Neustadt Auch Frauen hüteten die Schafe

Esthal. Heiligabend im Kloster Sankt Maria in Esthal. Auf den Stufen im Chorraum der Klosterkirche steht unter einem mächtigen, hell erleuchteten Christbaum die figürliche Darstellung einer Krippenszene, wie sie vielleicht vor mehr als 2000 Jahren im damaligen Bethlehem gewesen sein könnte.

„Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde...“, berichtet Evangelist Lukas im Neuen Testamt (Kapitel 2, 1 bis 20) über die Geburt Jesu. Von Hirtinnen ist da nicht die Rede: Aber in der Krippenlandschaft von Schwester Marie Bosco vom Kloster Sankt Maria gibt es sie trotzdem. Mit den Schafhüterinnen will die Ordensfrau von der Kongregation „Schwestern vom Göttlichen Erlöser“ (Niederbronner Schwestern) dem lange unterschlagenen hohen Stellenwert, den Frauen im Leben und Wirken Jesu spielten, ein Gesicht gegeben. Wobei dies ein etwas schiefes Bild ist, denn die auch als Egli-Figuren bekannten biblischen Erzählfiguren haben als Besonderheit gerade keine Gesichter. Doch die Figuren, die Marie Bosco geschaffen hat, sind trotzdem sehr authentisch und nach einem intensiven Studium der betreffenden Bibelstellen im Kurs der Neustadter Kunsthandwerkerin Bärbel Bednorz nach dem Vorbild der Schweizerin Beatrice Zimmermann entstanden. Schwester Marie Bosco stammt aus der Pfalz, ist Schneiderin und 1960 in die Ordensgemeinschaft eingetreten. Seit 1986 ist das Kloster Esthal „meine Heimat“, sagt sie. Vor rund 15 Jahren begann sie, mit der Fertigung der Figuren. Alljährlich kamen seitdem neue biblische Gestalten hinzu. Für ältere Figuren schneidert Marie Bosco auch hin und wieder neue Gewänder für den nächsten weihnachtlichen Auftritt oder für die „Auferstehungsszene“ mit den Emausjüngern in der Kirche an Ostern. Denn einige der Figuren zeigen sich in biblischen Doppelrollen, von ihr eingekleidet mit vergilbten, verfilzten Stoffresten, um die Vergangenheit optisch wirkungsvoll auszudrücken. Das Besondere an den Gestalten ist die Beweglichkeit von Armen und Beinen. Die Füße sind aus standfestem Metall, der Korpus aus einem Kissen, die Hände sind modelliert wie der Kopf auf Styroporbasis und mit Duftin überzogen. Die Haare sind aus alten Tierfellen. Sie zeigen durch ihre Körperhaltung aus einem Draht-Sisalgerüst Freude, Trauer, Erstaunen und Angst, wie die Hirten und Hirtinnen auf dem Feld, denen der Engel die frohe Botschaft bringt: „Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Bei Marie Boscos Krippe hat Maria Jesus auf dem Arm. Die Krippe ist bis Mariä Lichtmess (2. Februar 2015) täglich von 10 bis 17 Uhr und ab 9 Uhr bei den Gottesdienste n zu sehen.

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