Ludwigshafen Fast wie die Rolling Stones

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Im nächsten Jahr sind Monika und Fred Wassner aus Mundenheim 50 Jahre miteinander verheiratet. Goldene Hochzeit können sie aber quasi schon heute feiern: Seit sie am 1. August 1964 den ersten Auftritt im Hospital Club der US-Army in Heidelberg hatten, machen sie gemeinsam Musik. Die Liebe zur Bühne hat sich in den 50 Jahren kein bisschen verändert.

Der Besuch hat sich gerade im Garten niedergelassen und einen ob der Hitze durchaus sehnsuchtsvollen Blick auf den beeindruckenden Swimmingpool geworfen, da bittet Fred Wassner schon in den Keller. Das kühle Zimmer ist Studio, Proberaum und Büro. Vor allem aber ist es ein Ort der Erinnerungen. An der Wand hängen Plakate aus allen Jahrzehnten, die an große Auftritte erinnern. „Monica’s Group“ prangt in Versalien über einem Bild, auf dem Monika Wassner und drei Musiker in Outfits und Frisuren im 70er-Jahre-Stil posieren. Monica, Monika? Den Amerikanern hat die Schreibweise mit c immer besser gefallen als die Variante im Pass der aus Bensheim stammenden Monika. Und da es 25 Jahre lang, von eben jenem ersten Auftritt im August 1964 bis zum Jahr 1989, fast ausschließlich die Betreiber von Clubs der amerikanischen Streitkräfte waren, die das Ehepaar Wassner und ihre Musikerkollegen buchten, wurde aus Monika Monica. Und 1969 aus „Monica & The Samurais“ eben „Monica’s Group“. „Das war in Worms“, erinnert sich die 70-Jährige. „Da kamen die Amis rein und sagten: ,Ah, ,Monica’s Group’ spielt. Ab da hießen wir dann so.“ Es ist eine von vielen, sehr vielen Geschichten, die Sängerin Monika und Bassist Fred an diesem Nachmittag einfallen. Vor jedem Bild, jedem Plakat auf dem Weg zurück vom Keller in den Garten bleibt Fred Wassner kurz stehen und holt eine Anekdote aus seinem beeindruckenden Gedächtnis. Über Details muss der 72-Jährige nicht nachdenken. Jahreszahlen fallen ihm auf Anhieb ein, nur einmal braucht er einen kurzen Moment, bis er einen Namen wieder weiß. Erinnerungen hängen auch im Wohnzimmer. Auf einem Plakat sehen Fred und Monika aus wie die Ludwigshafener Version von Sonny und Cher (die ebenfalls ab 1964 zusammen Musik machten), auf einem anderen hat Fred Ähnlichkeit mit dem britischen Schlagersänger Engelbert: dank des Einstecktuchs in grellem Pink, das perfekt mit der Farbe des Abendkleids seiner Frau harmoniert. „Die Amerikaner haben immer erwartet, dass wir gut aussehen“, sagt Monika und blickt mit einem Lächeln auf das Foto. Mit gutem Aussehen und mit dem Geschmack der Amerikaner kennt Monika Wassner sich aus. Ein Jahr lang haben die beiden genau deswegen in den Vereinigten Staaten gelebt. Kurz nachdem sie sich am Fasnachtsdienstag 1961 in Zwingenberg kennengelernt hatten, wanderten sie aus. „Am 18. Dezember 1961 sind wir in New York gelandet“, sagt Fred. Monika, gerade 17 Jahre alt, hatte einen einjährigen Vertrag als Model in der Tasche. Der damals 19-jährige Fred, der in seiner Heimatstadt Ludwigshafen bei Giulini Dreher gelernt hatte, verdingte sich bei Industrieunternehmen in New Jersey, reparierte Autos, mähte Rasen. „Alles außer Tellerwäscher“ habe er gemacht. Zurück kamen sie, weil Gefahr in Verzug war: Die US-Streitkräfte hatten gedroht, Fred einzuziehen. Mitten im Vietnamkrieg. Stattdessen entschieden sie sich für den Weg, die amerikanischen Soldaten in Deutschland mit Entertainment zu erfreuen, mit Pop-, Rock- und Soulklassikern. An ihre Verbundenheit mit den Amerikanern erinnern die Vornamen ihrer heute 39 und 33 Jahre alten Söhne: Roger und Dennis. Noch im neunten Monat ihrer ersten Schwangerschaft habe sie auf der Bühne gestanden, erzählt Monika Wassner. Später brachte sie die Kinderbetreuung, die Auftritte in den Clubs und die Arbeit im Büro unter einen Hut. Denn jahrelang führte das Ehepaar auch noch eine Konzertagentur. Ein Buch mindestens würden die vielen Geschichten füllen, die den beiden einfallen. Die vom Auftritt im SWF-„Talentschuppen“ müsste auf jeden Fall hinein, die von den jahrelangen Engagements auf der „Cebit“, die von Monikas Auftritt als Statistin in der Klamotte „Otto ist auf Frauen scharf“ und die von ihrem zweiten Platz bei der Wahl zur „Miss Schallplatte“. Groß feiern wollen sie ihr Jubiläum heute nicht. „Feiern?“, sagt Fred Wassner und scheint sich über die Frage zu wundern. „Das waren 50 Jahre Arbeit.“

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