Kreis Südwestpfalz Ein Kuseler im Stahlzylinder

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KUSEL. „Das macht definitiv nicht jeder“, sagt Philipp Engels. Der 23-jährige Kuseler ist Obermaat bei der Deutschen Marine und bedient das Sonar im Uboot. Im vergangenen Jahr war er rund 200 Tage auf See. Die größte Herausforderung an Bord sei dabei nicht etwa die fehlende Privatsphäre an Bord, sondern sich an den Tagesrhythmus zu gewöhnen.

„Eigentlich bin ich ja gelernter Koch“, sagt Philipp Engels mit verschmitztem Lächeln. Nach seiner Lehre – unter anderem im Burgrestaurant auf Burg Lichtenberg und im Blechhammerhotel in Kaiserslautern – wollte er zwar weiter als Koch arbeiten, sehnte sich aber nach geregelten Arbeitszeiten und einem höheren Einkommen. Doch wie so oft im Leben kommt es anders. Der 23-Jährige steuerte sprichwörtlich einen anderen Hafen als berufliches Ziel an. Denn im Oktober 2012 begann er seine Unteroffizierslaufbahn bei der Deutschen Marine. Nach der Grundausbildung in Bremerhaven – „das war noch alles auf dem Wasser“ – ging es für Engels weiter nach Plön zur Marineunteroffizierschule und zur U-Boot-Basis- und Einsatzausbildung in Eckernförde, wo der er nun stationiert ist und auch lebt. Allerdings verbringt Engels mittlerweile mehr Zeit auf und unter Wasser als an Land. Im zu Ende gehenden Jahr war der 23-Jährige rund 200 Tage auf See und mit seinen 28 Kameraden – so groß ist die U-Boot-Besatzung – unter anderem vor Finnland, England, Spanien, Portugal und Zypern unterwegs. Unter Deck betreut der Obermaat das Sonar. Sonar leitet sich vom englischen Wort „Sound Navigation and Ranging“ ab. „Beim Sonar geht es um die Navigation, die Ortung und Vermessung“, sagt Engels und erläutert, dass andere Schiffe beispielsweise durch die Bewegung der Schiffsschraube Schallwellen erzeugen, die sich unter Wasser ausbreiten. „Diese Geräusche kann man herausfiltern und dadurch auf die Art des Fahrzeugs und dessen Entfernung von uns schließen.“ Ganz einfach ausgedrückt, helfen die sogenannten Sonis dabei, nicht mit einem anderen Schiff zu kollidieren und Entfernungen zu diesen einzuschätzen. Befindet sich das Uboot über Wasser, werden an Deck Wachposten aufgestellt, die nach anderen Wasserfahrzeugen Ausschau halten. Engels achtet bei seiner Tätigkeit nicht nur auf Geräusche der Schiffsschraube. „Da sind Kettengeräusche. Wenn jemand auf einem anderen Schiff laut spricht, die Tür zuknallt oder die Toilettenspülung benutzt. All das kann man herausfiltern. Man kann sogar niedrig fliegende Hubschrauber mittels Sonar empfangen“, beschreibt Engels, der sich in seiner Soni-Ausbildung sehr viel mit Mathematik und Geräuschkunde beschäftigte. Vor allem kleine Fischer müssen großzügig umfahren werden, da diese oft im Zickzackkurs unterwegs sind und meist ein Netz hinter sich herziehen. Doch was das eigene Uboot empfangen kann, können im Ernstfall auch feindliche. Deswegen herrsche bei Übungen unter Wasser – wie tief die Uboote tauchen können, darf Engels nicht verraten – Gesprächsdisziplin. „Wir wollen genau diese Arbeitsgeräusche vermeiden. Dann darf auch niemand zur Toilette“, ergänzt der Kuseler. Bis zu drei Wochen kann das 56 Meter lange und sieben Meter breite Uboot dank der Brennstoffzelle, die Sauerstoff und Wasserstoff in Strom umwandelt, unter Wasser bleiben – ohne Fenster, ohne Handyempfang. „Das kann man auch genießen, mal abgekoppelt zu sein“, sagt Engels augenzwinkernd. Gearbeitet wird in einem Sechs-Stunden-Rhythmus, zum Beispiel von 0 bis 6 Uhr und dann wieder von 12 bis 18 Uhr. „Sich an diesen Rhythmus zu gewöhnen, war eigentlich das Schwierigste“, erinnert sich Engels, der nicht ausschließlich das Sonar betreut. „Es sind immer kleinere Arbeiten zu verrichten. Oft hilft man auch in anderen Bereichen, um ein Verständnis für die Tätigkeit anderer zu erhalten. Man lernt jeden Tag etwas Neues.“ Die Freizeit an Bord verbringen Engels und seine Kameraden unterschiedlich. Neben dem Pflichtprogramm essen, spülen, putzen nutzen die überwiegend männlichen Besatzungsmitglieder ihre Zeit zum Kartenspielen, zum Trainieren, oder Fernsehen. „Es gibt aber auch Leute, die sich nur ausruhen wollen.“ Geschlafen wird in 70 Zentimeter breiten Pritschen, diese müssen sich die Soldaten im Schichtbetrieb teilen. „Das ist an Bord auch der einzige Ort, an dem man für sich ist, abgesehen von der Toilette“, beschreibt Engels die fehlende Privatsphäre, stellt jedoch klar: „So eng wie in den Filmen ist es an Bord aber nicht.“ Dem einen oder anderen könne hin und wieder auch der Wellengang zu schaffen machen. „Um eine Welle von einem Meter auszugleichen, müssen wir zehn Meter tief tauchen. Wir sind auch schon bei sieben Meter hohen Wellen gefahren. Das spürt man schon.“ Umso schöner seien dann die Landaufenthalte, bei denen die Marinesoldaten in Hotels untergebracht werden („An Bord haben wir nicht für alle Platz“). „Das Tollste daran, ist in einem Bett zu schlafen“, sagt der 23-Jährige lachend. Meist bleibe auch etwas Zeit, sich die Städte oder Länder etwas anzuschauen. „Man kommt schon rum.“ Die Weihnachtsfeiertage hat Engels weit weg vom Meer bei seinen Eltern in Kusel verbracht. Doch als gelernter Koch muss der 23-Jährige natürlich gerade an solchen Tagen auch daheim mit anpacken. „Wir haben eine Vereinbarung: Er kocht und ich räume hinterher die Küche auf“, sagt Engels Mutter Jutta.

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