Kreis Südliche Weinstraße Keine Angst vorm Altwerden

32 Prozent der 24.000 Einwohner der Verbandsgemeinde Bad Bergzabern sind älter als 60 Jahre. „Die für das Jahr 2030 bundesweit prognostizierte demografische Entwicklung haben wir im Bad Bergzaberner Land bereits“, sagte Bürgermeister Hermann Bohrer am Dienstagabend im Haus des Gastes. Dorthin hatte der SPD-Kandidat für die Bürgermeisterwahl am 26. April eingeladen, um über das Thema „Gut leben im Alter – Gesundheitsstandort Bad Bergzabern“ zu diskutieren.

Bohrers Einladung waren die rheinland-pfälzische Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), ihr Vorgänger, der jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende im Mainzer Landtag, Alexander Schweitzer, und Landrätin Theresia Riedmaier (SPD) gefolgt. Obwohl rund 37 Prozent der Bürger der Stadt Bad Bergzabern älter als 60 Jahre sind, hatten nur gut 40 den Weg ins Haus des Gastes gefunden. „Den Wunsch alt zu werden, haben wir alle“, stellte Bohrer zu Beginn fest. Dieser Wunsch sei verbunden mit anderen Wünschen, etwa dem nach entsprechenden Einrichtungen in der Kommune oder dem, möglichst in den eigenen vier Wänden alt zu werden. Bohrer betonte, dass die VG Bad Bergzabern nicht nur für ältere Menschen attraktiv sein wolle, sondern auch für junge Familien. „Wir wollen den demografischen Wandel für Jung und Alt attraktiv gestalten.“ Bohrer verwies auf die „hervorragende Schullandschaft“, den Ausbau der Kindertagesstätten genauso wie auf die Südpfalz-Therme, die Kureinrichtungen der Stadt und das tolle Wanderwegnetz, das durch das neue Wanderwegkonzept eine weitere Aufwertung erfahren habe. Bad Bergzabern habe als Gesundheitsstandort eine große Anzahl an Einrichtungen, etwa den Standort des Klinikums Landau-SÜW, die Edith-Stein-Klinik, die Biomedklinik oder die Parkklinik. Bohrer bezog auch das nahe Pfalzklinikum in Klingenmünster in seine Aufzählung mit ein. „Dies alles zu erhalten, muss das Ziel sein“, sagte Bohrer. Aber man werde in Zukunft verstärkt auf ambulante Einrichtungen zurückgreifen müssen. Darauf gelte es, verstärkt das Augenmerk zu richten, genauso wie auf die Nachbarschaftshilfe oder das Ehrenamt. Ehrenamtliches Engagement werde immer wichtiger und müsse gefördert werden, so Bohrer. Im Jahr 1956 sei der damalige Ministerpräsident Peter Altmeier auf die Idee gekommen, allen Hundertjährigen mit einem Brief zu gratulieren, erzählte Alexander Schweitzer. Damals waren das drei Briefe. „2013 hat Malu Dreyer 793 Hundertjährigen mit einem Schreiben gratuliert“, so Schweitzer. Dieses Beispiel zeige anschaulich, dass die Bevölkerung immer älter werden. „Alt werden ist keine Belastung für die Gesellschaft, wir müssen die Chancen des Älterwerdens erkennen“, meinte Schweitzer. Heute seien die Älteren aktiv, eingebunden in Familie und Ehrenamt. Es werde sich vor Ort entscheiden, ob der Zusammenhalt, ob die soziale Gesellschaft funktioniere, sagte Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Die Voraussetzungen in Bad Bergzabern seien ideal. „Wir müssen den demografischen Wandel als Chance begreifen, wir wollen ihn gestalten“, sagte die Ministerin. Sie griff sich drei zentrale Themen heraus: Wie sieht es künftig mit der ärztlichen Versorgung auf dem Land aus? – Wie sieht die Pflege der Zukunft aus? – Wie schaffe ich es, möglichst lange selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu leben? Das Land werde Angebote für Ärzte auf dem Land schaffen. Immer weniger Studenten wollten Allgemeinmediziner werden, so Bätzing-Lichtenthäler. Das Land plane beispielsweise den Numerus clausus zu verändern. Nicht jeder Einser-Abiturient sei auch ein guter Arzt. Die Pflege sei ein Herzensthema der Landesregierung, die Ausbildung der Altenpfleger genieße höchste Wertschätzung. Auch die Sozialministerin warb für Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliches Engagement in der Pflege. Beim Thema selbstbestimmtes Wohnen im Alter gebe es viele Ansatzpunkte. Bätzing-Lichtenthäler sprach beispielsweise über Wohngemeinschaften. Da seien ganz verschiedene Formen denkbar, etwa Alleinerziehende und Ältere, die sich gegenseitig unterstützen könnten. Landrätin Riedmaier sprach über die Zukunft der Krankenhäuser. Ein Krankenhaus habe vor 20 Jahren anders ausgesehen als heute und es werde auch in zehn Jahren anders sein als heute. Die Bedeutung von ambulanten und sozialen Diensten werde zunehmen, genauso wie die des Ehrenamtes. „Es kann nicht alles vom Staat organisiert werden“, sagte Riedmaier. Manchmal sei ein dankbares Lächeln vielleicht wichtiger als Geld. „Das mag sich idealistisch anhören, aber Menschen mit einem großen Herz sind idealistisch.“ (jpa)

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