Pirmasens Meisterwerke meisterlich gespielt

Julian Steckel (re.) und seine Freunde Tobias Feldmann und Lise Berthaud am Sonntag in der Festhalle.
Julian Steckel (re.) und seine Freunde Tobias Feldmann und Lise Berthaud am Sonntag in der Festhalle.

Wenn ein hochkarätiger Musiker wie Julian Steckel Freunde zum Musizieren einlädt, weiß das Pirmasenser Publikum aus Erfahrung, dass es junge Musiker erleben wird, die sich gerade auf dem Weg zu einer großen Karriere befinden. Die Erwartungen wurden auch beim Konzert zum Abschluss der Spielzeit der Mozartgesellschaft am Sonntag in der Pirmasenser Festhalle nicht enttäuscht.

Mit der Bratschistin Lise Berthaud und dem Violinisten Tobias Feldmann hatte Julian Steckel zwei kongeniale Streichtrio-Partner, die wie er selbst, ein Konzert auf Weltklasseniveau gaben, das am nächsten Tag im ehrwürdigen Baden-Badener Festspielhaus zu hören war. Zwei sehr unterschiedliche Streichtrios gab es im ersten Teil des Programms zu hören. Zunächst erklang das Streichtrio c-Moll op.9, Nr. 3, ein Frühwerk Ludwig van Beethovens, das er im Jahr 1798 komponierte. Und sofort war klar: Die Kämpfe um Sauberkeit und Genauigkeit im Zusammenspiel, die in Kammermusik-Ensembles sonst ausgefochten werden, waren hier kein Thema. Meilenweit standen die Künstler über solchen Problemen. Gerade im Unisono zeigte sich, wie sich Tonhöhe und Vibrato einander anpassen und verschmelzen können, wenn Musiker aufgrund ihres technischen Könnens in den Proben in der Lage sind, sofort an Details zu arbeiten, zu denen andere nie vorstoßen werden. Im leichtfüßigen ersten Satz, dem „Allegro con spirituoso“, hatten die drei Streichinstrumente flotte Läufe zu imitieren und keiner stand dem anderen an Tempo, Schönklang und Reinheit nach. Das Adagio zeigte über rhythmischen Akzenten schöne Kantilenen. Die Dynamik war genau ausgearbeitet und zu keiner Zeit indifferent. Plötzlichen Forte-Stellen folgte zartestes piano. Das machte diesen Satz, genau wie das brillante „Allegro molto vivace“ und das abschließende Rondo, aufregend und lebendig. Ein Meisterwerk ganz anderer Art war das Streichtrio, das Jean Francaix noch während seiner Studienzeit im Jahr 1933 komponierte. Getrieben von straffen, rhythmischen Figuren entfalteten sich hier Melodie-Phrasen von schlichter Schönheit. Anmut und Witz versprühte das neoklassizistische Werk, das vor allem im ersten Satz stellenweise an Strawinsky erinnert. Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen lehnte es Francaix ab, den Hörer durch das konsequente Verlassen des tonalen Dur-Moll-Systems zu verschrecken. Chromatische Linien und Dissonanzen würzen seine Musik. Das Andante war von schwermütiger Schönheit und Klarheit. Im Rondo führte der Geiger deutlich. Feldmann war aber dabei immer Teil des Ensembles, stach nie heraus oder übertönte die anderen Instrumente. Der erst 25-jährige Virtuose machte 2012 Furore, als er mit Anfang 20 den Deutschen Musikpreis gewann. Seitdem ging seine Karriere steil bergauf und er musizierte bereits mit vielen bedeutenden Orchestern und Dirigenten. Ähnlich war es bei dem Pirmasenser Cellisten Julian Steckel, nachdem er den internationalen ARD Wettbewerb gewonnen hatte. Heute gastiert es als Solist und Kammermusiker weltweit und bekleidet eine Professur an der Hochschule für Musik und Theater in München. Nach der Pause stand ein besonderes Werk auf dem Programm, das berühmte Divertimento Es-Dur KV 563 von Wolfgang Amadeus Mozart. Ein Divertimento war ursprünglich ein heiteres und unterhaltsames Instrumentalwerk, das gerne auch als Tafelmusik eingesetzt wurde. Das sechssätzige Divertimento KV 563 ist Mozart längstes kammermusikalisches Werk. Die ersten beiden Sätze sind in der Sonatenform komponiert, wobei das Allegro sogar drei Themen aufweist. Es folgen ein Menuett, ein Variationssatz, dem ein volksliedhaftes Thema zugrunde liegt, und ein Rondo. Ebenso wie die Lautstärke reizten die drei Künstler in diesem Werk, wie übrigens bei allen Stücken des Abends, die Tempi aus, so dass es auch hier spannende Kontraste gab. In Mozarts Divertimento findet man die anspruchsvollsten Cello- und Viola-Stimmen der gesamten Kammermusik. Hier brillierte die Französin Lise Berthaud mit ihrem virtuos- schnellen und doch weichen Spiel. Dass Berthauds Herz trotz ihrer rasanten solistischen Karriere für die Kammermusik schlägt war an diesem Abend deutlich zu spüren und zu hören.

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