Ludwigshafen Großer Reformator im Mittelpunkt

91-90031143.jpg

600 Sänger hat Kirchenmusikdirektor Achim Plagge vor sich, als er eine besondere Chorprobe leitet: In der Ludwigshafener Friedenskirche treffen sich Hunderte Sänger, die bei der Aufführung des Pop-Oratoriums „Luther“ mitmachen wollen. Und das sind längst nicht alle. Aus etwa 2000 Kehlen wird Gesang erschallen, wenn die Aufführung in der SAP-Arena am 11. Februar über die Bühne geht.

600 Leute stehen auf Zehenspitzen, strecken die Arme in die Luft und tönen „Aaaah! - ooooh! - huuuh!“ Die Sänger machen Stimme und Atem erst mal locker, das wirkt immer etwas drollig. Aber sie haben mehrere Stunden Probe bis zum Abend vor sich, das ist eine Herausforderung. Zum Jubiläum 500 Jahre Reformation im nächsten Jahr wünschte sich die Evangelische Landeskirche Westfalen etwas ganz Großes: Ein Pop-Oratorium, in dessen Mittelpunkt Reformator Martin Luther und sein Wirken stehen. Es sollte zugleich ein Mitmach-Projekt werden, aber auch große Publikumswirkung erzielen. „Und da haben sie uns gefragt“, sagt Peter Krumm. Er gehört zur Stiftung Creative Kirche und ist mit Organisation und Marketing des Oratoriums betraut. Die Stiftung hatte bereits 2010 das Pop-Oratorium „Die Zehn Gebote“ mit großem Erfolg aufgeführt. Wie damals beauftragten die Organisatoren den Komponisten Dieter Falk und Texter Michael Kunze. „Wer ist Wiederholungstäter?“ fragt Probenleiter Plagge in der Friedenskirche. Etwa zwei Dutzend Hände gehen hoch, das sind Sänger, die schon bei „Die Zehn Gebote“ mitgemacht haben. Einige der Sänger haben weite Anreisen auf sich genommen. Annette Roos war aus Eberbach gut eine Stunde unterwegs. Die 55-jährige Physiotherapeutin singt Sopran in einem Chor, den Kirchenmusikdirektor und Bezirkskantor Achim Plagge leitet. Der hat natürlich für das Luther-Projekt geworben, wie viele andere Kirchenmusiker. „Spaß am Singen, zusammen mit Freunden und Bekannten“, nennt Roos als Motivation und ist gleich mit einer ganzen Gruppe aus Eberbach angerückt. Für Tenor Eric Lotz war der Weg nicht so weit. Der 43-Jährige kommt aus Dudenhofen. Er singt in einem Chor, den seine Frau Constanze leitet. Neben den eigenen Konzertprojekten wollen die Dudenhofener nun auch gemeinsam beim Luther-Oratorium mitsingen. „Mir hat das Vorgängerprojekt gut gefallen. Ich finde, Kunze schreibt gute Texte“, sagt Lotz. Wie alle Sänger haben sich Roos und Lotz eine Materialmappe gekauft, in der Noten und Playbacks zur Vorbereitung enthalten sind. So präpariert, kommen die Teilnehmer zu gemeinsamen Regionalproben. Dass man fürs Mitmachen auch noch bezahlen müsse, habe manche Leute verwundert, sagt Krumm, hat aber auch die Erklärung dafür: „Die Kosten sind enorm.“ Nicht nur müssen Profimusiker und -darsteller bezahlt werden, es gehört auch viel Technik und Infrastruktur dazu, und schließlich finden die Aufführungen in großen Stadien und Arenen statt. Da müssen auch Landeskirchen und Sponsoren mithelfen. „Bei den ,Zehn Geboten’ ist die Rechnung aufgegangen, aber bis dahin hatten wir ein paar schlaflose Nächte“ sagt Krumm. Dass das Pop-Oratorium eine unkritische Luther-Lobhudelei sei, bestreitet Krumm. „Wir wollen Luther als Menschen darstellen, standhaft, aber auch mit Ängsten und Schwächen“, sagt er. Um diese Seite Luthers zu zeigen, sei die fiktive Figur einer Kindheits- und Jugendgefährtin entwickelt worden, die dem Publikum von Erlebnissen mit dem jungen Luther berichtet. Mit dem Projektverlauf ist Krumm zufrieden. Im nächsten Jahr sollen zwölf Aufführungen stattfinden, bei denen auf und hinter der Bühne jeweils gut 2000 Laien mitsingen. Und wie Krumm berichtet, seien auch Katholiken unter den Sängern. Nils fragt Noch Fragen? Infos und Termine im Netz: www.luther-oratorium.de. |ghx

x