Kreis Kaiserslautern Der Schutzengel, der vom Dach gestiegen ist

Seit ein paar Tagen ist Bianca Gaß dort angekommen, wo sie hinwollte: zurück in der alten Heimat, rein ins Amt einer Klimaschutzmanagerin. Sie ist die erste, die diese Stellung in der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg einnimmt. Und sie will dort in den nächsten drei Jahren den Klimafeind Nummer eins − das Kohlendioxid − gewaltig in die Schranken weisen. So lange läuft ihr Vertrag.

Die 41-Jährige, die in Niederkirchen aufgewachsen ist, in Otterberg zur Schule ging und heute in Schwedelbach lebt, hat sich für diese Zeit viel vorgenommen. Sie spricht von einem Netzwerk, das es aufzubauen gilt; von Privathaushalten, die noch immer das Potenzial der Solarenergie ungenutzt lassen; und davon, dass es auf keinen Fall eine Energiearmut bei älteren Bürgern geben darf. „Die energetische Altstadtsanierung in Otterberg ist durch die vielen denkmalgeschützten Häuser eine ganz spezielle Aufgabe“, erläutert Gaß. Sie weiß, was auf sie zukommt, will es angehen und wird vermutlich dabei keine Luftschlösser bauen. Die Frau ist vom Fach − und zwar in Praxis und Theorie. „Bianca Gaß ist genau die Richtige für uns“, freut sich denn auch ihr neuer Chef, Verbandsbürgermeister Harald Westrich (SPD), dass die neu geschaffene Stelle so „ideal“ besetzt werden konnte. In der Tat: Der Lebenslauf von Bianca Gaß hat es in sich. „Exotisch“ ist sie ins Berufsleben gestartet, hat sich zur Schornsteinfegerin ausbilden lassen. „Damals war man als Frau schon ziemlich allein unter Männern“, muss sie lachen. Aber sie bereut es nicht, dass sie anderen „aufs Dach gestiegen“ ist. Der Gesellenbrief war der nach Wissen strebenden Frau nicht genug, der Meister musste her. „Klimaschutz und energetische Sanierung haben mich von da an fasziniert.“ So wollte sie es mit dem Reinigen der Schornsteine und dem Kontrollieren der Heizungen nicht bewenden lassen. Die Fortbildung zur Gebäudeenergieberaterin und zur Betriebswirtin des Handwerks packte sie obenauf und ließ sich zur Bautechnikerin Hochbau ausbilden. Derart mit handwerklichem und theoretischem Wissen gewappnet, folgte Bianca Gaß dem Ruf ans Institut für angewandtes Stoffstrommanagement auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld. Dort hat sie zahlreiche Klimaschutzkonzepte in unterschiedlichen Gemeinden begleitet. Sie zog als Vortragende durchs Land, brachte unter anderem „Sonnenschein in die Vereinskasse“, weil sie als „Öko-Check- Beauftragte“ des Sportbunds die Vereinsheime auf energetischen Vordermann brachte und dabei zudem Kosten einzusparen half. „Auch bei den Sportvereinen in der Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg will ich den Anstoß geben, etwas zu tun“, ist Gaß schon voll im neuen Job. Die ersten Fäden fürs angestrebte Netzwerk hat sie auch schon gewoben. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik in Kaiserslautern soll den Bürgern der Verbandsgemeinde nahegebracht werden, wie sich Energie dann verbrauchen lässt, wenn sie gerade günstig zur Verfügung steht. Das Lauterer Fraunhofer-Institut liefert dabei die Software für die intelligente Stromausnutzung. „Mein Part wird es sein, die Verbraucher davon zu überzeugen“, schreckt Gaß nicht davor zurück, auch mal von Haus zu Haus zu gehen. Es gibt genug zu tun. Ob es das Projekt eines Nahwärmenetzes in Verbindung mit Kindergärten ist, das angepackt werden will; oder ob es der Klimaschutz in den eigenen Liegenschaften der Verbandsgemeinde ist, der vorangebracht werden muss: Langeweile wird im Büro der Klimaschutzmanagerin wohl kaum aufkommen. Zudem will Bianca Gaß ja auch noch eine Bürgersprechstunde einführen. „Eine nach dem üblichen Feierabend, damit die Leute auch kommen können“, sagt die Frau, die sich gemeinsam mit ihrem Mann in Schwedelbach ein ziemlich effizientes Energiesparhaus gebaut hat, eins mit Potenzial zum Null-Emissions-Haus. Da passt das Hobby der Klimaschützerin doch auch ganz gut. Fahrradfahren und Gartenarbeit. Das eine zur Not auf dem E-Bike, das andere immer brav mit Muskelkraft. Alles ohne Kohlendioxid!

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