Kreis Südliche Weinstraße Runter von der Intensivstation

Zur Überbrückung des Ärztemangels auf dem Land schlägt Ludwig die Errichtung kleiner kommunaler Gesundheitszentren in den Dörfer
Zur Überbrückung des Ärztemangels auf dem Land schlägt Ludwig die Errichtung kleiner kommunaler Gesundheitszentren in den Dörfern vor.

Fred-Holger Ludwig beschäftigt sich nicht nur aus beruflichen Gründen intensiv mit der Gesundheitspolitik. Als Stadtbürgermeister von Bad Bergzabern blickt er auch aus der Sicht des Kommunalpolitikers auf diesem Gebiet. Zumal das Thema Gesundheit in einer Kurstadt mit einem hohen Anteil an älteren Bürgern naturgemäß eine große Rolle spielt. „Gesundheitspolitik hat nicht nur in der Wählerstrategie einer Partei einen hohen Stellenwert“, betont der Christdemokart, „sondern sie ist auch Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.“ Man müsse auch immer die Bezahlbarkeit im Auge behalten, das bedeute: die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit jedes einzelnen Bürgers. Ludwig ist Vorsitzender der rheinland-pfälzischen Senioren-Union und Mitglied des Bundesvorstandes der Senioren-Union. Dort will er seine Verbesserungsvorschläge für das Gesundheitswesen vor allem für ländlichen Regionen zur Diskussion stellen und absegnen lassen. Anschließend sollen sich dann die Gremien der CDU damit beschäftigen. Als problematisch sieht Ludwig die Situation bei den niedergelassenen Ärzten an. Schon heute stehen etliche Praxen leer, durch die Altersstruktur bei den niedergelassenen Ärzte wird sich das Problem verschärfen. „Es geht dabei nicht nur um die ärztliche Versorgung“, sagt Ludwig, „sondern es gibt auch einen sozialen Aspekt. Alterseinsamkeit ist ein Problem. Für viele ältere Menschen ist ein Wartezimmer ein Ort der Kommunikation, manchmal der einzige.“ Ludwig hat einige Jahre als Hausarzt gearbeitet, sprich also aus eigener Erfahrung. Um die ärztliche Versorgung besonders im ländlichen Raum sicherstellen zu können, müsse es Änderungen in der Gesundheitspolitik geben. So müsse mit den Kommunen eruiert werden, wie viele Ärzte gebraucht würden. Das dürfe nicht von oben festgelegt werden. Ludwig fordert auch, dass die Bedarfsplanung durch die Kassenärztliche Vereinigung anders geregelt werden müsse. In der Bedarfsplanung wird geregelt, wie viele Ärzte es in einer Region geben darf und wie sie verteilt sind. Es dürfe nicht sein, dass die Planungsbezirke Stadtfläche und Landfläche gleichberechtigt in einer Bedarfsgemeinschaft seien. Das würde oft zu einer Unterversorgung in den Dörfern und einer Überversorgung in der Stadt führen. „Wir sind da absolut bei Herrn Ludwig“, sagt Rainer Saurwein, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes mit Sitz in Mainz, „nur unsere Einflussmöglichkeiten sind da gering.“ Geregelt ist die Bedarfsplanung im SGB V, dem fünften Buch des Sozialgesetzgebungsbuchs. „Das bedeutet, das erst der Gesetzgeber aktiv werden muss“, so Saurwein. Eingeführt wurde die Bedarfsplanung in den 1990er-Jahren, als eine Ärzteschwemme befürchtet wurde. „Man müsste die Bedarfsplanung komplett abschaffen, denn aktuell spiegelt sie nicht den tatsächlichen Bedarf an Ärzten wider“, sagt Saurwein. „Es müssen dringend mehr Ärzte ausgebildet werden“, betont Ludwig. Er fordert den Abbau des Numerus clausus und die Schaffung von zusätzlichen Studienplätzen in Rheinland-Pfalz. Ludwig bringt außerdem eine grenzüberschreitende medizinische Fachhochschule ins Gespräch, die in der Südpfalz oder im Elsass eingerichtet werden könnte. „Wer glaubt, nur durch Umorganisation das Problem der ärztlichen Versorgung zu lösen, ohne mehr Ärzte auszubilden, der wird scheitern“, meint Ludwig. Er erinnert daran, dass in Rheinland-Pfalz in den 1990er-Jahren medizinische Studienplätze deutlich abgebaut wurden. Zur Überbrückung des Ärztemangels auf dem Land schlägt Ludwig die Errichtung kleiner kommunaler Gesundheitszentren vor. Dazu gehört die Anstellung einer Gemeindeschwester durch die Kommune. „Sie wäre der erste Ansprechpartner in den Gemeinden.“ Ludwig denkt an eine ausgebildete Krankenschwester, die ärztliche Hilfstätigkeiten verrichten kann, wie Spritzen setzen, Wundverbände anlegen oder sicherstellen, dass Patienten ihre Medikamente einnehmen. In jeder Kommune, die ohne Hausarzt ist und deren Kranke durch einen in einer Nachbarkommune tätigen Hausarzt versorgt werden, soll nach einem Vorschlag Ludwigs im Dorfgemeinschafts- oder Bürgerhaus ein aus zwei Zimmern bestehender Bereich eingerichtet werden. Dort könnten sogenannte Rezeptsprechstunden abgehalten und mit der Gemeindeschwester die weitere Patientenbetreuung abgestimmt werden. „Die Räume können auch für Ernährungsberatung oder für Renten-, Sozial- oder Pflegeberatung genutzt werden. Ich könnte mir auch vorstellen, dass ein Zahnarzt dort Sprechstunden abhält“, sagt Ludwig. Der 72-Jährige sieht das Fördern der Gesundheit in Selbstverantwortung als eine der zentralen Zukunftsaufgaben, dazu gehört unter anderem eine umfassende Beratung. „War bisher Gesundheitspolitik zentral auf Heilung von Krankheiten abgestellt, muss in Zukunft ein Schwerpunkt auf Erhalt, Prävention und Förderung der Gesundheit gelegt werden.“ Ein weiterer Kritikpunkt Ludwigs ist die Apothekenversorgung, vor allem in der Grenzregion, besonders wegen unklarer Kostenübernahmeregelungen durch die Kassen. „Wenn ich in Schweigen-Rechtenbach wohne und mir meine Medikamente in einer Apotheke in Weißenburg besorge, bezahlt die Krankenkasse diese nur, wenn sie in Frankreich billiger sind als in Deutschland. Hier funktioniert Europa nicht“, meint Ludwig. Die Regelung, dass die nächste diensthabende Apotheke in einer Entfernung von 25 Kilometer Luftlinie sein müsse, hält er gerade für ältere Menschen für unzumutbar. „Das kann bei der ÖPNV-Versorgung in manchen Regionen bedeuten, dass man den ganzen Tag unterwegs ist.“

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