Neustadt Geschick gleicht fehlende Kraft aus

Neustadt. Die 15-jährige Neustadterin Luise Pilz spielt Wasserball. Das ist auf den ersten Blick keine Besonderheit. Doch das Mädchen kämpft in ansonsten männlichen Nachwuchsteams des SC Neustadt und ergänzt auch die dritte Mannschaft. Und bis auf ganz wenige Ausnahmen geht es dabei um Punkte in den offiziellen Rundenspielen gegen reine Männerteams. Dann heißt es also nicht Mann gegen Mann, sondern Frau gegen Mann.

Auch wenn es in Zeiten von Quoten-Frauen und geschlechtsneutralen Ausdrucksweisen kein Alleinstellungsmerkmal mehr sein darf, wenn sich ein Mädchen in einem von Jungen dominierten Sport behauptet, muss die Gymnasiastin zunächst einmal die körperlichen Nachteile ausgleichen. „Das mache ich mit Geschick und Wendigkeit. Außerdem achten wir bereits bei der Zuweisung der Gegner, dass ich passende Gegenspieler bekomme“, erzählt Luise Pilz. Obwohl sie erst ein Jahr dabei ist, bekommt Luise im U17-Team einen Einsatzanteil von rund 80 Prozent je Spiel. Tritt sie mit dem Neustadter U19-Team oder der Dritten Mannschaft an und spielt dabei gegen „gestandene Männer“, ist sie immer noch rund die Hälfte der Spielzeit im Wasser. „Es macht eigentlich gar keinen so großen Unterschied, ob Frau oder Mann spielt“, sagt sie selbstbewusst. „Wenn Männer spielen, wird man an der Badehose festgehalten. Bei mir sind es dann eben die Träger des Badeanzugs.“ Blaue Flecken und Kratzer inklusive. Wasserball gilt als eine der härtesten Mannschaftssportarten. Und manchmal sind die kräftigeren und schwereren Sportler im Vorteil, wenn es um die Positionskämpfe geht. Die junge Spielerin sagt: „Da werde ich oft unterschätzt und finde dann eine Lücke.“ Seit Luise Pilz acht Jahre alt ist, schwimmt sie regelmäßig bei der DLRG. Mittwochs im Stadionbad äugte sie nach ihrem Training immer neugierig zu den Wasserballern. Irgendwann traute sie sich und fragte, ob sie mal mitmachen dürfe und ging zunächst skeptisch in die erste Übungsstunde. Und die Jungs fragten ihren Trainer Ingolf Berger: „He Ingolf, Du weißt aber schon, dass das ein Mädchen ist?“ Doch immerhin konnte sie schon ganz gut schwimmen. Luise Pilz erinnert sich: „Ich musste mich ein bisschen durchsetzen. Aber wenn man etwas möchte, dann schafft man es auch.“ Mag sie anfangs noch etwas schüchtern bei den Wasserballern angeklopft haben, jetzt ist sie längst ein vollwertiges Mitglied im Team der jungen Männer. Wenn es ihr dann doch einmal zu bunt wird während eines Spiels, findet sie ein einfaches Mittel: „Man kann mit den Menschen ja reden und sagen ,lass es sein’“, verrät sie. Neben dem notwendigen Durchsetzungsvermögen hat sie inzwischen natürlich auch jede Menge Wasserball-Technik gelernt. Kräftige, weite Schüsse sind für Frauen manchmal schwieriger umzusetzen. „Da gibt es bestimmte Übungen, das klappt halt im Training meist besser als in der Hektik während eines Spiels. Aber ich habe auch schon Tore geschossen“, erzählt Luise. Sie gleicht auch hier die fehlende Kraft aus. „Durch genaues Zielen.“ Das Kraulen mit Ball ist dabei ganz anders, als es die reine Schwimmer-Philosophie verlangt. „Man muss viel breiter kraulen, wenn man den Ball hat“, sagt Pilz. Sie bedauert, dass der Plan, in Heidelberg eine U17-Mädchen-Südwest-Auswahl aufzubauen, nicht geklappt hat. Jetzt trainiert sie einmal im Monat mit einem Heidelberger U15-Team. Mittlerweile spielen auch ihre 13-jährigen Zwillingsbrüder Wasserball. Luise trainiert zweimal beim SCN, dazu kommen die Schwimmeinheiten mit der DLRG. Im Neustadter Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium spielt sie außerdem im Schulorchester Geige und nimmt an Theatervorstellungen teil. Zu Hause bleibt sie nur noch zweimal in der Woche. „Der Donnerstag und der Sonntagabend sind normalerweise frei.“ Weil es im nahen Umland kaum die Chance auf eine reine Frauen-Wasserballmannschaft gibt, konzentriert sie sich weiter auf ihre Einsätze bei den Männern. Ihr Motto: „Man kann Wasserball mit Fliegen vergleichen. Da will man auch nicht immer nur geradeaus fliegen, sondern Kurven machen. Deshalb ist Wasserball viel schöner als nur Schwimmen.“ (kle)

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