Umgebung und Heimat prägen. Aber natürlich stehe die Lebensgeschichte Anne Franks im Mittelpunkt der Wanderausstellung. Info Die Vernissage findet am 8. April, 11 Uhr, statt. Neben Theo Wieder und Bernhard Matheis wird Patrick Siegele, Direktor des Berliner Anne-Frank-Zentrums, in die Ausstellung einführen.

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