Neustadt Suppe nicht alleine auslöffeln

Vor über 20 Jahren sind in Neustadt in einem kalten Winter zwei obdachlose Menschen in Gartenhäuschen erfroren. Außerdem wurde die Bahnhofsmission geschlossen. Diese Ereignisse haben dazu geführt, dass im November 1996 die Tagesbegegnungsstätte Lichtblick eröffnete.

Gefeiert wird der 20. Geburtstag nicht. „Aber wir wollen uns mit Veranstaltungen bei Menschen bedanken, die uns unterstützen“, sagt Hans Eber-Huber, der seit 1999 den Lichtblick leitet. Es waren Männer und Frauen aus dem kirchlichen Umfeld, die sich damals für Obdachlose und Durchwanderer engagierten. Dazu gehörten Hermann Görl, Pfarrer der St.-Josephs-Kirchengemeinde, Herwig Rettig, Pfarrer in der Martin-Luther-Kirchengemeinde, und Ernst Ohmer, Sprecher des 1999 gegründeten Förderbeirats. 1995 startete eine Suppenküche, täglich wurde eine dicke Suppe im Altenheim St. Ulrich gekocht, der Club Behinderter und ihrer Freunde übernahm ehrenamtlich Fahrdienste. Doch mussten die Initiatoren die Suppe meistens allein auslöffeln. „Wir haben dann einen Raum gesucht“, berichtet Ernst Ohmer. Er und zwei Freunde entschlossen sich, ein Haus in der Amalienstraße zu kaufen. Die ehemaligen Stallungen des Gebäudes wurden in Eigenleistung zur Tagesbegegnungsstätte umgebaut. Träger der Einrichtung war der Caritas. Caritas, Diakonisches Werk, das Land, die Stadt und später auch der Landkreis Bad Dürkheim beteiligten sich an der Finanzierung, doch ein großer Teil der Ausgaben wurde durch Spenden finanziert. „Das Sozialamt der Stadt hatte sich lange gegen die Einrichtung des Lichtblicks gesträubt, und die Stadt wollte sich auch nicht an den Kosten beteiligen, da man so eine Einrichtung als nicht notwendig ansah“, erinnert sich Ohmer. Schwester Pat Casey war es, die den Lichtblick in der Anfangszeit prägte. Die Nonne des Ordens der Franziskanerinnen St. Paul im amerikanischen Minnesota war durch ein Austauschprogramm ihres Ordens nach Europa gekommen und gehörte dem Herz-Jesu-Kloster an. Mit großem Engagement stürzte sie sich in den Aufbau des Lichtblicks, hatte vor allem für „Berber“, wie sich Durchwanderer nennen, aber auch für „Stadtratten“, die Obdachlosen, ein großes Herz. Mit der Zeit gab es jedoch Probleme. Die Caritas zog sich aus der Trägerschaft zurück, Beschwerden von Nachbarn häuften sich, Schwester Pat beendete ihre Arbeit. Der damaligen Dekanin Heide Müller war der Lichtblick eine Herzensangelegenheit, und so übernahm das protestantische Dekanat ab Januar 1999 die Trägerschaft. Es war klar, dass die Arbeit professionalisiert werden sollte. Hans Manger leitete das Haus kommissarisch. Mit Hilfe von Fördermaßnahmen des Arbeitsamtes wurden ab März 1999 zwei Stellen eingerichtet. Sigrid Wehr, die inzwischen in Rente ist, und der Sozialarbeiter Hans Eber-Huber wurde als Leiter eingestellt. „Nach drei Wochen wollte ich wieder aufhören“, erinnert sich Eber-Huber. Er machte weiter, führte feste Angebote, wie Spielekreis oder Fußballclub ein, die den Tag strukturierten, es wurden Regeln und Sanktionen erlassen. So durfte in den Räumen nicht geraucht und kein Alkohol getrunken und nicht auf dem Gelände übernachtet werden. „Am Anfang war es schwierig, das durchzusetzen“, erinnert sich Eber-Huber. Die Stelle von Eber-Huber wurde aus dem damaligen Fördertopf für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) weitgehend vom Arbeitsamt finanziert. Die Finanzierung war auf zwei Jahre befristet und wurde nur dann um ein weiteres Jahr verlängert, wenn anschließend eine feste Stelle eingerichtet wurde. Das Dekanat hatte kein Geld, um diese Stelle zu finanzieren. Deshalb sah es im Jahr 2000 für den Lichtblick düster aus. Die Stadt wurde um Unterstützung gebeten. Nach heftigen Diskussionen in der Kommunalpolitik und nachdem der damalige Oberbürgermeister Jürgen Weiler (SPD) eingriff, erklärte sich die Stadt schließlich bereit, die Stelle des Leiters des Lichtblicks im Stellenplan aufzunehmen. Das protestantische Dekanat blieb Träger. Als 2002 die Zukunft des Lichtblicks gesichert war, konnte Hans Eber-Huber längerfristige Projekte angehen. Das waren Wohnungen für Menschen, die bisher auf der Straße gelebt hatten. Bald stellte sich heraus, dass diese Menschen für einen Übergangszeitraum eine Betreuung brauchten. Das größte Projekt ist das Arbeits- und Beschäftigungsprojekt Solipakt. Insgesamt beschäftigt der Lichtblick inzwischen etwa 30 Personen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben. Bezahlt werden sie als Ein-Euro-Jobber, Midi- oder Mini-Jobber, oder sie bekommen eine Ehrenamtspauschale. Geändert hat sich im Lauf der Jahre die Besucherstruktur des Lichtblicks. Durchwanderer seien nur noch selten dabei, so Eber-Huber. Die meisten Besucher seien Menschen aus Neustadt und Umgebung, entweder obdachlos oder in sehr einfachen Verhältnissen lebend. Auch Menschen aus Südosteuropa, die hier arbeiten oder auf Arbeitssuche sind, kämen zum Essen oder Duschen. (ann)

x