Pirmasens Das Werk: Mendelssohns „Paulus“

Es ist erneut das Verdienst des katholischen Diplom-Theologen Stefan Schwarzmüller und des protestantischen Pfarrers Horst Heller, beide Sänger im Oratorienchor, das Publikum mit einer fundierten wie durchaus kontroversen Werkseinführung auf die Aufführung des „Paulus“ am kommenden Sonntag in der Pirmasenser Festhalle vorbereitet zu haben. Wie schon bei der analogen Veranstaltung zur „Johannespassion“ von Bach im letzten Jahr zeichnet es Schwarzmüller und Heller gleichermaßen aus, dass sie weder die musikalischen noch die theologischen Untiefen der Werke scheuen. Die Fakten, wie sie von Heller und Schwarzmüller vorab notiert worden sind: „Gerade mal 23 Jahre alt war Mendelssohn-Bartholdy, als er 1832 den ,Paulus’ unter dem Eindruck der von ihm selbst geleiteten Wiederaufführung der ,Matthäuspassion’ von Bach begann. Gleich nach der Uraufführung 1836 in Düsseldorf, wo Mendelssohn Generalmusikdirektor war, entwickelte sich das Werk zu einem regelrechten musikalischen Bestseller, feierte Erfolge nicht nur in Deutschland, sondern auch in Großbritannien, Polen, Russland und den USA und wurde in den ersten Monaten mehr als 50 Mal aufgeführt. Es war zu Mendelssohns Zeiten wohl sein beliebtestes Werk. Robert Schumann bezeichnete es als ,Juwel der Gegenwart’, nicht zuletzt wegen seiner wunderschönen, ausdrucksstarken Chöre. Das Oratorium schildert die Wandlung des Saulus zu Paulus und im zweiten Teil dessen Missionstätigkeit bei Juden und Heiden.“ Keine Frage, dass Mendelssohn den Paulus auch unter dem Eindruck seiner eigenen protestantischen Taufe geschrieben hat. Als Kind einer angesehenen jüdischen Familie wurde er stets christlich erzogen. Felix Mendelssohns Vater hieß Abraham – eben genauso wie der Stammvater Israels, auf den sich Juden, Muslime und Christen gleichermaßen berufen. Es ist mehr als ein Nachgedanke wert, ob vielleicht gerade in der mythischen Gestalt des Abraham angelegt ist, warum der Katholik Schwarzmüller das „Paulus“-Oratorium als Predigt, gar als Gottesdienst versteht und Heller zum gegenteiligen Schluss kommt: „eine Predigt, in der Jesus nicht vorkommt, ist keine Predigt“ und deshalb den „Paulus“ schlicht als „vollkommenes Musikstück“ verstehen möchte. Über die Vollkommenheit der Musik von Mendelssohn gab es dagegen keinerlei Dissens. Tatsächlich bezieht sich der Oratorientext hauptsächlich auf den einen Gott, Jesus spielt beinahe eine Nebenrolle. Abraham muss man sich als jemand vorstellen, der von der Größe und Schönheit der Schöpfung überwältigt war, so dass er darin das Werk nur eines einzigen Gottes sah. Mendelssohn scheint es wie Abraham ergangen zu sein: Es gibt nur einen Gott - und allein den besingt er in „Paulus“.

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