Lokalsport Südpfalz Wenn es zwischen Schlitzohren und „Bekloppten“ still wird

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Landau. Nein, glanzvoll ist sie nicht, die alte Süwega-Halle. Eher heruntergekommen ist die Landauer Sportstätte mit ihrem alten Holzboden und dem zugigen Gemäuer. Doch den Boxern des ASV Landau, die gerade im Schweiße ihres Angesichts ihre Körper stählen, macht das nichts aus.

Drei lizenzierte Trainer beobachten jede Bewegung der zwölf Kämpfer – zwei Frauen und zehn Männern: Der 58-jährige Herxheimer Michael Heck, der 43-jährige Waldrohrbacher Frank Bader-Goll und der 45-jährige Haßlocher Maik de Sousa leiten die Trainingseinheiten jeden Montag, Mittwoch und Freitag. Mittwochs kommt jemand, zu dem sie wohl alle aufschauen. Valentin Silaghi leitet dann die Trainingsarbeit. Die Sportler stehen stramm, wenn der 58-jährige Rülzheimer ansagt, was für Übungen auf dem Plan stehen. Wenn der Mann in dem roten Trainingsanzug spricht, ist es mucksmäuschenstill in der Halle. Die Sportlerbiografie des Rumänen kann sich sehen lassen. Bei der Europameisterschaft 1979 gewann der Mittelgewichtler eine Silbermedaille, 1980 errang Silaghi bei den Olympischen Spielen in Moskau Bronze und ein Jahr darauf, bei den Europameisterschaften im finnischen Tampere, erneut Bronze. „Denkt dran, es reicht nicht, nur hier im Training dabei zu sein. Ihr müsst auch zu Hause etwas für eure Kondition tun“, gibt Silaghi seinen Schützlingen auf den Weg, ehe sie von den anderen Coaches beim Warmmachen beaufsichtigt werden. Silaghi ist immer noch dick im Geschäft. Er ist Bundestrainer am Olympiastützpunkt in Heidelberg und trainiert dort die 25 besten Boxer der Region. „Ein Boxbekloppter“, wie ihn der 70-jährige Vorsitzende der Boxabteilung des ASV Landau, Manfred Knoll, bezeichnet. Er ist sichtlich stolz, dass Silaghi ohne jegliche Bezahlung sein Wissen an die ASV-Kämpfer weitergibt – trotz zeitlicher Mehrbelastung. Er wisse gar nicht mehr, wie seine Frau bei Tag aussehe, sagt Silaghi. Schließlich arbeite er in Heidelberg fast an jedem Tag von 9 Uhr morgens bis 22 Uhr in der Nacht. Mittwochnachmittags hat er halt frei. Die Zeit nutzt er jetzt, um die Talente des ASV zu trainieren, wie zum Beispiel die Landauer Nachwuchshoffnung Bujar Tahiri. „Eigentlich war es reiner Zufall, dass ich zum Boxen gekommen bin“, erzählt Silaghi und muss lachen. In seiner Heimat Rumänien habe er sich vor der Kartoffelernte drücken wollen. Zu ernten, das wäre Pflicht für alle Schüler gewesen. Als sich dann aber ein Mitschüler mit der Begründung abmeldete, er müsse zum Boxtraining, habe er einfach behauptet, dass er auch Boxer sei. „Stimmte aber gar nicht“, sagt Silaghi und grinst spitzbübisch. Das passt dann auch ganz dazu, was ein guter Boxer in seinen Augen sein muss: ein Schlitzohr. „Schnelligkeit, Geschicklichkeit, ein gutes Auge, Reflexe und Koordination, das braucht ein Kämpfer“, sagt Silaghi und ruft seine Truppe zusammen. Jetzt übernimmt er wieder persönlich – nun wird die Beinarbeit trainiert. „Es macht einfach Spaß, mit ihm zu trainieren, und man kann auch so viel von ihm lernen“, sagt die 20-jährige Landauerin Adelina Gavazi. Die Bankkauffrau, die bereits zwei Kämpfe absolviert hat, bewundert die Erfahrung und Disziplin des Coachs. Erfahrung hat der genug. Nachdem er in den 1980er-Jahren aus Rumänien in die Bundesrepublik geflohen war, heuerte er bei Bayer Leverkusen an und wurde mit dem Werksverein Deutscher Meister. Seit 1990, mit Unterbrechung, ist er nun schon Bundestrainer. Zwischendurch entdeckte er den späteren Profi Luan Krasniqi und sorgte, laut eigener Aussage, über Kontakte zum CDU-Politiker Heiner Geißler, dafür, dass Krasniqi die deutsche Staatsbürgerschaft erhielt. „Tun sie mir bitte einen Gefallen. Schreiben Sie bitte noch, dass ich Herrn Geißler noch einmal treffen will. Ich bin ihm sehr sehr dankbar“, bittet Silaghi zum Abschied. Schließlich habe der wohl auch dafür gesorgt, dass er die Stelle als Bundestrainer erhalten habe.

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