Landau „Erdogan die Meinung gesagt“

Traubensaft zum Auftakt des Neujahrsempfangs der Südpfälzer Grünen: Bundestagsabgeordneter Tobias Lindner (links ) und der Ehren
Traubensaft zum Auftakt des Neujahrsempfangs der Südpfälzer Grünen: Bundestagsabgeordneter Tobias Lindner (links ) und der Ehrengast Cem Özdemir.

Wie man ihn kennt: Kämpferisch, scharfzüngig, kein Blatt vor den Mund nehmend, humorvoll, bürgernah und köstlich schwäbelnd gab sich gestern der frühere Bundesvorsitzende und Europaabgeordnete Cem Özdemir beim Neujahrsempfang der Südpfälzer Bündnisgrünen in Edenkoben.

Das Restaurant Gutshof Ziegelhütte drohte aus den Nähten zu platzen. So groß war der Andrang, um das Aushängeschild der Grünen zu erleben. „Vielleicht wäre der Kurpfalzsaal doch der passendere Rahmen gewesen“, sagte Hotelier Thomas Langhauser angesichts der drangvollen Enge. Dass es sich um einen prominenten Gast handelte, war allein an dem polizeilichen Begleitschutz und an vielen Fotowünschen von Besuchern zu erkennen. Bundestagsabgeordneter Tobias Lindner zeigte sich zunächst verwundert. Er habe geglaubt, dass er seinen Bundestagskollegen und Freund Cem Özdemir ziemlich gut kenne. Doch dass dieser einmal eine Freundin aus Germersheim hatte, das habe er erst aus dem RHEINPFALZ-Interview vom Samstag erfahren. Europa sei nicht das Problem, sondern die Lösung, ermunterte der Südpfälzer dazu, bei den Wahlen für das Europaparlament am 26. Mai mitzumachen. Özdemir dankte seinem Parteifreund Tobias, dass er in seinem Spezialausschuss in Berlin jeden Stein umdrehe, damit mit dem Steuergeld vernünftig umgegangen wird. Bei allem Streit um die Sache dürfe es nicht so sein, dass demokratische Mitbewerber sich als Feinde sehen. „Feinde sind die, die unseren Staat kaputt machen wollen“, wetterte der 53-Jährige. Dass er als normaler Bundestagsabgeordneter unter Polizeischutz stehe, sei traurig genug. Auch sein äußerst kritisches Verhältnis zum türkischen Ministerpräsidenten Erdogan thematisierte der zweifache Familienvater. Er habe es geradezu als ein Fest empfunden, dass er ihm einmal persönlich begegnen und ihm seine Meinung sagen durfte. Was er von seinem diktatorischen Stil halte, das habe er, der Sohn von türkischen Gastarbeitern, ihm auf Türkisch gesagt. Übersetzt mit dem geflügelten Wort: Geben Sie Gedankenfreiheit. Sein Fett bekam auch der russische Präsident Wladimir Putin ab, der seine Kritiker mundtot mache oder ins Gefängnis stecke. Den Rassismus hoffähig zu machen, dieser Vorwurf ging in Richtung AfD. Der FDP hielt er vor, bei den Koalitionsgesprächen davon gelaufen zu sein. So schlecht sei Deutschland nun auch nicht. Das bekannte Lindner-Zitat habe sein Sohn zu seinem Verdruss umgewandelt in: Besser keine Hausaufgaben als schlechte Hausaufgaben. Özdemir gab zu, dass er bei der Einschätzung der Chancen für Trump und den Brexit kolossal daneben gelegen habe. „Bleibt dran, macht Druck“, riet er seinen Parteifreunden in Sachen Elektrifizierung und Reaktivierung von Bahnstrecken.

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