Ludwigshafen „Einer muss die Unwahrheit sagen“

Freispruch oder sieben Jahre Gefängnis? Ein 61-jähriger Ludwigshafener soll am 13. September 2017 in einer Unterkunft in der Kropsburgstraße in Mundenheim einen Mitbewohner mit einem Küchenmesser in den Bauch und in den linken Unterarm gestochen haben. Deshalb muss er sich wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung vor dem Schwurgericht des Landgerichts Frankenthal verantworten. Ein Urteil soll am Donnerstag 21. Juni, verkündet werden.

Freispruch forderte am Mittwoch Rechtsanwalt Klaus Robling für seinen Mandanten. Staatsanwalt Martin Baum plädierte für eine Haftstrafe von sieben Jahren. Vor den Plädoyers hatte der Vorsitzende Richter Karsten Sauermilch in einem sogenannten rechtlichen Hinweis gesagt, dass eine Verurteilung nur wegen gefährlicher Körperverletzung möglich wäre. Der 61-Jährige sagt, dass sein 26-Jähriger Mitbewohner ihn angegriffen habe und er nach einem Messer gegriffen habe, um die Schläge abzuwehren. Der 26-Jährige sagt, er habe auf dem Bett gelegen und auf dem Smartphone Videos geschaut, als der Ältere auf ihn eingestochen habe. „Die beiden Versionen passen erkennbar nicht zusammen, einer muss die Unwahrheit sagen“, stellte Baum in seinem Plädoyer fest. „Es sind zwei Geschichten, die entgegengesetzt sind“, sagte Robling. Damit war es mit der Übereinstimmung der beiden Juristen allerdings weitgehend vorbei. In seinem Plädoyer legte Baum sehr detailreich und mit einer Vielzahl von Argumenten dar, warum nach seiner Überzeugung die Verhandlung ergeben hat, dass der Angeklagte die Unwahrheit sagt und dass die Messerstiche als versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung zu werten sind. „Der Zeuge soll glaubhaft sein, weil das dem Staatsanwalt in den Kram passt“, entgegnete Robling. Die Geschichten der beiden Männer „kann man so und so sehen“. Doch gebe es auf jeden Fall Zweifel, und deshalb müsse sein Mandant nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten freigesprochen werden. Falls das Gericht jedoch der Version des 26-Jährigen glaube, dann handle es sich bei dem Vorfall nur um eine gefährliche Körperverletzung, so Robling. Dann reiche eine zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe von maximal zwei Jahren aus – angesichts dessen, dass es sich wegen der sehr schwierigen Wohn- und Lebensumstände um „eine Extremsituation“ gehandelt habe. Der 26-Jährige sei nur leicht verletzt worden, der Angeklagte sei nicht vorbestraft und bei dem Vorfall wegen eines Blutalkoholwerts von drei Promille in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen, argumentierte Robling. Warum er dem Angeklagten nicht glaubt, begründete Baum so: Bei der Polizei, bei einem psychiatrischen Sachverständigen und in der Verhandlung habe er jeweils unterschiedliche Angaben über den Ablauf des Geschehens, die Ursachen für die Auseinandersetzung und die Menge des von ihm getrunkenen Alkohols gemacht. Robling entgegnete, dass sein Mandant bei seiner Aussage bei der Polizei betrunken und stark erregt gewesen sei. Die Angaben des Angeklagten wirkten teils sehr konstruiert, sagte Baum. Zudem habe der Angeklagte ein Motiv gehabt. Baum führte auch aus, warum die Angaben des 26-Jährigen glaubhaft seien. In dessen Aussage gebe es keine wesentlichen Widersprüche, er habe bei der Polizei und in der Verhandlung weitgehend das Gleiche gesagt, die Schilderungen seien authentisch und er belaste den Angeklagten nicht übermäßig. Zudem gelte der 26-Jährige als friedlich. Robling sah dagegen Ungereimtheiten in den Angaben des 26-Jährigen. So gebe es auf dem Bett keine Blutspuren, der Angeklagte habe Verletzungen gehabt, die zu dem von ihm geschilderten Angriff des 26-Jährigen passen. Und die Aussage des 26-Jährigen, sich hinter einem Wäscheständer versteckt zu haben, sei unrealistisch.

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