Neustadt Eine hauchdünne Entscheidung

NEUSTADT. Ein Krimi war die letzte Runde im A-Turnier der Neustadter Pfalz Open. Selbst nach Abgabe der Spielformulare konnte noch niemand sagen, wer sich Platz eins und damit die Prämie von 1666 Euro gesichert hatte. Der Computer musste die Arbeit übernehmen, denn fünf Spieler hatten sieben Punkte auf dem Konto. Schließlich wurde Alexandre Danin (Bochumer SV) als Sieger ausgerufen. Zweiter wurde der Serbe Milos Perunovic (1200 Euro Preisgeld) vor Adrien Demuth (Frankreich, 1000 Euro).

Erst die Feinauswertung führte dazu, dass der Sieger gekürt werden konnte. Dabei wurde auch berücksichtigt, welche Punkte die jeweiligen Gegner einfuhren, gegen die die Asse an den Spitzenbrettern spielten. So spannend war es selten bei der Veranstaltung in Neustadt. Ein „Wahnsinnsturnier“, so der Neustadter Turnierleiter Klaus Klein, zeigte der erst zehnjährige Vincent Keymer aus Saulheim. Er blieb in allen Partien ungeschlagen, besiegte zwei Großmeister und landete mit 6,5 Punkten mitten unter der Schachelite auf Platz acht. Damit erfüllt der Spieler des SK Gau-Algesheim die Voraussetzungen, um künftig den Titel „Internationaler Meister“ zu führen. Das ist nur eine Kategorie unter der höchsten Adelsklasse im Schach, dem „Großmeister“. Der dritte des Turniers, Adrien Demuth, erspielte sich die Großmeister-Norm. Der Vater des jungen Rheinhessen, Christoph Keymer, konnte nur noch über Sohn Vincent staunen. „Seine Entwicklung geht rasend schnell voran. Aber Vincent spricht nicht viel darüber. Er freut sich, und dann geht es weiter.“ Besonders gefördert hat er das Talent seines Sohnes nur dadurch, dass er ihn zu den Turnieren begleitet und Vincent die Möglichkeit bietet, im Schachklub Gau-Algesheim auf erfahrene Spieler zu treffen. Rund zwei Stunden täglich widmet sich der Zehnjährige seinem Sport. Vater Keymer indes spielt selbst kein Schach und ist darauf angewiesen, was die Experten über die jeweilige Stellung von Vincents Figuren auf dem Brett sagen. Ob die Entwicklung seines Sohnes so rasant weitergeht, dazu wagt Vater Keymer keine Prognose. „Jedes Turnier verläuft anders, er kann auch einmal eine schlechte Phase erwischen.“ Vor allem weil der junge Vincent nun gemäß seiner mit dem Neustadter Turnier eingefahrenen Weltranglistenpunkte einen großen Sprung nach vorne macht und so auf der Setzliste zukünftiger Turniere von der ersten Partie an auf entsprechend starke Gegner treffen wird. Wie in jedem Jahr herrschte am fünften und letzten Turniertag der Pfalz Open in Neustadt Hektik. Die achte Runde des A-Turniers zog sich wegen einer Partie besonders lange hin. An Brett Nummer 40 kämpfte Fidemeister Jefim Rotstein (Hochneukirchen) als Favorit gegen Dirk Becker (Baden-Baden) um den Sieg. „Eigentlich stand die Partie schon lange Remis“, erklärte Turnierleiter Klein. 69 Züge wurden gewechselt, ohne dass eine Figur geschlagen wurde. Die beiden Kontrahenten hatten nur noch Springer und König (Becker) sowie Springer, König und einen Bauer (Eckstein). Eine klassische Pattsituation für die Experten. „Die Regel besagt, dass nach 50 Zügen eine Einigung auf Remis erfolgen kann“, so Klein. Doch Rotstein versuchte weiter, Becker in die Knie zu zwingen. Rund 100 Zuschauer drängten sich um die beiden Spieler, die meisten waren Teilnehmer des A-Turniers. Dieses konnte erst gestartet werden, wenn auch die letzte Partie im Computer gewertet ist. Dann erst können die Paarungen erstellt werden. Schließlich kam es in der neunten Runde zum spannungsgeladenen Finale. Vier Spieler hatten je 6,5 Punkte, sechs weitere waren mit sechs Punkten in Lauerstellung. Vorjahressieger Vladimir Baklan war zu diesem Zeitpunkt abgeschlagen und wurde am Ende mit 6,5 Punkten Sechster. Er hatte mit fünf Unentschieden zu wenige Punkte eingefahren, so dass er, obwohl er keine Niederlage hinnehmen musste, keine Chance auf den Sieg hatte. (kle)

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