Landau/SÜW Ärzte wollen Praxen vor Ort erhalten

Auch in der Südpfalz wird es in absehbarer Zeit weniger Hausärzte geben.
Auch in der Südpfalz wird es in absehbarer Zeit weniger Hausärzte geben.

Eine Hausarzt-Gemeinschaft aus Klingenmünster hat die Praxis von Bernhard Mertens in der Landauer Ostbahnstraße übernommen. Das Modell macht Mut, denn die hausärztliche Versorgung in der Region steht auf wackligen Beinen: Es gibt zu wenige Nachfolger für Hausärzte, die in Ruhestand gehen.

„Alleine möcht’ ich’s nicht machen.“ Das steht für Dominik Schubert schon lange fest. Der 38-jährige Facharzt für Allgemeinmedizin ist begeistert von den Vorzügen der Gemeinschaftspraxen. Die Kollegen profitieren voneinander, können sich aber auch spezialisieren. Und: Die Zusammenarbeit erhöht die Planungssicherheit. „Der eine kann für den anderen einspringen.“

An dieser Stelle finden Sie Umfragen von Opinary.

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Die jüngste Übernahme in Landau ist nicht die erste für das mittlerweile fünfköpfige Ärzteteam in Klingenmünster. Jacob Müller und Irina Sanarowa haben zuvor in Billigheim-Ingenheim die Praxis von Kurt Becker übernommen. Das Modell hat einen Namen: Übag. Es steht für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft. Viel griffiger ist der neue Name, den das Team gewählt hat: „Palatina Hausarztpraxen“. Dazu zählen die „Praxis am Ostpark“ in Landau, die „Praxis an der alten Post“ in Klingenmünster und die „Praxis am Gänsberg“ in Billigheim-Ingenheim.

Den Anfang hatten Jacob Müller und Irina Sanarowa vor sechs Jahren in Klingenmünster gemacht. Müller übernahm den Kassenarztsitz seines Vaters Albrecht Müller. Sanarowa, die in der Praxis angestellt war, stieg als Teilhaberin mit ein.

Die Südpfalz-Docs

Schon seit Anfang April arbeitet Schubert tageweise in Landau. Kollege Mertens nimmt langsam Abschied. Er ist an zwei Vormittagen noch in der Praxis und wird sich dann Ende Juni komplett in den Ruhestand verabschieden. Künftig wird auch Müller in Landau Patienten behandeln. Die beiden Männer haben sich vor zwei Jahren bei den Südpfalz-Docs kennengelernt. Schubert hat gemeinsam mit dem Allgemeinmediziner Jonas Hofmann-Eifler aus Rheinzabern vor zwei Jahren das Netzwerk junger Hausärzte in der Südpfalz mitgegründet. Beide teilen sich den Vorsitz.

Der Verein möchte junge Ärzte untereinander und mit älteren Medizinern vernetzen. So können Kontakte für Praxisübernahmen oder Gemeinschaftspraxen geknüpft, Junge mit Erfahrenen zusammengebracht werden. Dabei geht es nicht nur um fachlichen Rat. Die kaufmännische Seite der Praxisführung und die Abrechnungen seien nicht Teil des Lehrplans an der Uni, hier stünden viele Neulinge vor böhmischen Dörfern, berichten Schubert und Hofmann-Eifler. Die Verwaltungsarbeit verschlinge umgerechnet immerhin knapp drei Stunden täglich.

„Wir wollen pharmafrei sein“

Auf der anderen Seite könnten die Jungen mit ihrem frischen und aktuellen Wissen zum Gelingen beitragen, ergänzt Schubert. Eine symbiotische Beziehung – beide Seiten können profitieren. Der Verein hat auch Projekte zur Nachwuchsgewinnung für die Südpfalz initiiert, und er bietet neuerdings Online-Schulungen und -Vorträge an, die laut Hofmann-Eifler über die Südpfalz hinaus sehr gut angenommen werden. Wichtig ist beiden, dass die Fortbildung pharmafrei ist. „Es macht unsere Generation aus, dass wir frei sein wollen, welche Medikamente wir verschreiben“, sagt Schubert. Zwar gebe es die Vertreter der Pharmafirmen mit den großen Koffern noch, die am Wartezimmer vorbei ins Behandlungszimmer laufen, aber „das wollen wir vermeiden“.

Die jungen Ärzte sehen sich nicht als Götter in Weiß. „Unser Selbstverständnis ist anders“, sagt Dominik Schubert. Familie und Beruf unter einen Hut bringen – darum gehe es für die meisten. Frauen, die mit rund 80 Prozent den Löwenanteil der Nachwuchsmediziner stellten, seien in besonderer Weise gefordert. Viele junge Mütter wollten nicht in Vollzeit auch noch eine eigene Praxis führen. Für sie sind Teilzeitmodelle im Angestelltenverhältnis oder in einer Gemeinschaftspraxis attraktiver. „So kann man die Lasten verteilen“, erläutert Schubert. Der bürokratische Aufwand in Praxen nehme zu, berichtet er. Es kämen auch immer mehr Patienten. Der Druck wird sich noch erhöhen, wenn die Anzahl der Praxen zurückgeht.

Vorteile überwiegen

Eine Gemeinschaftspraxis sei auch eine Herausforderung, schließlich müssten Kompromisse geschlossen werden. „Das heißt, man muss auch zurückstecken können.“ Für Schubert überwiegen deutlich die Vorteile, das heißt Austausch mit den Kollegen, auch mal Fachsimpeln über die Krankheitsbilder der Patienten. Das Steckenpferd des 38-jährigen gebürtigen Landauers ist die Kardiologie, also die Lehre vom Herzen. Kollege Müller habe lange in der Neurologie (Nerven) gearbeitet. „In einer Gemeinschaftspraxis kann man sich subspezialisieren“, meint Schubert. Die Palatina Hausarztpraxen wollen kein Medizinisches Versorgungszentrum aufbauen. „Wir versuchen mit unserem überörtlichen Modell, gerade die persönliche Arzt-Patienten-Beziehung in der Praxis vor Ort zu erhalten.“ Das Team im Alter von 38 bis 60 Jahre möchte im Sommer einen sechsten Arzt beziehungsweise eine Ärztin einstellen.

Dominik Schubert fühlt sich in Landau pudelwohl. Er wohnt mit seiner Frau und der eineinhalbjährigen Tochter seit Kurzem wieder hier. In Landau geboren, ist er nach dem Abitur am Max-Slevogt-Gymnasium zum Studium nach Heidelberg. Weitere Stationen waren Berlin, Mannheim und Speyer. Nun also wieder Landau.

Lieber gemeinsam statt als Einzelkämpfer (von links): Jacob Müller, Irina Sanarowa und Dominik Schubert sind Teilhaber der Praxi
Lieber gemeinsam statt als Einzelkämpfer (von links): Jacob Müller, Irina Sanarowa und Dominik Schubert sind Teilhaber der Praxisgemeinschaft. Die beiden Ärzte versorgen jetzt auch Patienten in Landau.
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