Neustadt Hausbesitzer sollen umdenken

Momentan angesagt: Kies- oder Schottervorgärten.
Momentan angesagt: Kies- oder Schottervorgärten.

Steingärten sind derzeit im Gartenbau angesagt. Hausbesitzer schätzen den schlichten Stil und die scheinbar problemlose Pflege gegenüber grünen Gärten. Doch pflegeleicht sind die geschotterten Vorgärten nicht, sie verschlechtern zudem das Klima ums Haus und bieten Insekten und Vögeln keinen Lebensraum, sagen Experten. Die Stadt Ludwigshafen will deshalb Hauseigentümer zum Umdenken bringen.

Gerade in Neubaugebieten wie in der Melm oder auf der Parkinsel liegen Steingärten im Trend. Anstelle von klassischen Vorgärten finden sich dort modisch angeordnete Kies-, Splitt- oder Basaltflächen mit spärlichem Grün. Hecken oder Blumen gibt es dort kaum noch. „Ich denke, dass Steingärten zurzeit eine Modeerscheinung sind“, sagt Klaus Eisele. Der Naturschützer und Leiter des ornithologischen Arbeitskreises der Volkshochschule Ludwigshafen hält wenig von den Schotterflächen. „Viele denken, dass diese Gärten pflegeleichter wären, das sind sie aber nicht. Mittel- bis langfristig gesehen bildet sich durch Regen, Flugsamen und Verwitterung Moos an den Steinen, es wächst Unkraut und das erfordert genauso viel Arbeit wie ein herkömmlicher Garten“, sagt Eisele. Folien unter den Steinen würden das Wachsen von Unkraut langfristig nicht verhindern. Oft liegen unter den Steinen wasserundurchlässige Plastikfolien. Regen kann hier ebenso wenig versickern wie auf zugepflasterten Stellplätzen oder Hofflächen, warnt die Stadtverwaltung. Bei der Verwendung von Wurzelschutzfolien werde die Versickerung so stark eingeschränkt, dass es bei starken Regenfällen zu einem erhöhten Überflutungsrisiko kommen könne. Nicht der einzige Nachteil der Schottergärten: Je nach Lage heizten sich die versiegelten Flächen sehr schnell auf und beeinflussten das Stadtklima negativ. Nachts kühle die Luft nicht mehr ab – in Extremsommern wie in diesem Jahr werde die Stadt dadurch noch stärker aufgeheizt. Der negative Effekt addiere sich mit jeder versiegelten Fläche und jeder weiteren neu angelegten Steinfläche. „Bis zu vier Grad Unterschied gibt es in der Stadt im Vergleich zum Land“, sagt eine Sprecherin des Umweltdezernats. Zudem binde die Vegetation Straßenstaub. Die Verwaltung würde gerne die Anzahl der Schottergärten verringern. Dies ist jedoch nicht einfach. Wenn Grundstücksbesitzer entscheiden, eine Fläche zu asphaltieren, müssen sie dafür eigentlich eine Ausgleichsfläche schaffen. Das müssten sie eigentlich auch tun, wenn sie wasserdichte Wurzelschutzfolie für ihren Schottergarten nutzen, die den Boden versiegelt. Bei einer wasserdurchlässigen Fleece-Folie jedoch ist dies nicht notwendig. Das Problem: Die Stadtverwaltung kann im Nachhinein nicht kontrollieren, welche Folie unter einem Steingarten liegt. „Die Möglichkeiten der Einflussnahme sind in der Praxis daher leider begrenzt. Im rechtlichen Sinne gelten Steingärten auch nicht als versiegelte Fläche“, sagt eine Verwaltungssprecherin. So bleibt nur, auf die Einsicht der „Häuslebauer“ zu setzen: Die bekommen etwa in der Melm auch Merkblätter von der Stadt, in denen auf den Bebauungsplan hingewiesen wird, der auch Regeln zur Begrünung vorgibt, etwa, dass „Grundstücksflächen straßenseitig zu bepflanzen“ sind. Wie das in der Praxis aussieht, kann jeder Besucher der Melm selbst sehen: überall Steine. Naturschützer warnen, dass die Tierwelt unter der zunehmenden Oberflächenversiegelung leidet. Vögel verlieren ihre Nistplätze, da Bäume und Hecken als störend empfunden werden. Insekten, die im Erdreich leben und den meisten Vögeln als Nahrungsgrundlage dienen, haben keinen Lebensraum mehr. „Da muss ein Umdenken beim Menschen stattfinden“, appelliert Peter Eisele.

In einem geschotterten Garten finden Bienen kaum Nahrung, ihr Lebensraum wird zerstört.
In einem geschotterten Garten finden Bienen kaum Nahrung, ihr Lebensraum wird zerstört.
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