Kreis Germersheim Nur wenige Frauen stehen zur Wahl

Obwohl Frauen in Deutschland mehr als die Hälfte der Bevölkerung stellen, ist nur jedes vierte Kommunalparlamentsmitglied weiblich. Parteien förderten das politische Engagement ihrer weiblichen Mitglieder nicht genug, sagen Forscher. Oft würden sie beim Aufstellen der Wahllisten benachteiligt. Um transparenter zu machen, wie viele (oder wie wenige) weibliche Kandidaten die Parteien bei Wahlen tatsächlich aufstellen, ist deren Anzahl auf den Wahllisten in Rheinland-Pfalz nun aufgeführt. Auch wird das Wahlergebnis vom statistischen Landesamt erstmals geschlechtsspezifisch ausgewertet werden. Ein Blick auf die Bewerberlisten vor der Kommunalwahl zeigt: Auch im Kreis Germersheim sind Frauen in der Kommunalpolitik unterrepräsentiert, besonders auf den aussichtsreichen vorderen Listenplätzen. Obwohl Umfragen zufolge die Bereitschaft zur Übernahme eines Amtes bei Männern und Frauen, die einer Partei angehören, gleich groß ist, stagniert der Frauenanteil in den Parlamenten seit einem viertel Jahrhundert. Das stellte die Berliner Politikwissenschaftlerin Uta Kletzing fest. Damit er sich erhöht, müssten die Ortsvereine und Kreisverbände der Parteien das Engagement von Frauen mehr fördern, fordert sie in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ)“ aus dem Jahr 2009. Rund 1,3 Millionen Deutsche sind in einer Partei organisiert, ein Drittel davon Frauen. Den Parteien gelingt es in höchst unterschiedlichem Maß Frauen als Mitglieder zu rekrutieren: Laut Bundeszentrale für politische Bildung waren Ende 2012 25,6 Prozent der CDU-Mitglieder und 31,5 Prozent der SPD-Mitglieder Frauen. Bei der FDP waren es 23 Prozent. Führend bei der Frauenbeteiligung sind Grüne und Linkspartei mit je 38 Prozent. Die Wahlvorschläge der Parteien für die bevorstehende Kommunalwahl spiegeln ihre bundesweite Mitgliederstruktur nur ungleichmäßig wieder: Von 46 Kandidaten für den Kreistag sind bei der SPD elf weiblich, ein knappes Viertel. In die vordere Listenhälfte haben es sieben Kandidatinnen geschafft, vier unter die ersten zehn. Die Frau auf dem aussichtsreichsten Listenplatz ist die Landtagsabgeordnete Barbara Schleicher-Rothmund, die an zweiter Stelle steht. Die CDU hingegen bietet 16 Frauen auf, aber nur sechs auf den Plätzen in der ersten Hälfte. Unter den Top Ten sind drei Kandidatinnen. Vorderste Frau ist Manuela Tolkmitt auf Listenplatz 3. Die Grünen haben ihre Wahlliste paritätisch besetzt und gehen, auch als einzige, mit einer Spitzenkandidatin, Annette Krysmansky, ins Kreistagsrennen. Die FWG hat zehn Kandidatinnen aufgestellt, sechs in der oberen und vier in der unteren Listenhälfte. Die Frau mit dem aussichtsreichsten Listenplatz ist Gertrud Trapp. Neben ihr steht nur eine weitere Frau auf einem der zehn aussichtsreichsten Plätze. Elf Kandidatinnen hat die FDP aufgestellt. Fünf Frauen stehen in der oberen Listenhälfte, drei auf den zehn besten Plätzen. Allerdings besetzt Spitzenfrau Ruth Wiora gerade einmal Platz 6. Von den 19 Kandidaten der Republikaner sind sieben weiblich. Trotzdem stehen auf den zehn vorderen Listenplätzen nur zwei Frauen, Christel Sophie Schmidt immerhin auf Platz 2. Für die Alternative für Deutschland (AfD) kandidieren