Pirmasens Eine komplett andere Liga

Tom Baumann (von links), Claudio Tolfo, Lukas Hobi, Viktor Szlovak und Matthias Arn überraschen das Publikum in der Festhalle mi
Tom Baumann (von links), Claudio Tolfo, Lukas Hobi, Viktor Szlovak und Matthias Arn überraschen das Publikum in der Festhalle mit einem Song für Pirmasens, in dem sie die Fußgängerzone schlichtweg phänomenal finden.

Sie nennen sich Bliss und verbreiten gute Laune ohne Ende. Ihr Trumpf ist, dass alle fünf begnadete Sänger sind, die obendrein wunderbar unterhalten können. Am Mittwoch stehen die Stimmkünstler aus der Schweiz zum zweiten Mal auf der Bühne der Pirmasenser Festhalle, die nahezu ausverkauft ist. Dieses Mal mit ihrem aktuellen Programm „Mannschaft“, einer Mischung aus Stimmkunst, Tanz und Comedy. Die Mund-zu-Mund-Propaganda hat hier prächtig funktioniert, denn der Ruhm ist ihnen vorausgeeilt. Eingelöst haben sie ihn allemal.

Fußball gefällt der „Mannschaft“ offenbar sehr gut, doch sprechen sie auch über Gott und die Welt, über universelle Themen, die alle fesseln: über die verletzliche Seele des Mannes, über Frauen und Väter, ihre Stärken und Schwächen. Dabei kommt der Stripversuch zu Joe Cockers „Leave Your Head on“ von Lukas Hobi, der sich mit gekonntem Griff dank Klettband am Outfit den Oberkörper entblößt, genauso gut an wie der leise, tiefsinnige Song von Tom Baumann über seinen alten Herrn, der mit der Hommage zugibt, dass er letztendlich genauso ein Vater sein will wie er. Die fünf Schweizer machen sich Hits und Evergreens zu Eigen, indem sie eigene Texte für sie finden. Elton Johns „I am still standing“ wird zum Nix-Verstehen-Song, der erzählt, dass Englisch sprechen können vor den falschen Frauen schützt, „Purple Rain“ von Prince wird zum finalen Song, mit dem sie sich bei ihrem Publikum bedanken. Einer ihrer größten Pluspunkte ist ihr „Song für Pirmasens“, in dem sie das pittoreske Städtchen am Horeb samt Brauhaus und der phänomenalen Fußgängerzone besingen, das mit ihren Plakaten tapeziert noch viel schöner sei. Mit diesem Überraschungsmoment ziehen sie das ohnehin begeisterte Publikum noch fester in ihren Bann und der wird nicht mehr gebrochen. Im Saal wird immer wieder enthusiastisch geklatscht und freudig gejohlt. Denn die Bliss-Show ist rundum intensiv und gefüllt mit guter Unterhaltung. Die Choreographien sind ein Augenschmaus und machen das Konzert quasi zu einer Tanz-Show des Ensembles. Die attraktiven Stimmkünstler plaudern aber auch gern aus dem Nähkästchen und etablieren eine ganz individuelle „Sendung mit der Maus“, mit der sie der Frage nach dem Mann an sich erörtern, der eine Sehschwäche zu haben scheint. Warum sonst sollte ihm die neue Frisur der Frau ebenso entgehen wie die vollen Mülleimer in der Küche. Alles verstehen tut man nicht, aber reizend ist es trotzdem, das Schweizerdeutsch. Das verstummt übrigens nur einmal. Als die fünf beweisen wollen, dass Männer durchaus über ihre Gefühle reden können und wollen. Aus der Szene wird eine wunderbare Pantomime, die das Publikum köstlich amüsiert. Bliss, das sind Countertenor Claudio Tolfo, Tenor Lukas Hobi, Baritone Matthias Arn und Tom Baumann und Bass Viktor Szlovak, die elegant mit weißem Hemd, Krawatte oder Fliege und Anzugwesten auf der Bühne stehen. Mit Steffen aus der ersten Reihe beginnen sie eine wunderbare Freundschaft und beziehen ihn immer wieder ein in ihr Spiel. Seiner Frau schlagen sie dennoch vor, dass sie ihn gegen das Model „Matthias“ eintauscht, denn der sei in keiner Weise 0815 und zertifiziert noch obendrein. Zum Ende ihres Auftritts möchte Bliss die Frauen ganz explizit im Mittelpunkt haben, weil, wie die fünf finden, nur das weibliche Geschlecht die Männer zu dem macht, was sie letztendlich sind. Das Publikum schüttelt sich vor Lachen, als die fünf abwechselnd in die Haut von verschiedenen Sängerinnen schlüpfen, sich vermeintlich feminin bewegen und dementsprechend Grimassen schneiden. Sie singen Cyndi Laupers „Girls Just Wanna Have Fun“, Madonnas „Material Girl“ und auch Marylin Monroes „I Wanna Be Loved By You“ darf nicht fehlen. Das Finale gipfelt in einem ausgelassenen Cancan. Traten die fünf Gentlemen von Bliss bei ihrem Debüt der Pirmasenser A-cappella-Nacht quasi auf der nackten Bühne auf, haben sie sich diesmal ausgestattet: mit wenigen, aber effektvollen Requisiten und einer Lichtshow, die oft mit der Akustik gekoppelt ist. An der Bühnenwand stehen Bierdosen in Regalen, die per Licht mal zum Barinterieur, mal zu Fenstern werden und dann wiederum wirken wie überdimensionale Barcodes. Einmal signalisiert die Beleuchtung eine Baustellenabsperrung, denn Mann sein ist offenbar auch immer „Work in Progress“. Und die Holzkisten auf der Bühne dienen nicht nur zum Sitzen, sondern auch als Instrumente, auf den getrommelt wird. Ja, die Bliss-Männer haben Spaß und den verbreiten sie beim Publikum. Dass sie gut ankommen, wissen sie genau.

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