Kreis Germersheim Ticket in eine gute Zukunft

Mehr Geld. Mehr Zeit. Mehr Selbstbewusstsein. Mehr Spaß an der Arbeit. Mehr Anerkennung. Die Gründe für Weiterbildung sind vielfältig, fast immer sind es mehrere. Und die Gründe sind gut genug, vier stressige Jahre auf sich zu nehmen und abends und am Wochenende die Schulbank zu drücken. 22 Maschinenbautechniker haben gerade an der Berufsbildenden Schule Germersheim ihre Abschlussarbeiten präsentiert – und Sektkorken knallen lassen.

„Die Zukunftsaussichten dieser jungen Leute sind sehr gut, erst recht, wenn sie mobil sind“, sagt Lehrer und Diplom-Ingenieur Gerhard Lentz. Es wäre nicht das erste Mal, dass Jobs bereits bei den Häppchen nach der erfolgreichen Präsentation ausgehandelt werden, erzählt Lentz. Schließlich schauen sich eine ganze Reihe Firmenvertreter die Präsentationen an.

Für Sascha Daum aus Kandel ist das kein Thema. Er hat bei Daimler bereits im Vorgriff auf seinen Abschluss eine Technikerstelle bekommen. „Diese Chance will ich unbedingt nutzen“, erzählt der 27-Jährige. Die Partner, mit denen er gemeinsam ein Projekt erarbeitet hat und präsentiert sind Rainer Fürholzer (32) aus Germersheim und der Weingartener Sascha Sehling (28). „Früher konnte man nur mit Können in einer Firma Karriere machen. Heute brauchst du Abschlüsse und musst dich verkaufen können“, erzählt Sehling.

Allen Prüflingen ist trotz der Anspannung Erleichterung anzumerken. Vier Jahre nebenberufliche Weiterbildung sind anstrengend; vor allem im dritten Jahr gab’s das ein oder andere Loch. Hingeschmissen haben nur drei. Aber das ist der Ausrutscher nach oben, berichtet Lehrer Lentz aus seiner Erfahrung. Von den 25 Startern eines Jahrgangs kommen durchschnittlich 15 oder 16 am Ziel an.

Fast am Ziel – nach der Projekt-Präsentation folgen bis Juni noch kleinere Prüfungen – sind auch Christian Gebhart (26) und Andreas Neumann (24), beide aus Leimersheim. „Wir kannten uns zwar aus Leimersheim, haben uns dann aber nach Jahren zufällig an der Technikerschule wieder getroffen“, erzählt Gebhart. Dritter im Projekt-Bunde ist Jochen Kühn (32, Durmersheim). Alle drei haben Handwerksberufe der Metallbranche erlernt – und nach einigen Arbeitsjahren gemerkt, dass sie hier nicht stehenbleiben wollen.

Ihre Präsentation ist beeindruckend. Sie entwickeln für das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine Maschine, die das Verglasen von radioaktivem Müll effizienter macht. Ihre automatische Trennvorrichtung von Glasschmelze und verglastem Müllbehälter verhindert oder verringert Verschmutzungen innerhalb des unzugänglichen radioaktiven Arbeitsbereiches. Eine einzige Arbeitsunterbrechung wegen Verschmutzung schlägt dort mit 135.000 Euro Reinigungskosten zu Buche. Die Vorrichtung der drei jungen Maschinenbautechniker kostet nicht einmal 50.000 Euro.

Neumann, der am KIT arbeitet, sieht seine Zukunft aber eher woanders. Es sei schwer, im öffentlichen Dienst des KIT eine entsprechende Stelle zu bekommen. Und die sei dann auch schlechter bezahlt als in der Industrie. Gebhart bei der Raffinerie Miro in Karlsruhe und Kühn im Kernkraftwerk Philippsburg wollen bei ihren Arbeitgebern bleiben, wenn dort für sie Perspektiven als Techniker erkennbar werden. „Es ist ein gute persönliche Fortbildung und die Chance, eine gute Stelle zu bekommen, ist viel besser“, bilanziert Neumann.

Drei oder vier Mal pro Woche vier (volle) Stunden abends, jedes zweite Wochenende samstags – und das vier Jahre lang. „Den Techniker in zwei Jahren Vollzeit zu machen wäre schon einfacher“, sinnieren Sascha Daum und Rainer Fürholzer. Aber für beide war’s kein Thema, der bisherige Lebensstil eines Berufstätigen mit eigener Wohnung sollte schon erhalten bleiben. „Wir drei haben ja keine Familie“, ergänzt Sascha Sehling, „das geht ja noch. Aber für die Kollegen mit Familie war’s härter.“

Gerade die Familie war aber für Kurt Hövelmann (28) ausschlaggebend für die Weiterbildung. Er arbeitet im Zwei-Schicht-Betrieb als Anlagenwart bei Daimler und hätte als Techniker mit einem „normalen“ Arbeitstag mehr Zeit für Kind und Frau. Die berufliche Perspektive, von der Schicht weg zu kommen, sei schon ein wichtiger Grund für den Besuch der Technikerschule gewesen, sagt Hövelmann. Für den Landauer Markus Weiß (24) und Markus Zellmer (27) aus Kandel war klar, dass eine Weiterbildung notwendig ist – als Ausweg aus der Routine, die sie als Werkzeugmechaniker bereits eingeholt hatte. Die Wahl, so erzählt Zellmer, fiel auf Techniker und nicht auf Meister, „weil Techniker flexibler ist“. Ihre Technikerarbeit wird in den Produktionsalltag bei Daimler eingehen. Sie konstruierten eine Verbesserung bei der Scharniermontage des Actros-Lastwagens. Bereut hat keiner der Absolventen die vier stressigen Jahre. Und sie sind sich gemeinsam mit ihrem Lehrer Lentz sicher: Der „Techniker“ ist ein Sprungbrett in eine gute berufliche Zukunft.

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