Ludwigshafen Blick aufs Eigentliche

Eigentlich bin ich katholisch: Diesen Satz höre ich immer mal wieder. Das kommt bei Besuchen im Pfarrhaus vor. Manchmal auch bei Begegnungen in der Stadt oder auch mal in der Kneipe. Gelegentlich wird dann noch ein Aber dazugesetzt. Mit diesem „eigentlich“ wird dann ein Abgrenzen oder eine Einschränkung deutlich. Die evangelischen Glaubensschwestern und-brüder machen sicher ähnliche Erfahrungen. Beim Nachlesen im Bedeutungswörterbuch des Duden findet man beim Adverb eigentlich: in Wirklichkeit (im Unterschied zum äußeren Anschein), sinnverwandt: alias, anonym, inkognito. Beim Nachfragen, was es mit diesem „eigentlich“ dann auf sich hat, gibt es dann meist angeregte und gute Gespräche. Da ist von Frustration und von konkretem Ärger die Rede, aber auch von guten und wertvollen Erfahrungen. Es geht auch darum, woran man dieses „eigentlich“ fest macht. Oft reicht die Zeit nicht. Es geht „um Gott und die Welt“, wie wir sagen. Am Ende steht dann oft Dankbarkeit für ein gutes Gespräch. Es gibt zu wenige dieser Gelegenheiten. Ich erlebe sie immer wieder als Geschenk. So schlecht und negativ steht es um die Sache Gottes nicht. Seit Aschermittwoch geht es für die Christen in besonderer Weise wieder um dieses „eigentlich“. Die Zeit bis Ostern wird Fastenzeit genannt, Zeit, die Spreu vom Weizen zu trennen. Das Wesentliche und das Nachhaltige soll in den Blick genommen werden. Den Christen ist es freilich dann aufgegeben, ihre Überzeugung deutlich zu machen. „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt, aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen“, heißt es in 1 Petr 3, 15-16. In so bewegten Zeiten, wie wir sie erleben, ist es ganz wichtig, den Blick auf das Eigentliche zu richten. Vieles von dem, was klar und selbstverständlich war, steht plötzlich infrage. Unsicherheit und Angst machen sich breit. Mut und Zuversicht sind gefragt. Die Christen dürften und sollten eigentlich gelassen sein. (Archivfoto: Kunz) Der Autor Hubert Münchmeyer (62), Diakon in der Pfarrei Hl. Petrus und Paulus.

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