Deidesheim Kommunalwahl: Bleibt’s bei dem Namen Dörr an der Stadtspitze?

Dieter Dörr
Dieter Dörr

Vor der Wahl: In Deidesheim steht ein Wechsel an der Stadtspitze bevor. Manfred Dörr, der seit 2004 das Amt inne hatte, tritt aus Altersgründen nicht mehr an. Um seine Nachfolge konkurrieren Dieter Dörr (CDU) und Hans-Joachim Schulze (SPD).

Deidesheimer, die heute 20 Jahre alt sind, kennen es nicht anders: Der Bürgermeister ihrer Stadt heißt Manfred Dörr, seit sie auf der Welt sind. Nun tritt Dörr aus Altersgründen nicht mehr an. Wenn es nach den Vorstellungen der CDU geht, die in Deidesheim traditionell die Mehrheit hat, wird der Bürgermeister jedoch weiter Dörr heißen. Dieter Dörr.

Dörr: Parksituation Thema Nr. 1

Dieter Dörr, Cousin des bisherigen Bürgermeisters, ist schon lange in der Kommunalpolitik (seit 2009) und seit Anfang Mai auch Bürgermeister der Verbandsgemeinde Deidesheim. Am 5. November vergangenen Jahres wurde als einziger Kandidat zum Nachfolger Peter Lubenaus gewählt. Wenn er am 9. Juni als Stadtbürgermeister gewählt wird, wird es in Deidesheim eine Personalunion von Verbands- und Stadtbürgermeister geben – wie zu Zeiten des langjährigen, 2019 verstorbenen Bürgermeisters Stefan Gillich, der wie die beiden Dörrs der CDU angehörte.

Dörr sieht in dieser Doppelfunktion viele Vorteile. „Es entstehen Synergieeffekte, weil ich ja in den Themen ohnehin drin bin.“ Allerdings wolle er die Verwaltung dann anders organisieren und die Arbeit in der Stadt auf mehrere Schultern verteilen. Dies könne mit zwei Beigeordneten, die jeweils einen Geschäftsbereich verantworten, erreicht werden.

Manfred Dörr habe die Messlatte für das Bürgermeisteramt hoch gelegt, sagt Dieter Dörr. Doch er habe stets ein sehr gutes Verhältnis zu ihm gehabt und sei durch seine Tätigkeit als Beigeordneter gut vorbereitet auf die Aufgabe. „Ich trau’s mir zu.“ In vielen Punkten sei er seinem älteren Cousin auch durchaus ähnlich, erklärt Dörr, der sich selbst als organisiert und zuverlässig bezeichnet. Allerdings habe er andere Steckenpferde. An erster Stelle nennt er hier die Digitalisierung der Verwaltung. In diesem Punkt sieht er Nachholbedarf.

Als Stadtbürgermeister will er sich als Erstes um die Parksituation kümmern. Ein Verkehrskonzept liege bereits seit 2021 vor, doch in die Verkehrsleitplanung müssten die Nachbargemeinden eingebunden werden, und dort fehle ein solches Konzept noch. Aus finanziellen Gründen habe die Verbandsgemeinde beschlossen, die Konzepte in Eigenregie zu erstellen, und das dauere eben länger.

Als weitere Schwerpunkt nennt der 58-Jährige das geplante Baugebiet D8 sowie den Erhalt der Feste und des Schwimmbads. Zum Thema Tourismus sagt er: „Unser Ziel ist nicht der Aufbau von Bettenkapazitäten, aber der Erhalt und eine bessere Auslastung.“ Dass das Steigenberger-Hotel weiterbetrieben werden soll, begrüße er. Die Kontakte zu dem Unternehmen würden gepflegt. Er werde sich dafür einsetzen, dass der Tourismus weiter auf Nachhaltigkeit und Zertifizierung setze. „Dazu brauchen wir die Pfalz. Mit der Pfalzcard können mehr als hundert Attraktionen besucht und der ÖPNV kostenlos genutzt werden. Das trägt dazu bei, dass die Gäste sich einen längeren Aufenthalt vorstellen können.“

Schulze: Gesamtkonzept statt Stückwerk

Bei der Verbandsbürgermeisterwahl hat Dörr es bedauert, dass er der einzige Kandidat war. Das ist nun anders. Herausforderer Dörrs bei der Stadtbürgermeisterwahl ist Hans-Joachim Schulze (SPD). Schulze ist überzeugt: „Bei Wahlen ist es wichtig, dass es zumindest eine Alternative gibt.“ Gegen Manfred Dörr anzutreten, habe sich nie jemand getraut, erzählt er. Er schon, sogar zweimal, 2014 und 2019. Dabei habe er „gar kein schlechtes Ergebnis“ erzielt (2019: 31,9 Prozent). Sein Vorteil sei, dass er Kontakte zu allen Fraktionen habe und auch gut integrieren könne. Das habe er als Gewerkschafter gelernt. Schulze hatte als Student (Jura) in einer Druckerei gejobbt und dort dann eine Ausbildung als Hochset- und Tiefdrucker absolviert. Doch schnell wurde er Betriebsrat und dann hauptamtlicher Gewerkschafter. Er hat die ersten Lebensjahre in Deidesheim verbracht, zog dann nach Frankenthal, behielt aber immer eine starke Bindung nach Deidesheim. Denn dort lebte seine Großmutter, die alleinstehend war und ein Fischgeschäft betrieb. „Sie hat mich sehr geprägt“, sagt Schulze. Er selbst wohnt seit 2008 in Deidesheim. Er habe damals dem SPDler Jürgen Schade, den er vom Rundfunkrat her kannte, versprochen, ihn zu unterstützen, wenn er nach Deidesheim ziehe. Und so kam Schulze 2010 als Nachrücker in den Stadtrat. Derzeit ist er außerdem Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Verbandsgemeinderat.

