Kreis Kaiserslautern Gefangen im nicht greifbaren Netzwerk

Facebook verbindet Menschen. Das ist der Sinn des sozialen Netzwerkes. Doch Facebook knüpft auch Verbindungen, auf die mancher gern verzichten würde. Wie Bürgermeisterin Anja Pfeiffer. Über die Facebook-Seite der Verbandsgemeinde Weilerbach gerät sie durch Hetzbotschaften in schlechtes Licht. Obwohl sie die Seite gar nicht zu verantworten hat.

Auf Facebook zu sein, ist heute Pflicht. Denn wie sonst kann ich so schnell so vielen Menschen – 1,4 Milliarden nutzen Facebook – wichtige Botschaften mitteilen? Statt bloß Kaffee zu trinken, kann ich mir in Sekundenschnelle ein Glücksgefühl verschaffen, weil 20 Menschen es ganz toll finden, dass ich in diesem Moment Kaffee trinke. Natürlich gibt es auch Informatives auf Facebook. Und Politiker nutzen die Plattform gern, allen vorweg die Weilerbacher Bürgermeisterin Anja Pfeiffer. Auch ihren Arbeitgeber, die Verbandsgemeinde Weilerbach, findet man mit einem Klick auf ihr persönliches Profil bei Facebook. Doch hoppla: Was steht da ganz oben: Die anprangernden Worte „Falls Ihnen entgangen ist, was für Mitarbeiter Sie beschäftigen“ samt Kommentaren wie „Das geht gar nicht“. Und zwar über die Äußerung „Alle nach ausschwitz“ zu einer Meldung über Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen. Gepostet von einer Person, in deren Profil es heißt: „Hat bei Verbandsgemeinde Weilerbach gearbeitet.“ Ebenso wie bei einer weiteren Person, die zu einer Meldung über Flüchtlinge schreibt „Drecksau pack“. Wieso stehen solche Meldungen schon seit Monaten auf der Seite der Verbandsgemeinde? Der Facebook-aktiven Bürgermeisterin können sie doch kaum entgangen sein. Sind oder waren die hetzenden Kommentatoren wirklich Verwaltungsmitarbeiter? Auf der Website der VG sind sie zumindest nicht gelistet. Und falls nicht, warum löscht die Bürgermeisterin die Posts nicht einfach ? Zumindest die letzte Frage ist schnell beantwortet: Weil sie nicht kann. Nicht darf. Denn die Facebook-Seite mit dem VG-Wappen hat sie weder erstellt noch irgendeine andere Person. Sie wurde automatisch von Facebook generiert aus dem Wikipedia-Eintrag über Weilerbach. Also gibt es auch keine Person, die als Administrator eingreifen kann. Um herauszufinden, ob die Hetz-Kommentatoren mal bei der VG beschäftigt waren, muss Pfeiffer ihre Verwaltung recherchieren lassen. Die eine Person war „von 2001 bis 2002 als Reinigungskraft“ tätig, die andere „über das Arbeitsamt in unserem Jugendbauhof. Das ist allerdings schon sehr lange her“, teilt sie mit. Hat sie nun also eine Möglichkeit, gegen die nicht gerade für die VG werbenden Einträge vorzugehen? Außer vielleicht selbst einen Kommentar dort zu verfassen? Laut eigener Aussage hat sie vor längerer Zeit einmal vergeblich versucht, Facebook mitzuteilen, dass die Schreiber nicht in ihrer Verwaltung arbeiten. „Zum damaligen Zeitpunkt gab es noch gar nicht die diversen Möglichkeiten wie heute, viele Dinge zu melden“, fügt sie an. Okay, fragen wir halt bei Facebook mal nach. Die Pressestelle muss ja eine Auskunft geben. Müsste. Wenn es sie denn gäbe. Aber Fehlanzeige. Die Facebook-Seite von Facebook gibt lediglich die Firmenadresse in Dublin an. Und für Medien die nette Aufforderung „Contact Us: press@fb.com“. Muss doch auch direkter und schneller gehen. Denn Anfragen dorthin sollen schon mal zwei, drei Wochen dauern. Auch eine Facebook-Anfrage an die für „Public Policy“ Zuständige bleibt unbeantwortet. Über viele Ecken endlich ein Kontakt: Die PR-Agentur Apco in Berlin. Klar, wieso kam ich da nicht gleich drauf! Und tatsächlich: Apco mache seit fünf Jahren die Pressearbeit für Facebook im deutschsprachigen Raum, erklärt die Dame. Und bittet um schriftliche Anfrage. Beim nächsten Telefonat klärt eine andere Dame aber gleich auf: „Ich bin nicht zitierfähig.“ Denn: „Wir sind nicht offizieller Facebook-Sprecher. Wir unterstützen Facebook nur bei der Kommunikation.“ Natürlich habe Facebook eine Presseabteilung, werde ich belehrt. Meine Anfrage an press@fb.com wäre an eine deutsche Facebook-Mitarbeiterin geleitet worden. Da die bloß gerade krank sei, wäre meine Frage bei Apco gelandet... Von der freundlichen Apco-Dame erfahre ich schließlich: Da die Einträge nicht gegen die Facebook-Gemeinschaftsstandards verstoßen und Facebook nicht prüfen kann, ob die Angaben der Nutzer der Wahrheit entsprechen, bleibt der Bürgermeisterin eigentlich nur, sich direkt an die Schreiber zu wenden. Denn „Facebook funktioniert selbstverwaltend und spielt sich nicht als Zensurbehörde auf“. Nein, dass will niemand! Aber das Netzwerk, das für Kommunikation unter den Menschen sorgt, könnte schon etwas kommunikativer sein.

x