Ludwigshafen Badefreuden und Blumenfeste

Leise ratternd zieht das „Bim-Bam-Bähnel“ seine Kreise um die ersten Genossenschafts-Häuser der Gartenstadt. Auf einer großen Platte hat Erich Günther die Geschichte der Gartenstadt lebendig werden lassen. Der Gartenstädter, der selbst in einem der einstöckigen, geduckt wirkenden Häuser mit ihren hohen, ausladenden Walmdächern an der Wachenheimer Straße wohnt, hat drei der historischen Gebäude sowie ein rosafarbenes Einzelhaus mit viel Liebe zum Detail nachgebaut. Auch ein Modell des Nusshofs steht in der Ausstellung. Das war damals das erste Haus des neuen Stadtteils. Doch es gibt noch viel mehr in der Ausstellung zu entdecken. Über zwei Jahre haben die Mitglieder des Fördervereins „100 Jahre Gartenstadt“ die Ausstellung vorbereitet, die jetzt eine Woche lang zu sehen ist. Immer wieder wandte sich der Ortsvorsteher und Fördervereins-Vorsitzende Klaus Schneider (CDU) in Aufrufen an die Gartenstädter und suchte nach historischen Aufnahmen, Dokumenten oder Plänen. So manch verborgener Schatz ist dabei ans Tageslicht gekommen. Ein großformatiger Plan der Stadtentwässerung von 1940 ist dabei oder Handskizzen über die Kriegszerstörungen in der Gartenstadt. Haus für Haus ist darauf festgehalten, welche Gebäude vollkommen zerstört oder stark zerstört, aber noch teilweise bewohnbar waren. Den größten Teil der Ausstellung machen historische Fotografien aus, die etwa von Badefreuden an Kleiner und Großer Blies erzählen, aber auch an Blumenfeste und Sommertagszüge früherer Jahre erinnern. An vielen Stellen haben die Macher der Ausstellung den historischen Aufnahmen aktuelle Fotos gegenübergestellt. Die meisten historischen Aufnahmen stammen aus der Fotosammlung des Stadtarchivs. Stadtarchivar Stefan Mörz wies in seinem Grußwort auf die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf die Entstehung der Gartenstadt hin. Zunächst wurden die Bauarbeiten an den ersten Häusern nach Kriegsausbruch eingestellt. Um für die zurückkehrenden Soldaten Wohnraum zu schaffen, schenkte der Unternehmer Friedrich Raschig der Stadt 1916 ein großes Grundstück auf dem Hochfeld. „Diese Schenkung führte dann zur Entwicklung der Gartenstadt im großen Stil nach Norden“, sagte Mörz. Der Stadtarchivar betonte außerdem, dass die Niederfeld-Siedlung keine Siedlung aus der NS-Zeit sei. Baubeginn war schon 1932. Heinz Trasch, der Autor der Festschrift „100 Jahre Gartenstadt“, übernahm die inhaltliche Einführung in die Ausstellung. Die rund 80 Besucher erfuhren, dass das Gebiet der Gartenstadt auch archäologisch geprägt ist. 1935 fand man Hockergräber aus der jüngeren Steinzeit, zwei Jahre später entdeckten die Archäologen Funde aus der Bronzezeit. Die Ausstellung ist nicht chronologisch, sondern thematisch aufgebaut und besteht aus fünf Teilen. Zu Beginn dokumentieren Luftaufnahmen und Stadtpläne die Entwicklung des Stadtteils. Weiter geht es dann mit der baulichen Infrastruktur. Selbstverständlich ist hier auch der 1968 abgerissene Hilbertshof zu finden. Der dritte Abschnitt ist den Menschen der Gartenstadt gewidmet und zeigt spielende Kinder, Sommertags- und Blumenfestumzüge oder die Gartenstädter Originale „Schorsch und Seppl“. Schulen, Kirchen und sozialen Einrichtungen gehört ebenfalls ein eigener Teil der Ausstellung. Breiten Raum nehmen schließlich die Kriegsjahre ein. Kein Wunder, wurden doch 25 Prozent der Gartenstadt im Zweiten Weltkrieg zerstört, wie Trasch berichtete. Bei seinen Recherchen für die Festschrift fand der Gartenstädter auch erstmals Hinweise auf die Patenschaftssiedlung: Für 18 Häuser in der Fuggerstraße und 82 weitere auf dem Hochfeld übernahmen damals nämlich Paten für ein Jahr die Zinsen. „Die Patenschaftssiedlung ist eine echte Verzahnung von Hoch- und Niederfeld“, sagte Trasch.

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