Frankenthal / Lambrecht Gutachter: Keine Gefahr für die Allgemeinheit

Der Prozess findet vor dem Landgericht Frankenthal statt.
Der Prozess findet vor dem Landgericht Frankenthal statt.

Ist ein 39-jähriger Lambrechter, dem Beleidigungen, Drohungen und Sachbeschädigungen in vielen Fällen vorgeworfen werden, psychisch krank? Die Frage ist seit Beginn des Prozesses am Landgericht Frankenthal ein Thema. Am Mittwoch stellte ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ein Gutachten vor.

Doch zunächst wurde ein weiterer Zeuge gehört. Zu den Anklagepunkten gehört auch ein Vorfall, bei dem der 39-Jährige einen ehemaligen Mitbewohner bedroht und angegriffen haben soll. Letztere hatte den Lambrechter im Juli 2019 angezeigt, weil er ihn am Hals gepackt, gegen eine Wand gedrückt und gewürgt haben soll. Dabei habe er gesagt: Ich steche dich ab. Im Prozess hat der Angeklagte den Vorfall aus seiner Sicht geschildert: Bei einem zuerst verbalen Streit habe man sich gegenseitig geschubst.

Der 24-jährige ehemalige Mitbewohner sagte am Mittwoch, er könne sich nicht daran erinnern, den Angeklagten angezeigt zu haben. Nachdem ihm der Vorsitzende Richter Uwe Gau Teile der Anzeige vorgelesen hatte, sagte der Zeuge, er könne sich jetzt vage erinnern. Man habe sich gegenseitig geschubst, es könne sein, dass ihn der Angeklagte dabei auch an den Hals gefasst habe, er habe ihn aber nicht gewürgt oder bedroht.

In den etwa eineinhalb Jahren, in denen die beiden in einem Haus wohnten, habe es immer mal wieder Streit gegeben, aber nur verbal. Der Angeklagte habe in dieser Zeit sehr viel Alkohol getrunken und er habe den Eindruck gehabt, dass sein Mitbewohner psychische Probleme habe, berichtete der Zeuge.

Massive Beleidigungen

Der Angeklagte hat mehrfach berichtet, dass er in Lambrecht und Umgebung immer wieder beleidigt, beschimpft und bedroht werde. Auch werde immer wieder geäußert, dass er weggesperrt werden müsste. Am Mittwoch legte er Posts vor, die massive Beleidigungen enthalten. Zudem sei er am Telefon unter anderem als „Assi“ bezeichnet worden. Staatsanwalt Patrick Gabriel kündigte an, dass er gegen die Absender der Posts juristisch vorgehen werde.

Seit 2014 wurden fünf psychiatrische Gutachten über den Lambrechter erstellt. Vier dieser Gutachten stammen von der gleichen Gutachterin. Deren Diagnose: Der Lambrechter sei an einer paranoiden, halluzinatorischen Schizophrenie erkrankt. Aufgrund dieser Erkrankung sei nicht auszuschließen, dass die Einsichts-, Steuerungs- und Schuldfähigkeit des Mannes eingeschränkt oder sogar aufgehoben ist.

„Ich kann diese Gutachten nicht nachvollziehen“, sagte am Mittwoch ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er bezeichnete die Gutachten als „zumindest fragwürdig“, sie enthielten „keine saubere Diagnostik“. Die Kriterien für Schizophrenie träfen auf den Lambrechter nicht zu.

Schädlicher Alkoholmissbrauch

Der Facharzt diagnostizierte eine schizotypische Persönlichkeitsstörung und schädlichen Alkoholmissbrauch. Merkmale einer schizotypischen Persönlichkeitsstörung sind Probleme im Umgang mit anderen Menschen, eingeschränkte Beziehungsfähigkeit, verzerrte Wahrnehmung, merkwürdige Verhaltensweisen. Mehrere Kriterien der schizotypischen Persönlichkeitsstörung träfen auf den Angeklagten zu. Beispielsweise das Fehlen enger sozialer Beziehungen, Misstrauen, merkwürdiges oder nicht zu einer Situation passendes Verhalten, Exzentrik, seltsame Überzeugungen.

Eine schizotypische Persönlichkeitsstörung sei kein Grund, dass die Steuerungs-, Einsichts- und Schuldfähigkeit aufgehoben oder beeinträchtigt ist, so der Gutachter. Das bedeutet, dass der 39-Jährige für Straftaten verurteilt werden kann. Von Menschen mit einer schizotypischen Persönlichkeitsstörung gehe keine Gefahr für die Allgemeinheit aus, deshalb gebe es keinen Grund, sie in der geschlossenen forensischen Abteilung einer psychiatrischen Klinik unterzubringen, erläuterte der Gutachter.

Der Prozess wird am Dienstag, 13. Februar, 9.30 Uhr, fortgesetzt. Geplant sind die Plädoyers und das letzte Wort des Angeklagten.

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