sechs Bewerberinnen, die sich in der unteren Listenhälfte drängen. Bei 20 Listenplätzen steht die aussichtsreichste Kandidatin auf Platz 9. Bei der Linken stellen Frauen ein Drittel der 15 Kandidaten. Allerdings ist mit Monika Westermann auf Platz 6 nur eine unter den ersten zehn. Dies ist ein kleiner und nicht repräsentativer Ausschnitt der hiesigen kommunalpolitischen Landschaft. Und es gibt auch immer wieder Listen, auf denen Frauen besonders zur Geltung kommen. So hat die FDP für den Stadtrat in Germersheim mit Heidi Kokkinis-Brotz nicht nur eine Spitzenkandidatin aufgeboten, sondern auch die ersten drei Listenplätze weiblich besetzt sowie fünf Frauen unter den Top-10 platziert. Frauen dominieren auch klar bei der Wählergruppe Zukunft in Knittelsheim (Zik) – in dem Ort ist die Bevölkerungsmehrheit bei den meisten Parteien überhaupt auffällig gut repräsentiert – ebenso bei den Grünen in der Verbandsgemeinde Rülzheim oder in Leimersheim. Insgesamt aber sind Kommunalpolitikerinnen im Kreis Germersheim eine krasse Minderheit, Spitzenkandidatinnen sowieso. Oft stehen Frauen auf weniger als einem Viertel der Listenplätze und sind selten prominent platziert. Wie sich der Frauenanteil in der Kommunalpolitik steigern ließe, das hat das Bundesministerium für Frauen wissenschaftlich untersuchen lassen. Etwa 1100 Kommunalpolitikerinnen aus mehr als 500 Orten wurden für diese Studie befragt. Ein Drittel der Stadt- und Gemeinderätinnen beklagte dabei, dass das politische Umfeld Frauen nicht genügend unterstütze. Die größte Hürde besteht für Frauen demnach im innerparteilichen Nominierungsprozess. Es gebe zahlreiche Beispiele von Politikerinnen, denen nach Bekanntgabe ihrer Kandidatur unerwartet ein Mann als Gegenbewerber präsentiert wurde, der mitunter auch von Parteikollegen unterstützt wurde, so die Autoren der Studie. Ob die Besetzung aussichtsreicher Listenplätze mit Kandidatinnen in den Kommunen gelingt, hänge vom Willen der örtlichen Parteivorsitzenden und Führungszirkel ab, Frauen gezielt zu werben. Denn weit über die Hälfte der Kommunalpolitikerinnen habe den entscheidenden Anstoß für ihr Engagement von außen bekommen, nämlich von Personen mit politischem Bezug – also Partei- und Ratsmitgliedern. Diese müssten den Frauen politische Gestaltungsmöglichkeiten und auch persönliche Entwicklungschancen bieten, meint Forscherin Uta Kletzing. Dafür gelte es die Kommunalpolitik attraktiver zu machen. Etwa müssten Vorurteile, die diese mit „Kungelei“, „Hinterzimmertreffen“ und männlichem „Platzhirschgehabe“ in Verbindung brächten, abgebaut werden. Vor allem in Parteien mit Quotenregelungen gelingt es offensichtlich, Frauen zu ermuntern, sich für Parteiposten und für kommunale Mandate aufstellen zu lassen. Andernfalls hätten Frauen immer nur dann gute Erfolgschancen, wenn für eine Position ausdrücklich eine Kandidatin in Betracht gezogen wird. Dies geschehe meist, wenn einer Kandidatin bei der Bewerbung um ein Amt bessere Chancen eingeräumt würden als einem Mann, wenn öffentliche Erwartungen den Einsatz einer „Alibi-Frau“ erforderten oder wenn kein Bewerber zur Verfügung stehe, weil die Kandidatur als wenig aussichtsreich gilt.

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