Neustadt Agroscience startet Kooperation mit größtem Forschungsinstitut Südkoreas

Stoßen auf die Kooperation ihrer Forschungsinstitute an: Jang-Seong Kim (KRIBB, Südkorea) und Gabi Krczal (Agroscience, Mußbach)
Stoßen auf die Kooperation ihrer Forschungsinstitute an: Jang-Seong Kim (KRIBB, Südkorea) und Gabi Krczal (Agroscience, Mußbach).

Das Mußbacher Forschungsinstitut RLP Agroscience wird künftig enger mit Südkorea zusammenarbeiten. Unter anderem wollen die Wissenschaftler an neuartigen Pflanzenschutzmitteln forschen, die umweltverträglich und effizienter sind als konventionelle, chemische Mittel.

Der Klimawandel macht der Landwirtschaft zu schaffen. Während Trockenheit, Hitze und Überschwemmungen zunehmen, breiten sich Krankheiten und Schädlinge durch globalen Handel leichter aus. Mit der „Farm to Fork“-Strategie der Europäischen Union (EU) sollen Lebensmittel nachhaltiger und weniger chemische Pestizide und Düngemittel verwendet werden.

Als Repräsentantin der deutschen Biotechnologen war Gabi Krczal, Institutsleiterin der RLP Agroscience GmbH in Mußbach, im August 2023 bei einem Kongress der IAPB (International Association for Plant Biotechnology) in Südkorea, um über die Erkenntnisse aus Neustadt zu berichten. Ihr Vortrag drehte sich darum, wie man durch externe Applikation von sogenannten RNA-Molekülen Genaktivitäten beeinflussen kann, um zum Beispiel die Stresstoleranz von Pflanzen zu erhöhen oder Schädlinge zu bekämpfen. „In der Anwendung soll das künftig konventionelle Pflanzenschutzmittel ersetzen“, erklärt Krczal.

Kooperation über fünf Jahre

Die Ansätze aus Neustadt stoßen auf großes Interesse, auch in Südkorea. In der Folge tauschen sich RLP Agroscience und das Korea Research Institute of Bioscience and Biotechnology (KRIBB), das größte und einzige staatliche Forschungsinstitut Südkoreas mit Sitz in Daejeon, über mögliche gemeinsame Projekte aus. Am Freitag haben der mit einer Delegation nach Mußbach gereiste KRIBB-Präsident Jang-Seong Kim und Krczal ein sogenanntes Memorandum of Understanding unterschrieben, eine Absichtserklärung für eine Zusammenarbeit über zunächst fünf Jahre.

„Die Südkoreaner forschen auf hohem Niveau, und wir können von den komplementären Kompetenzen profitieren“, sagt Krczal. Gerade in der Gen-Editierung mit der Genschere CRISPR/Cas, mit der sich gezielt Mutationen auslösen lassen, seien die asiatischen Kollegen sehr erfahren, während RLP Agroscience auf Wirkungsweise und Design kleiner RNA-Moleküle spezialisiert sei, die eine zentrale Rolle bei der Proteinbiosynthese und wichtige regulatorische Funktionen in Zellen einnehmen.

Internationaler Workshop

Der Vertragsunterzeichnung vorangegangen war ein viertägiger Workshop, bei dem auch Wissenschaftler der Universitäten Erlangen und Regensburg anwesend waren, mit denen die Neustadter schon länger kooperieren. Die deutschen Forscher machten laut Krczal gemeinsam mit den Südkoreanern Versuche im Labor und im Gewächshaus, applizierten mit verschiedenen Methoden Ribonukleinsäure (RNA) auf Pflanzen und schauten sich am Ende der Woche die ausgelösten Veränderungen der Gene an. Dazu tauschte man sich in Vorträgen aus und diskutierte im Anschluss Anknüpfungspunkte der Forschungsteams. Bis Ende April sollen zwei konkrete Projektanträge gestellt werden.

„Wir müssen den Mechanismus genau verstehen, um ihn später anwenden zu können“, sagt die Agroscience-Leiterin. Seit 20 Jahren betreibe man in Neustadt Grundlagenforschung in diesem bereich und habe bereits wichtige Schritte getan, etwa beim Kampf gegen Schadpilze an Weinstöcken. In der zweiten Jahreshälfte soll ein Projekt starten, das den Blattfloh als Überträger der Apfeltriebsucht in den Blick nimmt. Der Knackpunkt: Bisher ist noch offen, wie der Wirkstoff länger in oder auf der Pflanze stabilisiert werden kann, um etwa UV- und regenbeständig zu sein. „Wir werden Partner finden, die im Bereich chemischer Formulierung erfahren sind.“

Bedarf in Landwirtschaft da

Die Politik hat nach Krczals Eindruck verstanden, dass klassische Gentechnik und Genom-Editierung oder RNA-Interferenz nicht vergleichbar sind. Während bei der klassischen Gentechnik Fremdgene übertragen und an einer unbestimmten Stelle im Erbgut eingeführt werden, können bei der Genom-Editierung Veränderungen – in der Regel Mutationen – an einer ganz bestimmten Stelle herbeigeführt werden. Letzteres werde von Verbrauchern, Politik und Medien besser angenommen, der Bedarf werde gesehen, so Krczals Wahrnehmung.

Die in Mußbach genutzte RNA-Interferenz „hat mit Gentechnik nichts zu tun“, betont die Wissenschaftlerin. Denn das Erbgut werde nicht verändert, sondern lediglich der Übersetzungsprozess vom Gen zum Protein unterbrochen und das Gen so stillgelegt. Dieser Prozess findet auch im natürlichen Immunsystem der Pflanze statt. „Wir wollen so umweltfreundliche und spezifische Alternativen im Pflanzenschutz entwickeln.“

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