Pirmasens Immanuel-Kant-Gymnasium bietet neben Latein auch Englisch als erste Fremdsprache

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„Wir lassen sie nur ungern aus dem Kreis der sieben altsprachlichen Gymnasien im Land ziehen“, sagt Georg Ehrmann, Vorsitzender des Altphilologenverbandes in Rheinland-Pfalz. Er hat aber auch Verständnis dafür, dass das Immanuel-Kant-Gymnasium neue Wege gehen will.

Überrascht ist Georg Ehrmann, der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Altphilologenverbandes, nicht von der Entwicklung am Immanuel-Kant-Gymnasium. Die Schule will, wie mehrfach berichtet, künftig neben Latein auch Englisch als erste Fremdsprache anbieten. Ehrmann hat neun Jahre lang an dem kleinsten Gymnasium der Stadt alte Sprachen unterrichtet, vor einem Jahr wechselte er ans Albert-Schweitzer-Gymnasium in Kaiserslautern, wo es neben dem altsprachlichen Zweig auch einen neusprachlichen gibt. „Wir haben vier Eingangsklassen in Kaiserslautern, aber mehr als eine Lateinklasse bekommen wir seit vier Jahren nicht mehr zustande.“ Zuletzt hatten sich in der Großstadt mit sechs Gymnasien 24 Fünftklässler für Latein angemeldet. „Latein ist leider auf dem Rückzug.“ Viele Eltern befürchteten eine Überforderung ihrer Kinder, wenn sie drei Fremdsprachen wählen müssen, sie gehen lieber den einfachen Weg. Das sei schade, weil Latein für ihn eine wichtige „Steigbügelfunktion“ hat. „Wer Latein als erste Fremdsprache wählt, erlernt andere europäische Sprachen leichter, das ganze Leben lang.“ Ein Argument für Latein ist für ihn auch das: „Man sollte nicht alles nach dem Nutzen beurteilen, sondern Kindern die Chance geben, ganz zweckfrei die Welt der Antike zu betreten.“ Latein verlange gedankliche Disziplin, sei komplex und anspruchsvoll. Der Vorsitzende des Landes-Fachverbandes für Latein und Griechisch an Schulen befürchtet, dass das Kant-Gymnasium ein Alleinstellungsmerkmal verliert, wenn Latein als erste Fremdsprache nicht mehr Pflicht ist. An Schulen, die diesen Weg gegangen seien, wie beispielsweise das Eduard-Spranger-Gymnasium in Landau, sei das Fach unter Druck geraten. „In Landau gibt es den altsprachlichen Zweig praktisch nicht mehr.“ Ehrmann betont, es sei all die Jahre super gewesen, was am Kant in den alten Sprachen geleistet wurde. Er erinnerte an Römerfeste, ein sehr innovatives und engagiertes Kollegium. Andererseits müsse man den Entscheidern an der Schule aber zutrauen, die Situation richtig einzuschätzen. „Maria Zinßius leitet ihre Schule mit viel Herzblut. Sie kennt die Stadt, die Belange der Eltern. Wenn sie das Gefühl hat, sie muss das Steuer rumreißen, weil immer weniger mit Latein starten wollen, kann ich das nachvollziehen“, sagt er. Im Kreis der altsprachlichen Gymnasien gebe es keinen Koalitionszwang, so Ehrmann. „Die Entwicklung ist sehr traurig.“ Er wünsche der Schule dennoch, dass sie den Richtungswechsel schaffe. Die im Hauptausschuss und auch von dem früheren Beigeordneten Peter Schiel angeführte Idee, Französisch bilingual statt Englisch in Klasse fünf neben Latein anzubieten, funktioniere nicht, sagt Ehrmann. Die Stundentafel für Gymnasien mit altsprachlichem Zweig (davon gibt es noch zwölf im Land), sehe nur Englisch als erste Fremdsprache neben Latein vor. Maria Zinßius, Schulleiterin des Kant-Gymnasiums, sagte auf Nachfrage, sie habe die Französisch-Alternative nicht in Erwägung gezogen, weil auch das Interesse an Französisch zurückgegangen sei. Nach der Sitzung des Hauptausschusses, in der das Gros der Fraktionen die Pläne des Kant-Gymnasiums kritisch sah, sagte Zinßius: „Wir wünschen uns, dass die für uns seit einigen Jahren deutlich spürbaren Veränderungen in der Schullandschaft um uns herum auch von anderen wahrgenommen werden.“ Hier sei insbesondere die seit dem Jahr 2010 neu geschaffene Möglichkeit zu nennen, das Latinum an allen Gymnasien am Ende der Jahrgangsstufe zehn zu erwerben, „und dies im Gegensatz zu unserer Schule, ohne eine verpflichtende dritte Fremdsprache“. Zinßius appelliert an die Politik: „Wir wünschen uns, dass man dem Urteil unserer Schulgemeinschaft vertraut, dass es nun notwendig ist, auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren.“

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