Ludwigshafen Spaß-Plädoyer für die Kurpfälzische Wiedervereinigung

Eigentlich sind sie ja zu dritt. Das Trio Josefin Lössl, Wolfgang Schmitter und Hans Georg Sütsch bildet das Mannheimer Kabarett Dusche. Seit einigen Monaten jedoch muss Wolfgang Schmitter wegen einer Verletzung pausieren. So ist das neue Programm „So lang der Wasserturm steht“ ganz auf die verbleibenden Lössl und Sütsch zugeschnitten. Die Premiere war in der Klapsmühl′ am Rathaus.

Sie seien das „Restkabarett“, erklärte Hans Georg Sütsch auf der Bühne, die er sich den ganzen Abend über nur mit Josefin Lössl teilte. Die Dusche als Duo, aber die Klapsmühl′ war ausverkauft. Der Rekonvaleszent Wolfgang Schmitter saß im Publikum, ebenso Regisseur Gerhard Piske, Willi Haselbek, verantwortlich für die Musik, und der Kaiserslauterer Wolfgang Marschall, neben Frederic Hormuth, Volker Heymann und Volkmar Staub einer der Autoren. Es ist ein nicht durchweg überzeugendes Programm, das sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, thematisch auf Mannheim und die Kurpfalz konzentriert. Die Region soll nicht länger der ungeliebte Wurmfortsatz der schwäbischen Spießer sein, jedenfalls wenn es nach dem Demonstranten Sütsch geht. Mannheim soll raus aus der Spätzlezone, skandiert er, befreit werden vom Joch der Kehrwoche, ebenso wie die linksrheinische Pfalz vom Mainzer Narrhallamarsch. Der eifernde Protestler fordert eine freie Kurpfalz in den Grenzen von 1777 und die pfälzisch-kurpfälzische Wiedervereinigung. Es bleibt nur das unlösbare Problem, die Fans des SV Waldhof Mannheim mit den rivalisierenden Anhängern des 1. FC Kaiserslautern zu versöhnen. Als paranoider Verschwörungstheoretiker erkennt er in der avisierten Bundesgartenschau 2023 eine von den Illuminaten ausgehende Gefahr. Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz, Comedian Bülent Ceylan und Sänger Xavier Naidoo planten eine feindliche Übernahme der Kurpfalz, errechnet er undurchschaubar anhand deren Geburtsdaten. Als radebrechende Madame Olga sieht Josefin Lössl in einer Glaskugel die Zukunft Mannheims. Der Wasserturm wird Weltkulturerbe, Christo wird ihn kunstvoll verhüllen, Xavier Naidoo und Joy Fleming gewinnen gemeinsam den Eurovision Song Contest, und der SV Waldhof macht einen Durchmarsch in die Erste Bundesliga, prophezeit sie. Höchst aktuell werden der tägliche Verkehrskollaps auf der Konrad-Adenauer-Brücke und die sperrige Großbaustelle für das Stadtquartier in Q6/Q7 aufs Korn genommen. „Mannheim ist eine Reise wert“, befinden angesichts dieser Attraktionen Lössl und Sütsch als Baustellen-Touristen auf einer Tour vom Berliner Flughafen nach Stuttgart 21. Wenn die beiden Einheimische darstellen, setzen ihre Autoren allerdings ein ums andere Mal zu sehr auf den Dialekt, der herangezogen zu werden scheint, um inhaltliche Leere und Witzlosigkeit zu verbergen. Auch flüchtet sich das Kabarett wiederholt in den Lobpreis der Heimat und des „Monnemerischen“, vergibt sich damit aber ein gutes Stück weit der spöttischen Schärfe und wird zum simplen Volkstheater.

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