Ludwigshafen Erfolge abseits des klassischen Musikbetriebs

Viele ausverkaufte Konzerte und ein durchweg begeistertes Publikum: Die Macher des Jetztmusikfestivals ziehen nach der vergangenen Woche ein rundum positives Fazit. Nach den fulminanten Konzerten von Hauschka und Nils Frahm zu Beginn, waren auch in der zweiten Festivalhälfte mutige Entwürfe zeitgenössischer Musik zu hören.

Der thematische Leitfaden des Jetztfestivals war diesmal durchaus gewagt: Schnittstellen zwischen Hoch- und Popkultur sollten erkundet, Grenzen als beliebig entlarvt und überschritten werden. Im besten Falle konnte man also radikale und bereichernde Konzerterlebnisse erwarten, im schlechtesten bemühte Crossover-Spielereien. Es spricht für das neue Festivalteam, dass solche Klippen fast immer souverän umschifft wurden. Kamen mit Hauschka, Nils Frahm und Magic Mountain High zu Beginn großen Namen der musikalischen Avantgarde in die Region, so konnte die zweite Hälfte der Festivalwoche mit jungen, spannenden Künstlern begeistern. Im Waschsalon Duman in der Neckarstadt-West trafen klassische Klavierwerke von Chopin und Liszt, interpretiert von Asli Kilic, auf die Trip-Hop-Reminiszenzen der Wiesbadener Band Mono Girl. Es war an diesem Abend jedoch eher die Erschließung dieses ungewohnten Ortes voller Waschtrommeln und Kleiderständer sowie die Kollision von stilistischen Gegensätzen als das reine musikalische Material, was zu einer bereichernden Konzerterfahrung beitrug. Dieses Gespür für ungewöhnliche Konzertlocations war zweifellos eine Stärke des gesamten Festivalprogramms. Das britische Traditionslabel Warp hatte dann zwei seiner jüngeren Vertreter aus England in das Mannheimer Künstlerhaus Zeitraum/Exit entsandt. Patten entpuppte sich dabei als radikaler Vertreter der Beatbastlerszene um Stars wie Flying Lotus, zerlegte seine Loops aber live in derart kleine Einheiten, dass oftmals nur die abstrakte Ahnung eines Beats zurückblieb. Zusammen mit den großflächigen Videoprojektionen, die der Künstler minutiös und absolut stimmig auf die Klangimpulse collagiert hatte, ergab das eine nicht einfach zu verdauende, aber hochspannende Mischung. Das Londoner Trio Darkstar verfolgte hingegen einen etwas popaffineren Ansatz, in dem sich sphärische Synthesizerflächen mit dubbigen Drums und verhalltem Gesang zu einer grandiosen Symbiose irgendwo zwischen James Blake und Animal Collective verbanden. Hoch zufrieden zeigte sich daher auch das Team des Festivalleitung: „Die Besucherzahlen haben unsere Erwartungen fast durchweg übertroffen“, so Alexander Henninger, der die Geschäftsführung in diesem Jahr zusammen mit Patrick Forgacs übernommen hatte. Auch Matthias Rauch vom Mannheimer Clustermanagement Musikwirtschaft, das bei der gesamten Planung und Durchführung unterstützend mitgewirkt hatte, konnte ausschließlich Positives vermelden: „Besonders schön ist zu sehen, dass es in der Region ein junges, sehr interessiertes Publikum für solche Veranstaltungen gibt. Man hat gemerkt, dass auch anspruchsvolle Konzepte angenommen werden, wenn man sie nicht im starren Rahmen des klassischen Kulturbetriebs präsentiert werden.“ Die Motivation für eine weitere Ausgabe im nächstem Jahr war daher bei allen Verantwortlichen groß, auch wenn das Festival trotz der finanziellen Unterstützung der Stadt Mannheim, des Stadtmarketings und des Clustermanagements weiterhin ein wirtschaftliches Risiko berge. Hier gelte es, weitere Sponsoren hinzuzuziehen, damit die Qualität gehalten werden könne, so Henninger. Mit Workshops zu den unterschiedlichsten theoretischen und praktischen Facetten des Musikerdaseins sowie einem Markt im Alten Volksbad, bei dem junge Labels ihre Produkte präsentieren konnte, fand ein vielseitiges Festival schließlich einen entspannten und anregenden Abschluss. Das allzu oft zu hörende und immer noch zu selten bewiesene Mantra von der „Musikstadt Mannheim“ – beim Jetztmusikfestival konnte man eine Woche lang tatsächlich einmal spüren, wie es sich anfühlt, in einer pulsierenden Musikmetropole zu leben.

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