Als wichtige Themen nennt er die Stadtentwicklung, den Ausbau der Infrastruktur, neue Ansätze in der Mobilität und beim Verkehr. All das müsse in ein Gesamtkonzept einfließen. „Bisher haben wir nur Stückwerk“, kritisiert er. Beim Tourismus sei die Lenkung der Ströme wichtig. Die Anzahl der Gäste sei aber nicht zu hoch. Vom Bahnhof als einem zentralen Punkt aus könne man Shuttle-Verkehr starten lassen, so Schulze. Den 30-Minuten-Takt der Bahn würde er gerne auf 20 Minuten verkürzen. Außerdem wünscht er sich Fahrradboxen. „Andere Städte sind da weiter.“

Was die weiteren Spitzenkandidaten zum Tourismus sagen

Neben CDU und SPD treten für den Stadtrat, der 20 Sitze hat, die Grünen, die FDP und die FWG an. Frage an deren Spitzenkandidaten: Wie soll der Tourismus in Deidesheim sich weiter entwickeln?

Thomas Schmitt, Grüne: Die touristische Zukunft von Deidesheim braucht eine nachhaltige, an ökologischen Aspekten ausgerichtete Strategie. Große Hotelanlagen oder Parkhäuser sehen wir kritisch. Das Gleiche gilt auch für die Umwandlung von dringend benötigtem Wohnraum in Ferienwohnungen. Was nützt das schönste Ortsbild, wenn die Weinstraße mit Autos zugeparkt ist? Warum nennen wir uns Cittàslow, wenn innerorts sich eine Gaststätte an die nächste reiht und für den täglichen Bedarf der Einwohner grad mal noch eine Bäckerei anzutreffen ist? Wäre nicht ein Ortsbild mit Reben, Feigen und bunten Pflanzen, und vor allem mit funktionierenden Brunnen das touristische Leitbild? Entsiegelung ist das Wort für die zukünftige Stadtentwicklung. Weniger Autos und Parkmöglichkeiten, die in erster Linie den Anliegern und Anliegerinnen vorbehalten bleiben sollen, Anreize zur Anreise mit der Bahn. Wichtig wäre auch eine Fahrradspur auf der Hauptstraße. Das ist die touristische Mobilität der Zukunft: Car-Sharing und MoD ermöglichen den Verzicht auf das Zweitauto oder gar auf das erste?

Joseph Eichhorn, FDP:

Der Tourismus ist in der VG Deidesheim eine wichtige Säule der Wirtschaft, aber wir müssen die Balance finden zwischen den Interessen der Einheimischen und den Erfordernissen des Tourismus. Die Zeiten von immer mehr Fest- und Urlaubs-Touristen sind seit Corona vorbei. Auch die Verkehrsbelastung durch die vielen Gäste darf man nicht aus dem Auge verlieren. Die Anzahl an Festen ist genug, sie sollten nicht vergrößert oder ergänzt werden. Wir haben keine Industrie mit schädlichen Immissionen, auch ist Deidesheim seit Jahren in der Cittàslow-Bewegung, eine Entwicklung in Richtung mehr Nachhaltigkeit, was für den Tourismus sehr förderlich ist. Das Institut für Tourismusforschung in Heide hat aufgezeigt, dass die Tourismus-Akzeptanz in der Bevölkerung durchaus sinkt. Beispiele wie Venedig oder Barcelona zeigen, dass etliche Städte für ihre Beliebtheit einen hohen Preis zahlen. Deshalb ist es wichtig, dass die Tourismus-Verantwortlichen nicht allein die Zufriedenheit des Gastes in den Blick nehme, sondern auch die der Einheimischen berücksichtigen.

Andreas Veth, FWG:

Tourismus war für die Stadt Deidesheim in den letzten Jahren von großer Bedeutung und wird auch in Zukunft für die Entwicklung von großer Bedeutung sein. Umso wichtiger ist es daher, dass die Entwicklung des Tourismus aktiv von den Entscheidungsträgern begleitet und in sinnvolle Bahnen gelenkt wird. Dabei sind die Bedürfnisse wie zum Beispiel von der Gastronomie oder der Hotellerie in Einklang zu bringen mit denen der Einwohner, der Weingüter und nicht zu vergessen von Umwelt & Natur.

Aus Sicht der FWG fehlt noch immer ein schlüssiges Parkplatzkonzept auch für die Zeiten außerhalb von Kerwe, Geißbockversteigerung oder Weihnachtsmarkt. Das Radwegekonzept muss weiterentwickelt werden. Zu einem sinnvollen Tourismus-Gesamtkonzept gehört unter anderem die Steuerung der Balance der Wohnraumsituations- beziehungsweise die Nutzung zwischen Ferienwohnungen, Zweitwohnungen und Wohnraum für Anwohner, insbesondere für junge Familien. Dazu hat die FWG klare Vorstellungen zur Umsetzung dieser und weiterer Themen.

Deidesheim ist besonders im Herbst ein Touristenmagnet.
Deidesheim ist besonders im Herbst ein Touristenmagnet.
Hans-Joachim Schulze
Hans-Joachim Schulze
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