Neustadt Der Wein als Juwel

Kirrweiler. Tradition und Moderne zu verbinden, sprich: den jedem Pfälzer in Fleisch und Blut übergegangenen urigen Duft der vergärenden Trauben auf der einen Seite und ein zeitgemäßes Genießer-Ambiente auf der anderen – das war das Ziel, das das Kirrweilerer Weingut Anton beim Bau seiner neuen Vinothek verfolgte. Wie gut das gelungen ist, kann man am Wochenende beim „Tag der Architektur“ besichtigen.

„Die Leute wollen was sehen, erleben, kennen lernen, nicht nur einfach ihre Kisten abholen“, umreißt Winzer Ralph Anton seine Erfahrungen. Rund 120.000 Flaschen erzeugt sein Betrieb am südliches Ortsausgang von Kirrweiler jährlich auf 15 Hektar Rebfläche, eine Destillerie und eine kleine Sektkellerei ergänzen das Angebot. Sehr viel davon gehe in den Privatverkauf ab Hof, was eine zeitgemäße Präsentation umso wichtiger mache, sagt Anton. Die 2012/2013 von dem Edesheimer Architekten Peter Rheinwalt und dem Innenarchitekten Thomas Blinn aus dem badischen Weingarten realisierte eingeschossige Vinothek stellt dabei den Lückenschluss zwischen mehreren schon vor einigen Jahren errichteten Gebäuden für die Produktion und Lagerung dar, die den Neubau umfassen und von diesem aus auch direkt erreichbar sind. Der eigentliche Raum für die Verkostungen schiebt sich an der Südseite wie ein leicht versetzter Keil in einen rechtwinkligen Kubus ein, der über einen auf der gleichen Seite etwas rückwärtig gelegenen Eingang zugänglich ist und neben dem Empfangsbereich mit der zentralen Theke auch noch Büros, ein Labor und eine kleine Küche enthält. Der Gastraum öffnet sich nach Süden und Osten mit großen Glasflächen hin zum Rebenmeer. Über eine Schiebetür ist eine Holzterrasse barrierefrei erreichbar. Die gesamte Grundfläche beträgt rund 100 Quadratmeter. Betritt man das Gebäude, fallen sofort der puristische, aber stimmige Gesamteindruck der Innenarchitektur und eine Vielzahl origineller Einzellösungen bei der Ausstattung auf. Dazu zählt unter anderem die Theke in Form eines Kreissegments, die durch die Materialien Eichenholz und Beton eine gewisse rustikale Bodenständigkeit ausdrückt. Dieser Eindruck bestätigt sich bei der links des Eingangs angebrachten Präsentationswand, die aus den Balken alter Keltern gefertigt und wie der Großteil der Ausstattung das Werk eines regionalen Handwerksbetriebs ist. Wer jetzt allerdings Butzenscheiben-Muff befürchtet, liegt völlig daneben. „Die Weine sind hier die Juwelen, die inszeniert und zur Geltung gebracht sein wollen wie in einem Juweliergeschäft“, umschreibt der Innenarchitekt, der auch schon für Weingüter in Forst, Maikammer und Edesheim tätig war, sein der modernen Event-Kultur verpflichtetes Konzept. Eine originelle Lösung sind auch die an Metallrohren von der Decke abgehängten LED-Lampen, die die Reben symbolisieren sollen. Vor der Theke sind drei Sichtfenster in den Boden eingelassen, die den Blick in den Keller freigeben, der ebenfalls für Veranstaltungen genutzt werden kann. Zugänglich ist er über eine geschwungene Betontreppe hinter dem Thekenbereich, die mit einem mystisch wirkenden Lichtband bereits gut auf das vorbereitet, was den Besucher unten erwartet: einen durch Spotstrahler in geheimnisvolles Licht getauchten Präsentationskeller, der den Wein nicht einfach nur vorstellt, sondern geradezu als Kulturgut zelebriert und dabei auch dessen jahrtausendealte Geschichte mitschwingen lässt. Er wird durch die Wandgestaltung mit bräunlich-erdigem Betonspachtel von den ebenfalls im Keller untergebrachten Toiletten- und Technikräumen abgegrenzt, bei denen Fertigbeton das Bild bestimmt. Zum Heizen und Kühlen wird eine Luftwärmepumpe eingesetzt.

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