Kreis Germersheim Gumasol-Belegschaft bangt um Firma

„Verstehen Sie das bitte auch als einen Hilferuf!“ Betriebsrat und Mitarbeiter der Germersheimer Rubber-Tec GmbH (Gumasol) fühlen sich im Stich gelassen und bangen um ihre Arbeitsplätze. Vom Mutterkonzern, der indischen Ruia-Group, komme nichts außer Versprechen. Und die hiesige Politik, egal welcher Couleur, kümmere sich nicht um das Germersheimer Traditionsunternehmen mit noch 104 Mitarbeitern. Das fehlende Weihnachtsgeld ist nachbezahlt und das vorläufige Insolvenzverfahren (wir berichteten) beendet worden. Doch sofort als der Insolvenzverwalter aus dem Haus war, sei der bisherige Schlendrian in der Geschäftsführung wieder eingezogen, sagt Steffen Seuthe von der Gewerkschaft IG BCE. Lieferanten werden gar nicht oder sehr spät bezahlt; zeitweise stehen die Maschinen still, weil Rohstoffe fehlen. Nach einer Woche Zwangsbetriebsferien sei jetzt wenigstens die Produktion bis Anfang September gesichert, schildert Betriebsratsvorsitzender Uwe Kröper die Situation. Von vollmundig gemachten Investitionsversprechen, wie sie Konzernchef Ruia vor drei Jahren höchstselbst in Germersheim machte, sei nicht eines umgesetzt worden, zeigen die Arbeitnehmervertreter ihre Enttäuschung. Stattdessen gehe Jahr für Jahr der Umsatz zurück und etwa die Hälfte der Kundenaufträge sei weggebrochen. „Dabei hat der Insolvenzverwalter gezeigt, dass man mit Sachverstand und gutem Willen die Belegschaft motivieren und erfolgreich arbeiten kann. Sogar mit Maschinen aus den 60er-Jahren“, sagt Seuthe. Doch sobald wieder die Inder das Sagen hatten, seien die Entscheidungswege über Kalkutta viel zu lange gewesen. „Der Werkleiter vor Ort darf nicht einmal über den Kauf einer Schraube alleine entscheiden“, sagt dazu der Betriebsratsvorsitzende. Oft vergingen Tage und Wochen, bis Entscheidungen getroffen werden, vor allem, wenn sie mit Geld zu tun haben. Weil die Ruia-Group keinen Geschäftsführer nach Germersheim schickt, mutmaßt Seuthe, dass es extreme Probleme mit dem deutschen Recht gibt und keiner der indischen Chefs sich damit auseinandersetzen will. „Die sind gewohnt, nach Gutsherrenart zu entscheiden. Aber das funktioniert hier nicht“, sieht Seuthe eine mögliche Ursache des Problems. Dass sie nicht an Kommunikation mit Belegschaft und Betriebsrat interessiert sind, belege auch die Tatsache, dass die Dolmetscherin entlassen, befristete Arbeitsverträge nicht verlängert und der Personalreferent mit sofortiger Wirkung beurlaubt wurde. In der Belegschaft habe sich deshalb in den Jahren seit der Übernahme durch den indischen Konzern (2010) das Gefühl eingeschlichen, Gumasol solle ausgeblutet werden. „Es sieht so aus, als gehe es auf das Ende zu und das macht die Leute wütend“, sagt Betriebsratsmitglied Klaus Koch. Wütend auch deshalb, weil für die meisten der 104 Mitarbeiter der Job bei Gumasol überlebenswichtig ist. Viele sind über 50 Jahre alt und nicht zuletzt wegen der alten Maschinen zu wenig qualifiziert, um bei anderen Unternehmen der Branche unterzukommen. „Wer weg könnte, wäre schon weg“, beschreibt Gewerkschafter Seuthe die Stimmung. Man müsste sich wohl mit der Lage abfinden, wenn die Insolvenzverwalter nicht gezeigt hätten, dass es die Marktnischen für Gumasol-Produkte gibt und die Firma trotz alter Technik mit hoher Qualität überzeugen kann, so Koch: „Ruia könnte hier sogar mit den alten Maschinen Geld verdienen, wenn sie es richtig anstellen würden“. Investitionen seien von der Ruia-Group allerdings noch nie getätigt worden, was auch der Grund für Kundenrückgänge sei. Für IG BCE-Sekretär Seuthe zeichnen sich zwei Szenarien ab. Entweder geht die Rubber-Tec GmbH demnächst in eine geordnete Insolvenz oder das Ausbluten geht weiter bis nur noch das Firmengrundstück zu vermarkten ist. „In einem Insolvenzverfahren gäbe es die Chance auf einen Investor aus der Branche, der das vorhandene Know-how nutzen will“, drückt Seuthe eine Hoffnung aus. Und erwähnt, dass von den drei anderen deutschen Unternehmen, die Ruia damals kaufte, zwei im Insolvenzverfahren sind und eines bereits wieder weiterverkauft worden ist. „Die großen Pläne als Autozulieferer sind wohl geplatzt“, schätzt Seuthe. An eine geistige Kehrtwende der Konzernchefs und an Investitionen aus Kalkutta mag er nicht glauben. Aber zum Aufgeben ist es zu früh. „So lange die Belegschaft ihr Geld bekommt, bleiben wir kommunikativ.“ Aber auch Protestveranstaltungen werden von Betriebsrat und Gewerkschaft nicht ausgeschlossen. Sang- und klanglos untergehen kommt nicht infrage. (tom)

x