Neustadt Eigene Erlebnisse in Noten umgesetzt

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Neustadt-Gimmeldingen. Vier Wochen nach seiner ehemaligen Band „US Rails“ war Sänger und Gitarrist Joseph Parsons nun mit seiner eigenen Gruppe selbst in der Alten Turnhalle in Gimmeldingen zu Gast. Der heute in Niedersachsen lebende US-Amerikaner bewies mit seinem Auftritt eindrucksvoll, dass er den Vergleich mit seinen früheren Kollegen nicht zu scheuen braucht und hinterließ ein restlos zufriedenes Publikum.

Das Vorprogramm bestritt das schottische Duo „Doghouse Roses“, das sich vermutlich nach einem Buch des US-Singer/Songwriters und Autors Steve Earle benannt hat und auch musikalisch Parallelen zu dem legendären Musiker aufweist. Die „Doghouse Roses“, bestehend aus der Sängerin und Gitarristin Iona Macdonald und ihrem Lebenspartner, dem Gitarristen und Sänger Paul Tasker, sehen sich selbst dem Alternative Country und Folk zugehörig – einer Stilrichtung die Earle entscheidend mitgeprägt hat. Die beiden stellten vorwiegend Songs aus ihrer aktuellen CD „Lost Is Not Losing“ vor, darunter das rhythmische „Weather And Storm“ und den „New Year Rag“: Stücke, bei denen besonders Macdonald mit ihrer glasklaren Stimme auffiel. Tasker hielt sich im Hintergrund, zeigte sich aber als versierter Instrumentalist und kramte für „Diesel Engine“ sogar ein Banjo hervor. Insgesamt hinterließen die beiden einen guten Eindruck und mussten mit einer ausgefallenen Version von Johnny Cashs „Ring Of Fire“ sogar eine Zugabe spielen. Die Stimmung war also bereits prächtig vorgeheizt, als die „Joseph Parsons Band“ mit „Endless“ gleich furios loslegte. Er werde zunächst ein paar gut gelaunte Songs spielen, später aber auch ein paar düstere, und hoffe damit den Nerv aller zu treffen. Sprachs und legte den Titel „Fly“ nach, zu dem er auch ein Video gedreht hat, das auf einer im hinteren Bühnenbereich aufgehängten Leinwand zu sehen war. „Fly“ ist einer von zwölf neuen Songs aus der Doppel-CD „The Field – The Forest“, die Parsons vor kurzem veröffentlicht hat. Auch hier steht „Field“ für hellen, eingängigen Stoff, während „Forest“ eher die dunklere, härtere Seite seines Schaffens reflektiert. Parsons, eigentlich eher bekannt als perfekter Balladenschreiber, präsentierte sich in Gimmeldingen rockiger als erwartet. Ein Grund dafür ist sicher auch seine hervorragende Band mit den beiden Deutschen, Fredi Lubitz am Bass und Sven Hansen am Schlagzeug, sowie dem hervorragenden Gitarristen Ross Bellenoit aus Massachusetts/USA. Der kleine Mann mit dem großen Spielvermögen ist unter anderem bereits als Teil der in Nordamerika sehr erfolgreichen „Amos Lee Band“ mit Bob Dylan durch die Staaten getourt. Sein Stil, irgendwo zwischen Mark Knopfler, Chris Rea und Gary Clark jr. angesiedelt, gibt Parsons Schmusenummern wie „First Sight“ viel Gefühl mit auf den Weg, macht „Dume Room“ mit der Slide-Gitarre zu einer echten Poprock-Perle und lässt ein Stück wie „Live Like King“ ganz schön funky daherkommen. Über allem aber thront Joseph Parsons wandlungsfähige Gesangsstimme, die, je nach Bedarf, einschmeichelnd flüstern, aber auch ungezügelt voluminös tönen kann. All das zusammengenommen wäre aber immer noch nicht ausreichend um eine Rockgruppe, wie die Parsons Band, zu dem zu machen, was sie ist und was sie von der breiten Masse abhebt. Was sie wesentlich von der Konkurrenz unterscheidet, ist die Tatsache, dass Joseph Parsons einfach ein begnadeter Songschreiber ist. Seine Lieder krallen sich in den Gehörgängen der Zuhörer fest und sind qualitativ so hochwertig, dass ihr Haltbarkeitsdatum auch nach Verlassen der Konzerthalle nicht bereits wieder überschritten ist. Parsons weiß Erlebnisse in Noten umzusetzen. 1991 arbeitete er als Teil des „Anti Gulf War Peace Teams“ in Kinderheimen im irakischen Bagdad. „A crazy time“, wie er sich heute erinnert. Seine Erlebnisse damals und die Folgen daraus hat er im Song „Memories“ (Erinnerungen), festgehalten. Aber auch wenn er in „Scream“ singt „I’m a restless man and I seek my way. For in my heart I am questioning the why, the where tomorrow brings“ ist Parsons alles andere als verbittert. „Still I know there’s a way to reach the promised land, don’t take a miracle to hold it in your hand“ heißt es in „Shadowland“ –und damit stellt er klar, dass er trotz allem die Hoffnung immer über die Bitternis stellt. Diese Botschaft wurde in Gimmeldingen verstanden, und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass einige Konzertbesucher/innen – ganz im Sinne von Parsons – auch zu textlich schwer verdaulicher Kost ausgelassen vor der Bühne tanzten. Zu einer von drei Zugaben holte der in Philadelphia geborene Musiker noch einmal die „Doghouse Roses“ auf die Bühne um seinen Fans gemeinsam mit ihnen seine Komposition „Hollywood“ mit auf den Nachhauseweg zu geben.

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