Ludwigshafen Hitzeschlümpfe im Wüstensommer

Um unser Büroklima war es zuletzt nicht zum Besten bestellt. Eigentlich war es ein Vorgeschmack auf die Vorhölle, wie exklusive Einblicke in das Hitzetagebuch der Lokalredaktion zeigen: Freitag 9.50 Uhr – im Büro herrschen bei Arbeitsbeginn kuschelige 30 Grad. Erstmals sitzt mein Kollege Steffen Gierescher in kurzen Hosen und Turnschuhen am Schreibtisch. Die sonst obligatorischen Jeans und Stiefel sind ausnahmsweise zu Hause geblieben. „Hör auf zu jammern“, sagt er aufmunternd zu mir und trällert das Liedchen „36 Grad und es wird noch heißer.“ 14 Uhr – Rückkehr von der Mittagspause. Alle haben Salat gegessen. Mehr ging nicht. Im Büro ist das Thermometer bei 31 Grad angekommen, aber bald knallt die Sonne auf die Fenster. Unsere Sekretärinnen haben die Plastikpapierkörbe zweckentfremdet und nehmen ein kühles Fußbad. Geht bei mir nicht, weil ich Schuhgröße 45 habe und meine Quadratlatschen zu lang sind. Ortsvorsteher Christoph Heller kommt auf einen Sprung vorbei. Ich wickle das nasse Geschirrhandtuch, das ich nach Art der Ägypter um meinen Kopf gebunden habe, lässig als Schal um den Hals. Zu mehr Zugeständnissen an die Etikette bin ich nicht bereit. Malermeister Heller lacht und sagt: „Auf dem Gerüst ist es heißer.“ Das Thermometer im Büro zeigt mittlerweile 33 Grad. Ich flüchte kurz in die Landkreisredaktion, die nachmittags im Schatten liegt. Wir singen „Brennend heißer Wüstensand“ von Freddy Quinn und überlegen, ob wir nicht den Job hinschmeißen und als Band auftreten sollten. Einen Namen hätten wir schon: „mix und die Hitzeschlümpfe“ – „mix“ lautet mein Kürzel. Um 17.16 Uhr erreicht uns ein Mail des Chefredakteurs. Durchhalteparolen. Hitzefrei gibt’s nicht. Er regt an, nach Feierabend ein kühles Weizenbier oder eine feinperlig abgespritzte Weinschorle zu trinken, die hätten wir uns verdient. Zweifelsohne eine gute Idee, aber ich versuche gerade 34 Grad warmes Mineralwasser zu trinken. 18 Uhr – Es gibt Eis. Steffen Gierescher spendiert eine Runde. Eine wunderbare Erfrischung. Die Schranke im Hof versagt hitzebedingt den Dienst. Wir nicht. Wir warten auf ein Foto von Mario Adorf, der Stargast beim Filmfestival ist. Kurz nach 19 Uhr geht der Mannheim-Kollege Oliver Seibel nach Hause. „Nix wie raus“, ruft er uns noch zu. Irgendwann kommt endlich das Adorf-Bild, und Kollege Axel Nickel und ich machen uns um 20.10 Uhr auf zum CDU-Sommerfest in Oggersheim, bei dem Heiner Jöckel als Fraktionschef verabschiedet wird. Die Hitze dort ist enorm. 38 Grad. Wir schütten zwei alkoholfreie Weizenbiere in uns rein, die wir sofort wieder rausschwitzen. Gegen 23 Uhr bin ich zu Hause. „Ab unter die Dusche“, meint die beste Ehefrau von allen, was neben einem abkühlenden Effekt auch olfaktorische Gründe haben könnte. Die Hitzeschlacht scheint geschlagen. Pustekuchen: Am Sonntag sind wir bei 39 Grad auf einem Geburtstag in einer Grillhütte bei Dudenhofen eingeladen. Wir nehmen auf mein Anraten den falschen Weg und irren 45 Minuten durch den glühenden Wald, bis wir wieder am Parkplatz angekommen sind. Nur einen Steinwurf vom Auto befindet sich die Grillhütte. Ich ernte einen vernichtenden Blick meiner Gattin, die kurz vor einem Kreislaufkollaps steht. Als Paartherapie besorge ich ein paar Eiswürfel und kühle Getränke. Sie verzeiht mir – sie ist eben die beste Ehefrau von allen. Am Montag schwitzen die Kollegen bis 20.30 Uhr im Stadtrat. Ich habe glücklicherweise frei, komme aber am Dienstag genau richtig, um den aktuellen Bürohitzerekord nicht zu verpassen: 34,3 Grad. Und dazu ist es schwül. Im Landzimmer singen wir noch mal und hoffen auf den Troubadix-Effekt. Und tatsächlich um 17.30 donnert es, vier Minuten später regnet es, was das Quecksilber im Büro auf läppische 31 Grad sinken lässt. Es lebe der Sommer! Die Kolumne Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

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