Kreis Südliche Weinstraße Schorle statt „lüttje Lage“

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Beim Fest des Federweißen in Oberhofen lernt der Carsten Sieling, Chef des kleinsten deutschen Bundeslands, auf Einladung von SPD-Bundestagsabgeordnetem Thomas Hitschler und SPD-Landtagsabgeordnetem Alexander Schweitzer „die Festkultur der Südpfalz“ hautnah kennen. „Das ist ein Tupfenglas“, übersetzt Schweitzer mehr oder weniger korrekt, als man sich in fröhlicher Tischrunde zuprostet. „Manche halten es für eine Blumenvase“, sagt Weinprinzessin Carolin Weber lachend. Und Sieling betrachtet die Dubbe und meint trocken: „In Bremen würde man sagen, das sind Bullaugen vom Schiff …“ Wie kommt ein hanseatischer Politiker in die Pfalz? Ganz einfach: Sielings Schwester Claudia lebt seit 18 Jahren in Landau und er besucht sie immer wieder gern. Der Bremer Landeschef und seine Schwester, die als Therapeutin an der Fachklinik Eußerthal arbeitet, haben augenscheinlich die gleiche offene und unkomplizierte Art, auf Menschen zuzugehen – keine Spur von hanseatischer Kühle. Sie „fremdeln“ also kein bisschen bei der Weinfesttour. Als die Gäste den großen Innenhof im Weingut Brendel betreten, brandet frenetischer Beifall auf. Hoppla, kennt man den Bremer Bürgermeister etwa schon in Pleisweiler-Oberhofen? Nein, so weit ist es doch noch nicht. Der Applaus gilt der Blascapella aus Donauwörth, die gerade mit dicken Backen das „Prosit der Gemütlichkeit“ verklingen lässt. Claudia Sieling, so ist beim Zuprosten zu erfahren, ist Mitglied des SPD-Unterbezirksvorstands. So kam der Kontakt ihre Bruders zum UB-Vorsitzenden Thomas Hitschler zustande. 2013 haben die beiden Politiker zum ersten Mal „Kaffee am Untertorplatz getrunken“. Eine Weile waren sie gemeinsam im Bundestag und pflegten guten Kontakt, wobei Sieling Vorsitzender der parlamentarischen Linken war. Als der 56-Jährige Mitte Juli in Bremen zum Bürgermeister gewählt wurde, musste er sein Mandat niederlegen. „Leider verlieren wir oft die Besten an die Länder“, grummelt Hitschler. Dennoch ist Carsten Sieling häufig in Berlin, denn Anfang Oktober übernahm er turnusgemäß von Malu Dreyer das Amt des Vorsitzenden der Ministerpräsidenten-Konferenz. Nachdem Pleisweiler. Oberhofens Ortsbürgermeister Roland Gruschinski die Gemeinde kurz vorgestellt hat, wagt Sieling eine kühne Bemerkung. „Bremen ist ja eigentlich die Weinhauptstadt Deutschlands“, behauptet er und die Pfälzer am Tisch machen große Augen. Die Stadt sei ein gigantischer Weinumschlagsplatz, erläutert er, viele Im- und Exporteure handelten dort mit dem guten Tropfen. Und der Ratskeller, über dem Sieling residiert, der sei ein riesiges Weinlager. Er selbst trinkt gern Weißen aus Italien und Roten aus Frankreich, verachtet aber auch den Pfälzer Rebensaft nicht. Beim Anblick der vielen Pfälzer, die sich’s beim Weinfest gut gehen lassen, die schunkeln, mitsingen, klatschen und lachen, denkt Carsten Sieling an den Bremer Freimarkt, das größte Volksfest im Norden, das in der zweiten Oktoberhälfte gefeiert wird. Genauso temperamentvoll und genussfreudig seien seine Bürger bei diesem Fest. Nur trinken sie eher „lüttje Lage“ – also Bier und Korn, sagt er. Und nimmt genüsslich noch einen Schluck vom Pfälzer Wein. (rire)

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