Kreis Südliche Weinstraße Miteinander, nicht nebeneinander

Die der Straße zugewandte Fassade der „Ludwigschule“ (rechts) soll in der historischen Form erhalten bleiben. An den anderen Geb
Die der Straße zugewandte Fassade der »Ludwigschule« (rechts) soll in der historischen Form erhalten bleiben. An den anderen Gebäudeseiten wird Hand angelegt, um Balkone anzubauen.

Die Mitglieder des Vereins „ZammeZiehe“ sitzen im Restaurant Ludwigs zusammen und lassen es sich bei Bier und Burger gut gehen. Sie stoßen auf ihr neues Zuhause an, das Ende 2019 in der Weinstraße bezugsfertig sein soll. Viele am Tisch kennen sich schon seit etlichen Jahren. Doch bei diesem Treffen können die Frauen und Männer ein neues Gesicht in der Runde begrüßen: Einen Mann aus der Nähe von Neunkirchen, der aus privaten Gründen namentlich nicht genannt werden möchte. Er strebt einen Neuanfang an, weit weg von seinem Zuhause. In Edenkoben könnte er fündig werden. In dem Gebäude, das Ende des 19. Jahrhunderts unter König Ludwig II. errichtet wurde, wird die Gemeinschaft großgeschrieben. Ähnlich wie in einer Wohngemeinschaft hat jeder Bewohner seinen Rückzugsort. Bezeichnend für diese gemeinschaftliche Wohnform ist aber, dass man kein einzelnes Zimmer, sondern eine Wohnung für sich hat. Zudem stehen Aktionen wie gemeinsames Kochen stärker im Vordergrund. „Wir wollen miteinander leben, nicht nebeneinander. Auch gegenseitiges Vertrauen liegt uns am Herzen“, erzählt Vereinsvorsitzende Susanne Roth. Ging der Kaufvertrag Anfang 2018 über die Bühne, sind inzwischen neun Wochen vergangen, seit die Ludwigspalast GmbH & Co. KG symbolisch den Schlüssel für das historische Sandsteingebäude überreicht bekommen hat. Die Gesellschaft ging aus dem Verein „ZammeZiehe“ hervor, deren Mitglieder das Wohnprojekt vor einigen Jahren angestoßen haben. Fanden im Gebäude zuletzt Rückbauarbeiten statt, bei denen unter anderem das Dachgeschoss freigelegt sowie Türen und abgehängte Decken entfernt wurden, folgen nun größere Umbauarbeiten. Derzeit laufen die Ausschreibungen für die Gewerke, informiert die Architektin des Projektes, Berta Heyl. „Läuft alles nach Plan, können wir im August beginnen.“ Insgesamt neun Wohnungen in der Größe zwischen 60 und 124 Quadratmetern werden in der früheren Schule entstehen. Eine Wohnung ist noch zu haben, sagt Alexander Grünenwald, der Geschäftsführer der Ludwigspalast GmbH & Co. KG. „Derzeit bieten wir Interessierten die Möglichkeit, uns und das Projekt kennenzulernen.“ War an diesem Abend ein Mann aus der Nähe von Neunkirchen da, werden nächstes Mal zwei weitere Interessenten vor Ort sein, um sich der Gruppe vorzustellen. Schirmherrin des Projektes ist die erste Stadtbeigeordnete Angelika Fesenmeyer. Unterstützt wird das Ganze von der Bauwohnberatung Karlsruhe, die gemeinschaftsorientierte Wohnprojekte für Menschen in allen Lebensphasen initiiert, moderiert und begleitet. Deren Geschäftsführer ist ebenfalls Alexander Grünenwald, der mit seiner Frau Berta Heyl in das Gebäude einziehen wird. „Uns spricht nicht nur das Konzept an. Dadurch, dass mein Mann aus der Region kommt, ist da auch eine besondere Verbindung zu diesem Projekt.“ Zumal sie gerne in einer größeren Gemeinschaft älter werden möchten. Die übrigen Mitglieder des Wohnprojektes, Alleinstehende und Paare im Alter zwischen 50 und 75 Jahren, sind aus Edenkoben und der weiteren Umgebung. Andrea Rheinwald kommt aus Meckenheim. Die medizinische Fachangestellte gehört zu den Gründungsmitgliedern, die während ihrer gemeinsamen Yoga-Stunden in Neustadt auf die Idee kamen, solch ein Wohnprojekt ins Leben zu rufen. Sie freue es, mit Menschen unter einem Dach zu wohnen, die die gleichen Interessen hätten wie sie selbst. „Menschen, die Wert auf Kreativität und kulturelle Veranstaltungen legen“, sagt die 53-Jährige. Uta und ihr Ehemann Rolf Volbon kommen aus Gimmeldingen. Sie haben ihr Reihenhaus verkauft, um in einem Mehrparteienhaus älter zu werden. „Wir hätten unser Haus nicht barrierefrei umbauen können. Zum anderen spiele ich schon seit längerer Zeit mit den Gedanken, mit Freunden zusammenzuziehen“, erzählt Uta Volbon. Das Ehepaar hat öfters Besuchern beim Tag der offenen Gärten Einblick in ihre Oase gewährt. Es bringt also Erfahrung und Leidenschaft mit, um Zeit in den Wohngarten zu investieren, der auf dem früheren Schulhof entstehen soll. Er soll zu einem attraktiven Treffpunkt umgestaltet werden, während der höhergelegene Grünstreifen auf der Südseite des Gebäudes in ein Gemüsegarten verwandelt werden soll, sagt Diplom-Ingenieurin Heyl. Darüber hinaus wird das Haus von seinen Gemeinschaftsräumen geprägt, in denen kulturelle Veranstaltungen und Aktivitäten stattfinden sollen. „Dafür haben wir zwei schöne Gewölbekeller, in denen zu Lesungen, Ausstellungen oder Wohnzimmerkonzerten eingeladen werden kann“, erzählt Heyl.

x