Kommunalwahl Landrat als Laufbursche, Volontär als Bote: Randnotizen zum Wahltag im Kreis Kusel

Sonntag und Montag waren im ganzen Landkreis viele Wahlhelfer im Einsatz und haben die bunten Wahlzettel sortiert und ausgezählt
Sonntag und Montag waren im ganzen Landkreis viele Wahlhelfer im Einsatz und haben die bunten Wahlzettel sortiert und ausgezählt.

An Wahltagen geht es nicht nur um wegweisende politische Entscheidungen. Da geht’s auch mal kurios zu – und es müssen Fragen geklärt werden.

Gratulation an die schnellen Auszähler: Die ersten Ergebnisse, die auf den Internetseiten einlaufen, sind am Wahlabend die Stimmen zur Europawahl aus Albessen und Oberweiler-Tiefenbach. Was die Ortsbürgermeister angeht, dauert es dagegen deutlich länger: Während in der VG Lauterecken-Wolfstein bereits nahezu alle Direktwahlen in den Ortsgemeinden ausgezählt und die Ergebnisse bekannt sind und es auch im Südkreis bereits zur Sache geht, liegt für die Kommunen in der Kreismitte lange Zeit kein Ergebnis vor. Erst gegen kurz vor 22 Uhr ploppt die erste Gemeinde auf. Danach geht es aber Schlag auf Schlag.

„Das ist ja schon ein bisschen schwierig zu lesen“, lautete eine Leserrückmeldung zur Farbauswahl der Stimmzettel für die Kommunalwahl. Konkret genannt wurden Kreistagswahl (schwarze Schrift auf Dunkelrosa) und die Verbandsgemeinderatswahlen (Schwarz auf Grün). Wie die Kreisverwaltung auf Anfrage mitteilte, seien die Farben der Stimmzettel in ganz Rheinland-Pfalz einheitlich. Der Landeswahlleiter bestimme die Farben gemäß der Kommunalwahlordnung. „Bei uns gab es keine Kritik an den Farben der Stimmzettel“, hieß es aus der Kreisverwaltung.

Landrat auf Botengang

Die Zettel, mit denen die Bürger über ihre Ortsoberhäupter bestimmten, waren indes sehr gut lesbar – Schwarz auf Cremeweiß. In all den Gemeinden im Landkreis sind Kandidaten, die sich dieser Direktwahl, der sogenannten Urwahl gestellt haben, persönlich bekannt. Ausnahmen bestätigen die Regel – etwa in Cronenberg, wo am Sonntag 123 Einwohner zur Wahl aufgerufen waren. Den Ortsbürgermeister-Kandidaten aber haben dem Vernehmen nach nur wenige gekannt. Das mag dazu beigetragen haben, dass der Mann als kreisweit einziger der Alleinbewerber mehr Nein- als Ja-Stimmen erhielt und damit bei der Wahl erst einmal durchfiel. Wiederholung folgt.

Als PS-stark berittener Bote war am Wahlsonntag der Landrat unterwegs. Weil viele Briefwähler offenkundig Probleme beim Eintüten hatten, fanden sich in den groß bemessenen Europa-Wahlbriefen auch allerhand Stimmzettel zu kommunalen Gremien, die in einen anderen Umschlag gehört hätten. Entdeckt wurde dies bei der Briefwahlzählung in Kusel.

Otto Rubly schnappte sich daraufhin einige Kisten und kutschierte die Zettel-Häufchen nach Lauterecken, um sie vor Ort zur Zählung abzuliefern, wie der dortige Büroleiter Christian Sauer der RHEINPFALZ verriet. Der Landrat war sich demnach auch nicht zu schade, auf dem Rückweg nach Kusel die Glantal-Wahllokale anzusteuern und ebenfalls zu beliefern. Rubly war allerdings nicht der einzige Bote, der mit geheimen Unterlagen durch die Gegend brauste.

Kuchen für die Stimmabgabe

Mitglieder der Wahlteams aus Hausweiler und Unterjeckenbach waren am Wahlabend ebenfalls unterwegs – und das nicht mit Stimmzetteln allein, sondern mit der jeweils ganzen Urne, um die Stimmgefäße in Nachbardörfer zu karren. Notwendig wurden diese Touren, weil sich in den Urnen nicht mindestens 50 Stimmzettel zur Europawahl befanden. Die Kreisverwaltung hatte für eine ganze Reihe von kleinen Gemeinden im Nordkreis vorsorglich solche „Anordnungen“ vorbereitet, für den Fall, dass Wahlvorstände wegen zu weniger abgegebener Stimmen ihre Urne an andere Wahlvorstände übergeben müssen. Die Stimmen aus Hausweiler wurden in Buborn ausgezählt, die aus Unterjeckenbach in Langweiler, wie die Kreisverwaltung auf Nachfrage mitteilt.

