Ludwigshafen Freiraum für Saxophone

Eine Band mit drei Saxophonen, Popjazz mit Hackbrett, Gypsy-Swing aus Sachsen, Oldtime-Klassiker und eine Big Band aus der Software-Schmiede: Beim 29. „Jazz im Grünen“ hat der Schifferstadter Musikverein 1974 wieder ein buntes Programm auf die Beine gestellt, das die ganze Familie begeistern konnte.

Olaf Schönborn, der schon in verschiedenen Besetzungen in Schifferstadt aufgetreten ist, sprach es aus: Das Festival bringt schon Kinder auf den Geschmack und ist seit Jahren beste Werbung für den Jazz. Gerade junge Familien kommen gerne mit ihrem Nachwuchs. Beim Auftritt von Schönborns Combo Holzalarm tanzten die Kleinen vor der Bühne. Später, als Sängerin Anna Valiulina auftrat, sogar auf der Bühne. Zusammen mit seinen Kollegen Rainer Pusch und Matthias Dörsam hat Schönborn ein Holzbläser-Trio gegründet, das ohne Harmonieinstrument antritt. Nur Schlagzeuger Dirik Schilgen und Bassist Dietmar Fuhr sorgen für den Groove. Den Bläsern soll das mehr Freiraum lassen, und tatsächlich waren polyphone Arrangements zu hören, bei denen die Bläser jeweils eigene Linien führten. Alle drei spielten unterschiedliche Instrumente aus der Saxophon-Familie, dazu Klarinette und Querflöte. Bei Schönborns „Herbstlicher Depression“ begannen die Drei auf Tenorsaxophonen und wechselten dann nacheinander, bis sich am Ende drei Bariton-Saxophone zur gemeinsamen freien Improvisation im tiefen Keller der Tonleiter trafen. Gypsy-Jazz mit zwei Gitarren gab es bisher noch nicht bei diesem Festival. Der Hot Club de Chemnitz erinnert nicht nur mit dem Namen an Django Reinhardts Hot Club de France. Paul Stepp und Martin Bartos haben einige Klassiker des Begründers dieser Stilrichtung im Programm. Beide wechseln sich während der Stücke ab und so spielt jeder mal die typische „Pompe manouche“, die Rhythmusgitarre, während der andere improvisiert. Das betont flotte Gitarrenspiel beherrschen die Beiden. Neben Reinhardt-Klassikern wie „Minor Blues“ und „Lulu’s Swing“ hatte das Duo auch neuere Sachen im Programm, etwa einen Bossa Nova von Dorado Schmitt. Zur Freude vieler Stammgäste von „Jazz im Grünen“ traten wieder die Golden Hat Dixie Ramblers auf. Das war vor 30 Jahren die erste Jazz Combo des Musikvereins, und aus ihr ging auch die Idee für das Festival hervor. Bassistin Carina Baumann-Laufer ist bis heute die künstlerische Leiterin des Festivals. Auf dem Programm standen beliebte Hits des New Orleans Jazz. Von der „Bourbon Street Parade“ über die „Basin Street“ bis zur „Tuxedo Junction“ marschierten die sieben Musiker musikalisch durch die Geburtsstadt des Jazz. Besonderer Gast an der Posaune war Paul Schütt, der lange zur SWR Big Band gehörte und als Leiter der TC Big Band in der Region bekannt ist. Anfang und Ende des Festivals litten etwas unter dem Regen. Die SAP Big Band am Vormittag schaffte es aber, die dunklen Wolken musikalisch wegzublasen. Thomas Siffling leitet die Band seit 2000 und hat die Amateure auf professionelles Niveau gebracht. Die Band groovt bei Swing und Latin sehr schön und die Arrangements sind anspruchsvoll. Sängerin Dagmar Küchlin lässt Balladen mit samtiger Stimme recht intim klingen und hat zugleich auch Kraft und Präsenz für fetzigere Nummern. Den Abschluss des Festivals bildete der Auftritt von Anna Valiulina mit ihrer Band. Sängerin und Musiker haben russische Wurzeln. Michael Leontschik hatte auch ein russisches Instrument mitgebracht, das Cimbalom, was dem alpenländischen Hackbrett entspricht. Mit verblüffender Virtuosität brachte er die ungewöhnliche Klangfarbe ins Spiel. Weil die Band bei ihrem energetischen Jazzrock enormen Druck entwickelte, hatte die Sängerin fast Mühe, sich zu behaupten. Die Arrangements waren sehr gelungen, die Stücke ungewöhnlich zusammengestellt. Das russische Volkslied „Schwarze Augen“ traf da auf den frühen Beatles-Song „Can’t buy me love“.

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