Kommunalwahl / Pfälzerwald Wahl-Kuriosum: Das Tal, in dem die Kandidaten nicht kandidieren
Im Luger Tal scheinen die Uhren etwas anders zu ticken. Seit vielen Jahren gehen die Mini-Waldgemeinden in der Verbandsgemeinde Hauenstein einen eigenen Weg bei der Bestimmung ihres künftigen Dorfoberhaupts. Während landauf, landab Parteimitglieder oder Einzelbewerber im Vorfeld der Wahl ihren Hut in den Ring werfen und für den Ortsbürgermeisterposten kandidieren, ist in fünf Gemeinden dort kein Wahlvorschlag eingereicht worden. Das passiert auch andernorts mal, weil sich niemand findet, der das Amt übernehmen will. Im Luger Tal ist das jedoch gar nicht der Fall. Dort stehen – zumindest in drei Orten – die Amtsinhaber für eine weitere Legislaturperiode zur Verfügung. Nur auf dem Wahlzettel, da stehen sie nicht.
„Bei uns gibt es eine Mehrheitswahl. Die Wähler bekommen einen leeren Zettel und können dann die Namen draufschreiben, die sie gerne hätten“, erklärt der Luger Ortsbürgermeister Hermann Rippberger. Bis zu zwölf Namen – so viele, wie der Gemeinderat des 600-Einwohner-Dorfs Mitglieder hat. Dieser wiederum wählt dann bei seiner konstituierenden Sitzung den neuen Ortschef. In Lug, Darstein und Schwanheim werde nach diesem Prinzip schon seit langer Zeit verfahren, berichtet Peter Jost vom Wahlamt der Verbandsgemeinde Hauenstein. „Dies dürfte so mindestens seit der Kommunalwahl 1999 der Fall sein.“ In Dimbach hatten die Bürger vor 15 Jahren mal die Wahl zwischen zwei Kandidaten, danach überließ die 189-Einwohner-Gemeinde wieder ihren Bürgern die Geschicke und gab keine Listen vor.
Namensvorschläge im Amtsblatt
Und so wird es auch am 9. Juni wieder sein, wie Ortsbürgermeister Thomas Funck berichtet. Der 55-Jährige kam 2009 in den Rat, damals als Beigeordneter, 2014 wurde er von diesem zum ersten Mal als Ortschef gewählt. Und er stehe für das Amt auch weiterhin zur Verfügung. Aber da er nicht als Direktkandidat angetreten sei, sei letztlich die Zusammensetzung des Gemeinderats für die Nachfolgewahl entscheidend, erklärt er.
Um den Bürgern die Namensauswahl leichter zu machen, werde im Vorfeld der Wahl im Ort rumgefragt, wer bereit sei, ein Mandat zu übernehmen. Die Namen würden dann im Amtsblatt veröffentlicht, erklärt Rippberger das Vorgehen in Lug. Auch der 73-Jährige würde eine dritte Amtszeit übernehmen.
Fünf Amtszeiten ohne Kandidatur
Ebenso wie sein Schwanheimer Kollege Herbert Schwarzmüller, der grundsätzlich bereit ist, auch künftig Verantwortung zu übernehmen, er wie sagt. Sollte er wieder für den Posten auserkoren werden. Denn auch in Schwanheim fällt die finale Entscheidung erst durch den Gemeinderat. „Die neu gewählten Personen setzen sich zusammen und besprechen die zukünftige Aufgabenverteilung“, erklärt der 56-Jährige, der seit 1999 Ortsbürgermeister ist.
Warum das im Luger Tal so ist? Da sind selbst die Beteiligten etwas überfragt. „So weit ich denken kann, wird das schon so bei uns gemacht“, sagt Rippberger. Besonders in kleinen Gemeinden sei es eben schwierig, jemanden zu finden. Das Verfahren sei eigentlich gar nicht so unüblich, sagt Jost von der Verbandsgemeinde, selbst wenn ihm kein Grund dafür bekannt ist. Auch auf der Sickinger Höhe haben die Gemeinderäte in der Vergangenheit immer einen Ortschef aus ihrer Mitte gewählt. „Vielleicht taktiert auch der ein oder andere Bewerber damit“, mutmaßt er, „um zu sehen, wie der neue Gemeinderat nach der Wahl aussieht und mit welchen Ratsmitgliedern er es dann zu tun hat.“
572-Einwohner-Dorf mit drei Beigeordneten
Weniger Taktik als viel mehr Gemeinschaftssinn sieht Schwarzmüller als Grund jenes Vorgehens. „So kleine Gemeinden wie bei uns sind nicht für Polarisierung gedacht. Da geht es darum: Wie stellt man die Gemeindeführung so auf, dass sie gemeinsam operieren kann“, findet der Schwanheimer, der für eine sechste Amtszeit bereit wäre. Wenn der neu gewählte Personenkreis ihn dabei unterstützen würde. Gerade als Berufstätiger lasse sich solch ein Ehrenamt nur stemmen, wenn man die Aufgaben auf mehrere Schultern verteile.
So wurden in der 572-Einwohner-Gemeinde vor fünf Jahren drei Beigeordnete vom Rat gewählt – übrigens ebenso wie die Ortsbürgermeister einstimmig. „Das Modell kennt man ja auch von vielen Vereinen. Da gibt es mittlerweile nicht nur einen Vorsitzenden, sondern drei oder vier – mit jeweils eigenen Aufgabenbereichen. Und in der Kommunalpolitik geht es auch in die Richtung“, ist die Einschätzung des 56-Jährigen, der beim Vermessungs- und Katasteramt arbeitet. Denn ansonsten könnten nur noch Rentner in solchen Positionen tätig sein.
In zwei Gemeinden stehen Zeichen auf neu
Die Zeichen auf neu stehen in Darstein, wo Armin Ladenberger 15 Jahre die Geschicke leitete. Für eine weitere Amtszeit steht er nicht zur Verfügung, wie er schon länger zu verstehen gab. Einzelbewerber sind auch in dem 190-Seelen-Ort nicht Usus. Und diesmal wird überdies die Zusammenstellung der Gemeinderats eine Überraschungstüte. „Bei den letzten Wahlen haben wir immer eine Vorschlagsliste aufgestellt, auf der alle Namen waren, die in den Gemeinderat wollten“, erklärt der 69-Jährige. Diesmal habe der Rat entschieden, keine Liste in Umlauf zu bringen. Zudem hätten drei der sechs bisherigen Ratsmitglieder verdeutlicht, nicht mehr zu „kandidieren“, berichtet Ladenberger. „Es ist also völlig unklar, wie der künftige Gemeinderat aussehen wird“, der den neuen Ortschef wählt. „Ich gehe davon aus, aus diesem Grund hat sich noch niemand positioniert, das Amt anzustreben.“
Auch in Spirkelbach gibt es keinen Bewerber für das Amt an der Spitze, obwohl es dort in der Vergangenheit meistens einen oder mehrere Kandidaten gegeben hat, wie Jost berichtet. Seit 2009 ist Edgar Perret der erste Mann im Dorf. Doch nach 45 Jahren Engagement im Gemeinderat will der 70-Jährige wohl nun nicht noch einmal in der vorderen Reihe stehen, ist aus den Nachbargemeinden zu hören. Auf Anfrage der RHEINPFALZ äußerte er sich nicht. Hier wird die Bürgermeisterfrage der neue Rat zu klären haben.
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