Neustadt Brombeerblätter statt Eukalyptus

Hassloch. Die australische Gespenstschrecken am HAG sind interessant wegen ihrer ausgeklügelten Tarnung und ihrem speziellen Trick zum Überleben des Nachwuchses: Der wächst gut geschützt in Ameisenbauten auf.

Wie ein kleines Samenkorn sieht das Ei einer Australischen Gespenstschrecke aus. Peter Wenz, Hausmeister am Hannah-Arendt-Gymnasium, hat gerade eines vom Boden des Terrariums in der Aula aufgesammelt. Die „Gespenster“ machen ihm und seinem Hausmeisterkollegen Holger Kloster die meiste Arbeit, wie Wenz erzählt. Schließlich haben die Insekten, die in ihrer Heimat am liebsten Eukalyptusblätter fressen, einen schier unstillbaren Appetit auf heimische Brombeerblätter. „Alle zwei bis drei Tage muss man Nachschub holen“, erzählt Wenz. Auch im Winter. „Fünf, sechs Stängel reichen maximal drei Tage“, rechnet der HAG-Hausmeister vor. Und außerdem muss ihr Lebensraum von den Hausmeistern regelmäßig saubergehalten werden. Dann zeigt Wenz die Gespenstschrecken in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien. Der frisch aus dem Ei geschlüpfte Nachwuchs sieht großen Ameisen zum Verwechseln ähnlich. Hier in Haßloch gibt es zwar keine Australischen Feuerameisen, aber in der eigentlichen Heimat der Gespenstschrecke sammeln diese die Eier, weil sie wie Pflanzensamen aussehen und tragen sie in ihr Ameisennest. Wenz erklärt, wie das funktioniert: Die Schale ist für die Ameisen nicht zu knacken, da sie zu dick ist. Durch das Klima in den Ameisenbauten können sich die Nymphen der Gespenstschrecke daher ungestört entwickeln und schlüpfen dort aus. Um nicht gefressen zu werden, sehen sie in den ersten zwei bis drei Tagen ihren Gastgebern, den Feuerameisen, sehr ähnlich. Das heißt, ihr Körper ist schwarz und der Kopf rot. So gelingt es den jungen Gespenstschrecken, schließlich unversehrt aus den Bauten zu entkommen. Die Jungtiere laufen einige Tage in schnellem Tempo herum, bevor sie auf einer geeigneten Nahrungspflanze schließlich zur Ruhe kommen. Zur Ruhe gekommen sind in der Tat die erwachsenen Tiere im HAG-Vivarium. Sie hängen regungslos wie vertrocknete Brombeerblätter an den Zweigen. Es mache vielen Schülern und Besuchern Spaß, die gut getarnten Tiere zu entdecken. Doch nicht alles, was wie eine Gespenstschrecke aussieht, ist am Ende auch tatsächlich lebendig. Im Terrarium finden sich auch etliche Überreste von Häutungen. „Da ist noch alles dran, auch die Beine“, erklärt Wenz. „Die schlüpfen komplett aus ihrer Haut.“ Im Freien könnten die Gespenstschrecken bei uns übrigens keinen Winter überleben, erklärt der HAG-Hausmeister. Sie brauchten es warm, um sich wohlzufühlen. Und auch ihre Tarnung hilft ihnen am Ende hier nur bedingt weiter, wie Wenz herausgefunden hat. Als er einmal einige Tiere auf Brombeerpflanzen gesetzt habe, seien sie am Ende dann doch von den Vögeln geholt worden. Der Fortbestand der Gespenstschrecke am Hannah-Arendt-Gymnasium ist aber dennoch gesichert. Der zahlreiche ameisengleiche Nachwuchs mit dem roten Kopf, der an der Decke des Terrariums klebt, steht dafür. (ast)

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