Kreis Südwestpfalz „Morgens bis abends auf Strich“

Unter dem Vorwurf der Zuhälterei und Körperverletzung stehen ein 46-jähriger Saarbrücker und seine sechs Jahre ältere Ehefrau vor dem Landgericht. In dem Prozess, in dem es auch um Prostitution in der Homburger Eisenbahnstraße geht (wir berichteten), machten gestern Saarbrücker Polizeibeamte und eine Rechtsmedizinerin ihre Aussagen.

Die Anklage wirft den Eheleuten vor, sie hätten eine heute 42-jährige Frau jahrelang mit Schlägen zu mehr Einsatz bei der Prostitution angetrieben – und zwar morgens in Homburg und abends in Saarbrücken. Sie hätten ihr Opfer ausgebeutet und ihm im Zeitraum von 2012 bis 2016 über 660 000 Euro abgepresst, um ein luxuriöses Leben führen zu können – mit vier teuren Autos, darunter einem Lamborghini und einem Porsche. Von den Einnahmen aus der Sexarbeit habe die 42-jährige nur 20 Euro pro Woche bekommen. Ein Polizist sagte, dass die Frau „sehr spartanisch“ in einer Saarbrücker Einzimmerwohnung habe leben müssen. Gestern ließen die Eheleute ihre Anwälte für sich sprechen. Sie bestreiten nicht, Geld aus Prostitution eingenommen zu haben. „Es waren 120 000 Euro. Wir hatten uns an das Geld gewöhnt und wollten darauf nicht verzichten“, ließen die Mandanten ausrichten. Sie bestreiten aber den Vorwurf, ihr Opfer durch Schläge mit einer Eisenstange und Verbrühen des Oberkörpers mit heißem Wasser traktiert zu haben – geschweige denn durch Misshandeln der Arme mit einem Bürotacker. Das Paar räumt lediglich eine einzige „Backpfeife“ ein. Im Gutachten der Gerichtsmedizinerin sind ältere Wunden am Körper der 42-jährigen verzeichnet, die von stumpfer Gewalt herrühren. Frisch sei hingegen eine Platzwunde an der Unterlippe: Wegen dieser, so die Ärztin, habe sie sich an die Polizei gewandt. „Ich kenne alle Prostituierten vom Saarbrücker Straßenstrich“, sagte ein Kommissar als Sachbearbeiter von der Polizei: „Sie stand wahnsinnig unter Druck. Sie musste von morgens bis abends der Prostitution nachgehen.“ Bei ihren Kolleginnen auf der Straße sei sie nicht beliebt gewesen, weil sie alle Liebesdienste angenommen und damit die Preise verdorben habe, sagte der Kommissar. Weil sie öfter den Saarbrücker Sperrbezirk missachtet habe, sei sie von ihm mehrmals verwarnt und angezeigt worden. Morgens habe sie sich in der Homburger Eisenbahnstraße den Männern angeboten, die dort ein Pornokino verließen. Abends sei sie auf dem Saarbrücker Straßenstrich gewesen: „Sie war rund um die Uhr anschaffen.“ Nachdem Anzeige ergangen war, durchsuchte die Polizei mithilfe eines Sonder-Einsatzkommandos (SEK) das Saarbrücker Haus des Ehepaars. Der Ermittler: „Wir haben das Haus, den Pool und den Partyraum durchsucht und fanden in der hintersten Ecke die Ausweise der 42-jährigen und 10 000 Euro Bargeld.“ In Handys habe man Anweisungen an die Prostituierte gefunden, wann und wo sie anschaffen sollte – nebst Mitteilungen zur Zahl der Freier und den Tageseinnahmen. In einer Nachricht hieß es: „Heute 810 Euro verdient.“ Antwort:„Au lecker.“ Der Prozess wird fortgesetzt. |wuk

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