Kreis Germersheim Staatssekretär Gebhart: Pflegekräfte sollen es besser haben

Pflegedienstleiter Steffen Singer (links) und Einrichtungsleiter Jens Zimmermann (rechts) gewähren Staatssekretär Thomas Gebhart
Pflegedienstleiter Steffen Singer (links) und Einrichtungsleiter Jens Zimmermann (rechts) gewähren Staatssekretär Thomas Gebhart (Mitte) einen Blick hinter die Kulissen.

Jockgrim: Die Pflege gehört zu den besonders dicken Brocken im Ressort Gesundheit. CDU-Mann Thomas Gebhart ist frischgebackener Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium. Im AWO Seniorenhaus Babette Ludowici wollte der Bundestagsabgeordnete von Pflegern und Bewohnern wissen, wo der Schuh drückt.

Ein Anruf von Bundeskanzlerin Angela Merkel veränderte alles. Vorher war der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart in Berlin als Fachmann für Chemie- und Umweltpolitik gefragt. Jetzt ist der Südpfälzer Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium und arbeitet sich akribisch in das Thema ein. Aber: „Akten und Vermerke sind nur die halbe Wahrheit“, sagt er. Deshalb absolviert Gebhart derzeit in enger Taktung Besuche „an der Front“ – Apotheken, Ärzte, Sozialstationen. Am Mittwochmorgen ist ein Pflegeheim an der Reihe: Das AWO-Haus Babette Ludowici in Jockgrim.

65.000 Auszubildende in Pflegeberufen

Daran sei er schon oft vorbeigelaufen, sagt der Jockgrimer Gebhart. Nun gewähren ihm Einrichtungsleiter Jens Zimmermann und Pflegedienstleiter Steffen Singer einen Blick hinter die Kulissen. Es gibt Vier-Augen-Gespräche mit Pflegekräften, Begegnungen mit Bewohnern – alles ohne Öffentlichkeit. Zum Abschluss spricht Gebhart mit der RHEINPFALZ über das Thema Pflege. Ungefähr zeitgleich verkündet Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Berlin ein Sofortprogramm gegen den Personalnotstand in der Pflege, Heime sollen mindestens 13.000 Stellen zusätzlich erhalten. Der Mangel an Pflegekräften wird derzeit wieder einmal öffentlich diskutiert. Gebhart kennt natürlich die Zahlen: Die Anzahl der betagten Menschen wird bis 2030 stark ansteigen, entsprechend mehr Personal wird benötigt. Derzeit gebe es 65.000 Auszubildende in Pflegeberufen, sagt Gebhart, „so viele wie noch nie.“ Allerdings hören zu viele wieder auf oder wechseln die Branche.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Ein Aspekt ist natürlich die Bezahlung. Diese könnte sich mit dem Pflegeberufegesetz ändern, das ab 2020 in Kraft tritt. Dieses war und ist durchaus umstritten: Die Ausbildung für Krankenpflege und Altenpflege wird zusammengelegt, erst nach zwei Jahren gibt es eine Spezialisierung. Gebhart selbst ist in der Bewertung des Gesetzes vorsichtig, betont aber: „Grundidee ist es, die Bezahlung der Altenpflege nach oben zu bringen.“ Nach seiner Einschätzung gefragt, atmet Einrichtungsleiter Zimmermann erst einmal tief durch: „Wir machen uns Sorgen, wie die Altenpflege dastehen wird. Im Krankenhaus verdient man schließlich mehr.“ Aber es geht nicht nur ums Geld: Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte habe „höchste Priorität“, sagt Gebhart. Dabei gehe es um die Arbeitsbelastung, aber auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eben dieser Beruf soll zudem attraktiver gemacht werden, mehr Wertschätzung der Gesellschaft erfahren. Hier erhofft sich Gebhart viel von einer „Aktion Pflege“, bei der noch in diesem Jahr alle Akteure an einem Tisch sitzen sollen. „Das wird eine ganz wichtige Veranstaltung.“

Weniger Schreibtisch, mehr Zeit

Auf der Wunschliste von Einrichtungsleiter Zimmermann steht „ein bundesweit einheitlicher Personalschlüssel“ ziemlich weit oben. Aber er sagt auch: „Politik hat den Auftrag, Pflege in allen Facetten darzustellen“, es gebe auch Positives. So soll bei der AWO gerade die überbordende Bürokratie der Dokumentationen gezähmt werden. Durch eine gesetzlich erlaubte Umstellung sollen die Pflegekräfte weniger Zeit am Schreibtisch, mehr mit den Bewohnern verbringen. „Mehr sinnvolle Digitalisierung“ lautet auch für Gebhart das Schlagwort. Er wirbt für die elektronische Patientenakte, in der zentrale Daten erfasst sind. Zwei Aspekte sind ihm wichtig: „Höchste Sicherheitsstandards müssten eingehalten werden“, auch müsse der Patient selbst entscheiden können, wer Zugriff auf die Daten hat. „Es geht darum, Zeit zu gewinnen“, betont Gebhart, der Kontakt zwischen Pfleger und Patient soll nicht ersetzt werden. Dann muss der Staatssekretär weiter, es geht zu einer Reha-Einrichtung in Herxheim. Trotz engen Zeitplans ist er hörbar mit Begeisterung dabei. „Ich stelle viele Fragen und hinterfrage viel“, sagt Gebhart zu seiner ersten Zeit im neuen Amt. Ein Fazit: „Ich stelle fest: Das Gesundheitssystem ist nicht logisch.“

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