Neustadt Verbrannte Früchte

«Deidesheim.»Vertrocknete Trauben, Lese im Dezember: Auch in früheren Jahrhunderten haben außergewöhnliche Hitzeperioden die Erntezeiten, besonders im Weinbau, beeinflusst. Der Deidesheimer Weingutsbesitzer, Wissenschaftler und Weinhistoriker Friedrich von Bassermann-Jordan (1872 bis 1959) hat Aufzeichnungen in seiner 1907 erschienenen, dreiteiligen „Geschichte des Weinbaus“ festgehalten.

Dabei hat der Verfasser mit großer Sorgfalt Geschehnisse der Jahre nach Christi Geburt bis 1907 recherchiert und ausgewertet, besonders jedoch die Jahre während seiner Gutsherrenzeit. Sein Interesse galt dabei der gesamten „Weinpfalz“, hauptsächlich den Orten seiner Besitztümer in Deidesheim, Ruppertsberg, Forst und Umgebung. So herrschte 879 eine solch große Hitze, dass bei Worms Feldarbeiter starben, 903 die meisten Früchte verbrannten, 1001 und 1132 viele Flüsse – darunter auch der Rhein – vertrockneten. Die daraufhin verwesten Fische lösten Krankheiten aus. Das Jahr 1186 war so warm, dass bereits im Januar Obstbäume blühten und Anfang August Weinlese war. Zehn Jahre später überfielen Unmengen von Heuschrecken die Weinberge der Vorderpfalz, fraßen alles ab. Es gab so gut wie keinen Wein, es herrschte Hungersnot. Der heiße Sommer 1484 ließ einen köstlichen, reichhaltigen Wein reifen. Manche Winzer ließen die Trauben hängen oder machten Mörtel damit, so heißt es in den Aufzeichnungen. Das Jahr 1540 war ein fruchtbares, aber heißes Jahr. Die Winzer ließen viele der vertrockneten Trauben hängen. Wegen des späteren Regens quollen sie wieder auf. Nun herbsteten die Winzer zum zweiten Mal, und dieser zweite Wein war noch besser als der erste. Auch gab es im Oktober zum zweiten Mal Kirschen. Für das Jahr 1631 ist festgehalten, dass wegen des Dreißigjährigen Krieges im Umland um Deidesheim die Weinlese gestört war. Dank der guten Witterung wurde sie im Dezember nachgeholt. Periodisch wurden ab 1700 immer wieder Hitzewochen registriert. 1718 litt die Region unter fürchterlicher Hitze, neun Monate lang unter trockenem Wetter. Alles verbrannte. 1746 fiel im Sommer zehn Wochen lang kein Regen. Dies machte den Saft der Trauben so dick, dass der Most wie Öl von der Kelter lief. Nach einem kalten Winter mit viel Schnee im Jahr 1763 folgte ein lauer Frühling, dann ein überaus heißer Sommer. Im Juni während der größten Hitze mit einem dichten Höhenrauch – die Sonne schien sechs Wochen lang blutrot – konnte man nicht mehr weit sehen. Die Leute glaubten an das Ende der Welt und stellten die Arbeit ein. Dann zog am 8. August ein fürchterlicher Sturm mit Hagelwetter auf, drückte die Wingertsstöcke zusammen und riss Nussbäume auseinander. Das Jahr 1859 zählte zu den ereignisreichen Sommerjahren. Der Rhein hatte einen derart niedrigen Wasserstand, dass bei Germersheim ein Mann mit einer bayerischen Fahne bis an die Brust im Wasser den Rhein durchwatete.

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