Immerhin hatten sich die Unterjeckenbacher Wahlhelfer zur Mittagszeit stärken können – es gab sogar was Warmes. Was die Verpflegung betrifft, waren auch die Kollegen in Kirrweiler gut aufgestellt. Dort rollte um 15 Uhr Nachschub in Form belegter Brötchen an. „Wir Kirrweilerer sind gastfreundlich“, versicherte Ortschef Ralf Schuster beim Besuch des RHEINPFALZ-Redakteurs lachend. Nun, es hätte der Worte nicht bedurft, der Beweis war zuvor schon erfolgt: Wer seine Stimmen abgab, durfte sogar ein Stückchen Kuchen mit heim nehmen.

Kreuzchen machen im Schloss

Allerdings: Zeitweise waren Brötchen, Brezel und Kuchen nicht zugänglich. Die Erklärung: Die Küche im Dorfgemeinschaftshaus, in dem zurzeit noch gewerkelt wird, diente als Wahlkabine – es dürfte die größte im gesamten Landkreis gewesen sein. Wer wollte, konnte sich dort am Tisch niederlassen und die Tür hinter sich schließen. Übrigens: Am Abend durfte sich Schuster über seine Wiederwahl freuen. Zu den ersten Gratulanten zählte sein Vorgänger Albert Reiß, der inmitten einer fröhlich gestimmten Wahlhelfer-Runde saß.

Premiere: Julian Schwed hat in Lauterecken nur eine Stimme abgeben dürfen. Dass er sein Wahlrecht bei der Europawahl mitnimmt, w
Premiere: Julian Schwed hat in Lauterecken nur eine Stimme abgeben dürfen. Dass er sein Wahlrecht bei der Europawahl mitnimmt, war für den Noch-16-Jährigen selbstverständlich.

Hatten die Kirrweilerer die wohl größte Wahlkabine aufzuweisen, so durften sich wenige Kilometer weiter die Bürgerinnen und Bürger der Veldenzstadt im kreisweit wohl schönsten Wahllokal die Klinke in die Hand geben. Wer nicht Briefwahl bevorzugt hatte, machte sein Kreuzchen im Schloss. Erfreulich fanden die Wahlhelfer, dass schon um die Mittagszeit die meisten jener Erstwähler gekommen waren, die am Sonntag allein bei der Europawahl mitbestimmen durften – also all jene, die schon 16 Jahre alt, aber eben am Wahltag noch nicht volljährig waren. Wie Julian Schwed etwa, der sogar noch eine kurze Einführung ins Wahlprozedere und die Regularien erhielt. Die Zeit dafür nahm sich der Wahlleiter – und Vater in Personalunion – Volker Schwed nur zu gern.

Noch niemand verzweifelt

Das Klischee, dass lediglich Erstwähler und hochbetagte Senioren freiwillig auf die Bequemlichkeit der Briefwahl verzichten würden, bestätigte sich im Süden des Kuseler Landkreises am Sonntagnachmittag nicht. Zumindest nicht in den drei von der RHEINPFALZ angesteuerten Wahllokalen. „Über 70-Jährige hatten wir nur ganz wenige“, sagte beispielsweise Jochen Kratsch, stellvertretender Wahlvorstand in Glan-Münchweiler.

Im Quirnbacher Bürgerhaus beobachteten die Wahlhelferinnen und -helfer eine beachtliche Altersspanne: von 16 bis 92. Aber auch hier habe sich keine Generation in unverhältnismäßiger Stärke im Wahllokal blicken lassen. „Es ist alles bunt gemischt“, sagte ein Helfer. Aber das sei gerade in Quirnbach nichts besonderes: „Bei uns ist das normal. Wenn es hier Veranstaltungen gibt, sitzen Jung und Alt an einem Tisch.“

„Es liegt noch kein Ergebnis vor“

Trotz der doch recht ausgiebigen Menge an Wahlunterlagen sei noch niemand in der Wahlkabine verzweifelt. Aber: „Es ist sehr zeitintensiv“, berichtete Fred Weyrich, der das Wahllokal im Herschweiler-Pettersheimer Gemeinde- und Vereinshaus im Auge behielt. Er zeigte aber Verständnis: „Es ist nicht ganz einfach, das Verfahren zu durchblicken.“ Irgendwie hat es letztlich jeder im Wahllokal geschafft, seine bunten Zettel in der jeweiligen Urne unterzubringen. Über eine zu niedrige Wahlbeteiligung konnte Weyrich nicht klagen. „Es ist anstrengend. Wir haben hier einen durchaus lebhaften Betrieb, aber wir sind gut mit Helfern ausgestattet.“ Neue Höhen haben die Herschweiler-Pettersheimer nicht erreicht. Am Montag wird ersichtlich: In allen Bereichen der Kommunalwahl knapp über oder knapp unter der 70-Prozent-Marke.

