Lambrecht Angeklagter teilt aus: „Wenn die Bevölkerung einen jagt, muss man sich zur Wehr setzen“

In Lambrecht wohnt ein Mann, der unter anderem wegen Sachbeschädigung, Beleidigung, übler Nachrede und Diebstahl vor Gericht ste
In Lambrecht wohnt ein Mann, der unter anderem wegen Sachbeschädigung, Beleidigung, übler Nachrede und Diebstahl vor Gericht steht.

Ein 38-jähriger Mann, der sich wegen zahlreicher Delikte vor dem Landgericht Frankenthal verantworten muss, gibt den Menschen in Lambrecht und Frankeneck eine Mitschuld an seinen Taten. Denn er fühle sich von ihnen gehasst und gejagt.

Drei Jahre Haft hat die Staatsanwaltschaft nun bei einem Prozess des Landgerichts Frankenthal für den 38-jährigen Lambrechter gefordert, für eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren plädierte die Rechtsanwältin des Mannes. „Ich würde mir Freispruch geben“, sagte der Lambrechter am Dienstag in seinem „letzten Wort“, das geschlagene zwei Stunden dauert.

Rückblick: Von den 100 Straftaten der Anklage wurde der überwiegende Teil im Verlauf der Verhandlung eingestellt, so dass am Ende noch 24 Delikte übrig blieben. Es handelte sich dabei um Sachbeschädigungen, Beleidigungen, Erschleichen von Leistungen, Diebstahl, üble Nachrede, Fälschen von Daten und einen Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz. Der Lambrechter habe diese Taten zugegeben, sagte Staatsanwalt Patrick Gabriel in seinem Plädoyer. An den Verhandlungstagen habe der 38-Jährige „einen relativ ordentlichen Eindruck gemacht und sich an die Regeln gehalten“. Das stehe „im krassen Widerspruch“ zum Verhalten zwischen April 2019 und Mitte 2023, den die Anklage betrifft.

Der Lambrechter berichtet von großen gesundheitlichen Problemen

Der Lambrechter hatte im Lauf der Verhandlung berichtet, dass er 2018 am Lambrechter Bahnhof angegriffen worden sei und in der Folge unter einem starken Druck im Kopf und Panikattacken gelitten habe, deshalb habe er Gebäude und Sachen beschädigt. Doch seit 2022/2023 gehe es ihm besser. Staatsanwalt Gabriel verwies in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass auch 2022 und 2023 Straftaten begangen worden seien. Zudem gebe es andere Möglichkeiten, sich bei Panikattacken abzureagieren. Die Sachbeschädigungen habe der Lambrechter nicht im Affekt begangen, sondern es seien „gezielte Attacken“ gewesen.

Der Angeklagte habe die Straftaten zwar zugegeben. Doch er zeige keinerlei Reue und sehe auch nicht ein, dass er etwas falsch gemacht habe, nannte Gabriel einen Aspekt, der bei der Festlegung der Strafe negativ ins Gewicht falle. Negativ zu bewerten sei auch die Vielzahl der Delikte und dass diese über einen längeren Zeitraum begangen worden seien. Angesichts dieser Aspekte und angesichts dessen, dass das Verhalten des Angeklagten „in Lambrecht und Umgebung große Wellen geschlagen hat“, sei eine Haftstrafe von drei Jahren angemessen, sagte der Staatsanwalt.

Rechtsanwältin: „Nicht Aufgabe des Gerichts, Erwartungen der Bevölkerung zu erfüllen“

„Sie sehen mich ein wenig überrascht und ein wenig irritiert“, bekannte Rechtsanwältin Gabriele Haas. Sie sei davon ausgegangen, dass höchstens eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe zur Diskussion stehe. Dies ist nur bei Strafen bis zu zwei Jahren möglich. Haas äußerte die Vermutung, dass der Staatsanwalt eine Haftstrafe gefordert habe, damit ihr Mandant „einige Zeit weggesperrt werden kann, weil dies die Bevölkerung wohl erwartet“. Doch sei es nicht „Aufgabe des Gerichts, Erwartungen der Bevölkerung zu erfüllen“. Die Anwältin verwies darauf, dass einige Anklagepunkte deshalb eingestellt worden seien, weil sich die Vorwürfe als falsch herausgestellt hätten. Diese Beschuldigungen würden zum Verhalten der Bevölkerung gegenüber dem 38-Jährigen passen. Ihr Mandant sei zwar „anstrengend“, doch es gebe keinen Grund für eine Gefängnisstrafe.

Haas bezeichnete es als problematisch, dass ihr Mandant wegen „Erschleichen von Leistungen“ – das bedeutet Fahren ohne Fahrschein – verurteilt werden soll. Ihr Mandant lehne es ab, dass für die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gezahlt werden müsse. Auch in der Politik gebe es entsprechende Bestrebungen. Wenn diese umgesetzt werden, wäre das Erschleichen von Leistungen nicht mehr strafbar, so die Juristin.

Unterschiedlich bewerteten Staatsanwalt und Rechtsanwältin das Gutachten eines Sachverständigen, der zu dem Schluss gekommen war, dass der Angeklagte nicht psychisch krank und deshalb voll schuldfähig sei. „Das Gutachten hat mich überhaupt nicht überzeugt“, sagte Anwältin Haas. Sie erinnerte daran, dass zwei „qualifizierte und kompetente Gutachterinnen“ in den vergangenen Jahren jeweils zu einem anderen Ergebnis gekommen seien. Sie gehe davon aus, dass der Lambrechter nach wie vor nicht schuldfähig sei, sagte Haas. Der Staatsanwalt äußerte keine Zweifel an dem Gutachten.

Der Angeklagte sagt: „Wenn die Bevölkerung einen jagt, muss man sich zur Wehr setzen“

Der 38-Jährige berichtete, dass er in Lambrecht und in Frankeneck, wo er zeitweise gewohnt hat, immer wieder massiv angefeindet, gehasst, provoziert, bedroht und beleidigt werde, auch im Internet. „Wenn die ganze Bevölkerung einen jagt, dann muss man sich zur Wehr setzen“, sagte der 38-Jährige. Auch die Justiz werde beleidigt, weil er in der Vergangenheit „nicht weggesperrt“ worden sei. Er sei mehrere Jahre in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen und habe deshalb nicht zwischen Recht und Unrecht unterscheiden können. Der Lambrechter forderte, dass die Nutzung des ÖPNV ohne Fahrschein und „Sachbeschädigungen zu therapeutischen Zwecken“ legalisiert werden. Massive Vorwürfe richtete der 38-Jährige an die Polizei, die die Bevölkerung unterdrücke und „der unterste Bodensatz der Gesellschaft“ sei.

Beim Gericht und besonders dem Vorsitzenden Richter bedankte er sich, „dass Sie mir zugehört haben“. Das Urteil soll am 26. Februar, 11 Uhr, verkündet werden.

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