Neustadt Djangos Erbe

Hassloch. Der Gitarrist Joscho Stephan hat schon größere Räume gefüllt als das „Kulturviereck“. Er hat unter anderem in Chicago gespielt, in Detroit und New York. In Haßloch hätte man dem Musiker und seinem Trio am Donnerstag daher gern ein paar mehr Zuhörer gewünscht. Doch die paar Dutzend, die zur Auftaktveranstaltung der neuen Saison von „Kultur im Viereck“ gekommen waren, machten das durch umso stärkeren Applaus wieder wett.

Stephan, geboren in Mönchengladbach, gilt als einer der begabtesten Interpreten des Gypsy-Swing. Als Solist beeindruckt er sein Publikum ebenso wie im Trio mit dem Jazzbassisten Volker Kamp und Vater Günter Stephan an der Rhythmusgitarre. Schon mit den ersten, überaus beschwingten Takten von „Django’s Tiger“, einem Stück des belgischen Jazzgitarristen „Django“ Reinhardt, ziehen die Musiker die Zuhörer in ihren Bann. Die Faszination des Trios machen dabei nicht allein die Töne und der Rhythmus aus. Phasenweise scheinen die Musiker mit ihren Instrumenten verwachsen zu sein. Ihre Hände führen ein zum Teil schwindelerregend schnelles Eigenleben. Joscho Stephan strahlt ins Publikum, tastet mit den Augen dessen Reaktionen ab und erweist sich in den Pausen zwischen den Stücken als überaus charmanter und herzerfrischender Conférencier. Auch das zweite Stück, der „Minor Blues“, stammt aus der Feder Django Reinhardts, der den Gypsy-Swing in den 1920er Jahren aus der Taufe hob. Ebenso fesselnd, wie dem kurzen Nachhall der Töne und dem Kontrabass-Solo Volker Kamps zu lauschen, ist es bei dieser Adaption, den Mix aus verschiedenen Liedern zu entdecken, die in diesem Blues stecken; darunter kurze Tonfolgen unter anderem aus „Pink Panther“, Mozarts „Türkischem Marsch“, des wohl weltbekannten Liebeslieds „Besame mucho“ nach einem Thema des Komponisten Enrique Granados und Giuseppe Verdis „La Traviata“. Ein nachhaltiges Beispiel auch dafür, wie im Gypsy-Swing verschiedene Stile zueinander finden. Selbst Anklänge an die Kompositionstechnik von Maurice Ravel und Claude Debussy tauchen auf. Zu den Charakteristika dieser Jazzrichtung zählen natürlich auch die traditionellen jüdischen Elemente, die Kompositionen wie das temporeiche Traditional „Joseph Joseph“ bestimmen. Sie finden auch Eingang in Joscho Stephans Eigenkompositionen. Seine „Hommage à Django Reinhardt“, ein sehr ruhiges Stück, wird nach seinem schwermütigen Beginn zärtlich wie ein Liebeslied, bei dem für die ganz tiefen Töne der Bass die Melodieführung übernimmt. An Kaffeehausmusik mit südamerikanischen Anklängen erinnert Stephans „Papillon“. Mit seiner ebenfalls sehr sanften, leicht beschwingten Melodie scheint er den Zuhörern einen Abend am Strand vorzugaukeln. Die eigenwillige Eigenkomposition „San Vincenzo“ dagegen strotzt vor frechen, überraschenden Tonfolgen. Von temperamentvollen tänzerischen Elementen dagegen ist das wiederum in der Tradition des Gypsy-Swings stehende „Klez Musette“ geprägt. Mit klanglichen Turbulenzen begeistert das Trio bei Dorado Schmitts „Bossa dorado“, einem karibisch angehauchten Standardstück. Und auch Klassiker wie „Sweet Georgia Brown“, bei dem die Musiker noch einmal mit Vehemenz in die Saiten greifen, runden das Programm ab.

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