Ludwigshafen Wie ein großer Tauchsieder

Gerade bei den sogenannten regenerativen Energien aus Sonne und Wind gibt es immer wieder ein Problem: Scheint die Sonne und weht ein starker Wind, wird so viel Strom produziert, den zu diesem Zeitpunkt in dieser Menge aber niemand braucht. Umgekehrt wird auch zu Zeiten Strom benötigt, wenn die Sonne mal nicht scheint und nur ein laues Lüftchen weht. Die Stromversorger stellt der Umstieg auf regenerative Energieformen daher vor große Probleme. Es kommt sogar vor, dass zur Stabilisierung der Netze bei einer Überproduktion von Strom durch viel Sonne und Wind klimafreundliche Stromerzeuger sogar abgeschaltet werden müssen. Der Frage, wie Energie gespeichert werden kann, wenn gerade sehr viel anfällt, haben sich auch die Fachleute der TWL in Ludwigshafen gestellt. Ihre Antwort darauf ist die „Power-to-Heat“ Anlage, die seit Mai im Fernheizkraftwerk an der Industriestraße ihren Dienst verrichtet. „Die Idee war, überschüssige Energie in Form von Wärme zu speichern“, erläutert Reiner Lübke, Technischer Vorstand der TWL, das Grundprinzip der Anlage. Ähnlich wie ein überdimensionaler Tauchsieder erhitzen Heizröhren das in einem Behälter befindliche Wasser, in diesem Fall von 70 auf bis zu 130 Grad. Der entstehende Dampf wird anschließend entweder direkt ins Fernwärmenetz eingespeist oder wie aktuell im Sommer in einem großen Wärmespeicher zwischengelagert. Der Behälter mit 1200 Kubikmetern Inhalt kann eine Leistung von 40 Megawatt zu einem späteren Zeitpunkt wieder ins Netz abgeben. „Auch im Sommer werden zehn Megawatt pro Stunde an Wärmeenergie gebraucht, dazu gibt es die Möglichkeit, die Stromerzeugung zu erhöhen und die Wärme aus dem Speicher zu holen“, schwärmt Andreas Bach, TWL-Leiter für Großanlagen, von der möglichen „Feinregelung der gesamten Kraftwerksanlage“. „Wir haben eine dynamische Anlage mit kurzer Reaktionszeit geschaffen. Mit der Regelung in 250-Kilowatt-Schritten, können wir flexibel den Veränderungen im Stromnetz folgen“, nennt Bach ein weiteres Plus der neuen Technik. Die Anlage stelle in zwei Minuten die komplette Leistung ins Netz, die abgerufen wird, berichtet der Energieexperte. Inzwischen gebe es Dutzende solcher „Aufrufe“ pro Tag. Die kompakte und direkt am Fernheizkraftwerk eingebaute Anlage ist seit Mai in Betrieb und funktioniert vollautomatisch. Der Einbau auf engstem Raum in das bestehende Kraftwerk mit kurzen Kabelwegen und technischen Raffinessen bei den angeschlossenen Transformatoren sei eine technische Meisterleistung gewesen, lobt Lübke seine Mitarbeiter. 1,5 Millionen Euro wurden in die „Power-to-Heat“ Anlage sowie 1,2 Millionen Euro in den Energiespeicher investiert. „In weniger als fünf Jahren soll das refinanziert sein“, nennt Lübke das wirtschaftliche Ziel.

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