Das wohl schönste Wahllokal im Landkreis: Die Lauterecker Wähler fanden Kabinen im Veldenzschloss vor.
Das wohl schönste Wahllokal im Landkreis: Die Lauterecker Wähler fanden Kabinen im Veldenzschloss vor.

Als die Wahllokale bereits geschlossen waren, wurde es im Rathaus in Schönenberg-Kübelberg erst so richtig spannend. Im Foyer flackerten die aktuellen Ergebnisse aus allen Ortsgemeinden über den Bildschirm. Doch allzu oft war der Hinweis „Es liegt noch kein Ergebnis vor“ zu lesen. Immerhin konnte mit gekühltem Schönenberger Kellerbier der Nervosität entgegengewirkt werden. Für die Anwesenden endete der Wahlabend mit einem Happy-End: der Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Christoph Lothschütz, und Ortsbürgermeister Thomas Wolf konnten sich mit einer herzlichen Umarmung gegenseitig zur Wiederwahl gratulieren.

Unvereinbarkeit von Amt und Mandat

Wer für die Kreisverwaltung arbeitet, kann nicht gleichzeitig als gewähltes Mitglied im Kreistag sitzen – dagegen spricht laut Kreisverwaltung die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. Dennoch finden sich auf dem Stimmzettel zwei Kandidaten, die das betreffen könnte: Jochen Mayer (FDP, Listenplatz fünf) Philipp Gruber (FWG, Platz 38). Wie die Kreisverwaltung auf Anfrage mitteilt, haben beide im Vorfeld der Wahl eine Absichtserklärung abgegeben, ob sie im Fall der Wahl vorhaben, das Dienstverhältnis zu beenden oder das Mandat abzulehnen. Die Entscheidung ist nicht auf dem Stimmzettel ersichtlich, wohl aber in der Öffentlichen Bekanntmachung der zugelassenen Wahlvorschläge für die Wahl des Kreistags. Demnach beabsichtigt Mayer, im Falle einer Wahl aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis auszuscheiden, Gruber würde auf das Mandat verzichten. Wie die Kreisverwaltung erläutert, „ist die Absichtserklärung allerdings nicht verbindlich“. Beide müssen sich die Frage nicht stellen lassen, sie sind nicht in das Gremium gewählt worden – auch wenn Gruber auf der Liste einen großen Satz nach vorne gemacht hat, von 38 auf Platz 8.

Wahlsieger ohne Empfang

Kurzer Blick hinter die Kulissen der Redaktion am Wahlabend. Allerspätester Abgabetermin für die letzte Kuseler Lokalseite ist 0 Uhr. Die letzten Ergebnisse zur Stadtbürgermeisterwahl in Kusel tauchen online gegen 23.15 Uhr auf. Jetzt gilt’s den Kommentar zu schreiben und die beiden Kandidaten Martin Heß (CDU) und Peter Schmid (SPD) für kurze Statements zu erreichen. Die Uhr tickt. Heß, als Wahlhelfer in Diedelkopf eingeteilt, hat im Stadtteilzentrum keinen Handyempfang. Ein Artikel ohne Wahlsieger? Geht nicht. Also wird Volontär Moritz Vogt als Bote losgeschickt. Der Redakteur in Ausbildung fährt nach Diedelkopf und Martin Heß ruft – aus der Nähe des Schwimmbads – die Redaktion an. Letztlich wird’s fast eine Punktlandung. Die Zeitungsseite wird um 23.59 abgemeldet.

Der glückliche Kuseler Wahlsieger und künftige Stadtbürgermeister, der im Wahllokal praktisch von der Außenwelt abgeschnitten war, hat bis zu diesem Zeitpunkt vor allem Gratulationen von „Leuten von hier“ erreicht, wie er im RHEINPFALZ-Gespräch erzählt. Wie auch sonst, wenn wirklich kein Anruf und keine Nachricht durch das Diedelkopfer Stadtteilzentrum dringt? Immer mal wieder sei er vors Wahllokal gegangen, um mit der Außenwelt in Verbindung zu treten. So entdeckte er denn auch eine „Unmenge“ an Whatsapp-Nachrichten voller Glückwünsche, als er fürs RHEINPFALZ-Telefonat vors Schwimmbad lief. Und wer weiß, vielleicht hat er so auch gleich ein erstes Thema gefunden, das er als künftiger Stadtbürgermeister anpacken kann – das Mobilfunkloch im Herzen Diedelkopfs.

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